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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Die verkehrte Welt.
übt, und habt im Urtheilen etwas gethan, daß
Ihr also unsre Comödie gar nicht zu sehen braucht,
um zu wissen, was an ihr ist. Der Name des
Verfassers, wenn er berühmt ist, das Urtheil eines
guten Freundes, dem Ihr Verstand zutraut, sind
ja gewöhnlich die Wegweiser, die Euch leiten. Oder
Ihr sagt mit jener hübschen Kaltblütigkeit, die
einen gebildeten, überfüllten, von gelehrten Zei-
tungen aufgepäppelten Menschen charakterisirt: ei!
es ist so übel nicht; gut genug für jene Zeit, --
leidlich für die bornirte Absicht, -- nur, freilich,
fehlt es am Besten. Wie denn? Wo denn? fragt
ein Wißbegieriger. O Freund, ist die Antwort,
das wäre gar zu weitläufig, Sie sind zurück, wie
viele Zeit wäre nöthig, Ihnen die Sache klar zu
machen, ich will Ihnen die vorigen Jahrgänge
schicken, wenn Sie nachgekommen sind, sprechen
wir uns wieder.

Es wird aber Zeit seyn, daß ich abtrete. Hin-
ter den Coulissen herrscht große Verwirrung, und
es ist am besten, ich gehe, damit ich nicht von
dem Strome fortgerissen werde.



II. [ 17 ]
Die verkehrte Welt.
uͤbt, und habt im Urtheilen etwas gethan, daß
Ihr alſo unſre Comoͤdie gar nicht zu ſehen braucht,
um zu wiſſen, was an ihr iſt. Der Name des
Verfaſſers, wenn er beruͤhmt iſt, das Urtheil eines
guten Freundes, dem Ihr Verſtand zutraut, ſind
ja gewoͤhnlich die Wegweiſer, die Euch leiten. Oder
Ihr ſagt mit jener huͤbſchen Kaltbluͤtigkeit, die
einen gebildeten, uͤberfuͤllten, von gelehrten Zei-
tungen aufgepaͤppelten Menſchen charakteriſirt: ei!
es iſt ſo uͤbel nicht; gut genug fuͤr jene Zeit, —
leidlich fuͤr die bornirte Abſicht, — nur, freilich,
fehlt es am Beſten. Wie denn? Wo denn? fragt
ein Wißbegieriger. O Freund, iſt die Antwort,
das waͤre gar zu weitlaͤufig, Sie ſind zuruͤck, wie
viele Zeit waͤre noͤthig, Ihnen die Sache klar zu
machen, ich will Ihnen die vorigen Jahrgaͤnge
ſchicken, wenn Sie nachgekommen ſind, ſprechen
wir uns wieder.

Es wird aber Zeit ſeyn, daß ich abtrete. Hin-
ter den Couliſſen herrſcht große Verwirrung, und
es iſt am beſten, ich gehe, damit ich nicht von
dem Strome fortgeriſſen werde.



II. [ 17 ]
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[257/0266] Die verkehrte Welt. uͤbt, und habt im Urtheilen etwas gethan, daß Ihr alſo unſre Comoͤdie gar nicht zu ſehen braucht, um zu wiſſen, was an ihr iſt. Der Name des Verfaſſers, wenn er beruͤhmt iſt, das Urtheil eines guten Freundes, dem Ihr Verſtand zutraut, ſind ja gewoͤhnlich die Wegweiſer, die Euch leiten. Oder Ihr ſagt mit jener huͤbſchen Kaltbluͤtigkeit, die einen gebildeten, uͤberfuͤllten, von gelehrten Zei- tungen aufgepaͤppelten Menſchen charakteriſirt: ei! es iſt ſo uͤbel nicht; gut genug fuͤr jene Zeit, — leidlich fuͤr die bornirte Abſicht, — nur, freilich, fehlt es am Beſten. Wie denn? Wo denn? fragt ein Wißbegieriger. O Freund, iſt die Antwort, das waͤre gar zu weitlaͤufig, Sie ſind zuruͤck, wie viele Zeit waͤre noͤthig, Ihnen die Sache klar zu machen, ich will Ihnen die vorigen Jahrgaͤnge ſchicken, wenn Sie nachgekommen ſind, ſprechen wir uns wieder. Es wird aber Zeit ſeyn, daß ich abtrete. Hin- ter den Couliſſen herrſcht große Verwirrung, und es iſt am beſten, ich gehe, damit ich nicht von dem Strome fortgeriſſen werde. II. [ 17 ]

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/266>, abgerufen am 24.11.2024.