Apollo.bei seiner Heerde. Wie freundlich lächelt mir die stille Gegend, Die gern und liebevoll den Gott empfängt. Hier hör ich früh der Lerche muntres Lied, Die sich mit hellen Tönen aufwärts schwingt, Die Nachtigall aus dichtbelaubten Büschen, Den stillen Gang der Wasser, die melodisch Durch Felsen unter Epheuranken irren; Wie spielende Weste durch meine Locken flattern, Und mich der holde Geist der Einsamkeit Mit seinen süßen Flügeln lieblich fächelt; Das Rohr des Flusses girrt in leisen Tönen, Die Eiche braust und spricht mit ernster Stimme, Aufmerksam horcht der junge kleine Wald Und hält die zarten Blätter unbewegt. Ob mir ein ländlich Lied gelingen mag Will ich nach Hirtenweise jetzt versuchen.
Wohl dem Mann, der in der Stille Seine kleine Heerde führt, Weit von Menschen, in der Hülle Dunkler Bäume sie regiert.
Die verkehrte Welt.
Zweiter Akt.
Erſte Scene.
(Freies Feld.)
Apollo.bei ſeiner Heerde. Wie freundlich laͤchelt mir die ſtille Gegend, Die gern und liebevoll den Gott empfaͤngt. Hier hoͤr ich fruͤh der Lerche muntres Lied, Die ſich mit hellen Toͤnen aufwaͤrts ſchwingt, Die Nachtigall aus dichtbelaubten Buͤſchen, Den ſtillen Gang der Waſſer, die melodiſch Durch Felſen unter Epheuranken irren; Wie ſpielende Weſte durch meine Locken flattern, Und mich der holde Geiſt der Einſamkeit Mit ſeinen ſuͤßen Fluͤgeln lieblich faͤchelt; Das Rohr des Fluſſes girrt in leiſen Toͤnen, Die Eiche brauſt und ſpricht mit ernſter Stimme, Aufmerkſam horcht der junge kleine Wald Und haͤlt die zarten Blaͤtter unbewegt. Ob mir ein laͤndlich Lied gelingen mag Will ich nach Hirtenweiſe jetzt verſuchen.
Wohl dem Mann, der in der Stille Seine kleine Heerde fuͤhrt, Weit von Menſchen, in der Huͤlle Dunkler Baͤume ſie regiert.
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Die verkehrte Welt.
Zweiter Akt.
Erſte Scene.
(Freies Feld.)
Apollo. bei ſeiner Heerde.
Wie freundlich laͤchelt mir die ſtille Gegend,
Die gern und liebevoll den Gott empfaͤngt.
Hier hoͤr ich fruͤh der Lerche muntres Lied,
Die ſich mit hellen Toͤnen aufwaͤrts ſchwingt,
Die Nachtigall aus dichtbelaubten Buͤſchen,
Den ſtillen Gang der Waſſer, die melodiſch
Durch Felſen unter Epheuranken irren;
Wie ſpielende Weſte durch meine Locken flattern,
Und mich der holde Geiſt der Einſamkeit
Mit ſeinen ſuͤßen Fluͤgeln lieblich faͤchelt;
Das Rohr des Fluſſes girrt in leiſen Toͤnen,
Die Eiche brauſt und ſpricht mit ernſter Stimme,
Aufmerkſam horcht der junge kleine Wald
Und haͤlt die zarten Blaͤtter unbewegt.
Ob mir ein laͤndlich Lied gelingen mag
Will ich nach Hirtenweiſe jetzt verſuchen.
Wohl dem Mann, der in der Stille
Seine kleine Heerde fuͤhrt,
Weit von Menſchen, in der Huͤlle
Dunkler Baͤume ſie regiert.
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/284>, abgerufen am 23.02.2025.
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