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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
sre Illusion aussehn? Wir hätten vielleicht darüber
vergessen, daß er doch im Grunde ein Kater ist,
und wie unbequem müßte dem Schauspieler eine
neue Kleidung über dem schon vorhandenen Pelze
seyn? Durch die Stiefeln aber deutet er sehr ge-
schickt die Jägeruniform nur an, und daß solche
Andeutungen vollkommen kunstgemäß sind, bewei-
sen uns ganz vorzüglich die Alten, die oft --
Fischer. Schon wieder die Alten!
Bötticher. Verzeihen Sie, es ist eine an-
genehme, sonst löbliche Gewohnheit, die ich mir
zugelegt habe, verträgt sich auch mit aller mögli-
chen modernen Eleganz. Ich bin übrigens geson-
nen, meine Herren, ein eignes Buch über die dar-
gestellte Rolle des Katers herauszugeben (wozu
ich mir auch nachher von Ihnen allerseits einige
scharfsinnige Bemerkungen ausbitten werde), und
darum wünschte ich wohl, daß das Stück nicht so
oft unterbrochen würde. Die Scene, in welcher
er dem Könige das Kaninchen mit so großer Kunst
überliefert, schien mir fast sein Triumph, wenn
ich die letzte ausnehme, in welcher sich sein Genie
noch glänzender zeigte; denn jene spielte er ganz
und gar mit dem linken Zeigefinger und einer ge-
ringen Bewegung des rechten Fußes. Was würde
da mancher Schauspieler sich heftig bewegt und
laut geschrieen haben? Aber Er, er steht ruhig
auf sich selber da, sich kennend, seiner Größe ver-
trauend, wohl wissend, daß das Kaninchen im
Tornister steckt, den er nur aufknöpfen darf, um
sein Glück zu machen.


Schlos-
Zweite Abtheilung.
ſre Illuſion ausſehn? Wir haͤtten vielleicht daruͤber
vergeſſen, daß er doch im Grunde ein Kater iſt,
und wie unbequem muͤßte dem Schauſpieler eine
neue Kleidung uͤber dem ſchon vorhandenen Pelze
ſeyn? Durch die Stiefeln aber deutet er ſehr ge-
ſchickt die Jaͤgeruniform nur an, und daß ſolche
Andeutungen vollkommen kunſtgemaͤß ſind, bewei-
ſen uns ganz vorzuͤglich die Alten, die oft —
Fiſcher. Schon wieder die Alten!
Boͤtticher. Verzeihen Sie, es iſt eine an-
genehme, ſonſt loͤbliche Gewohnheit, die ich mir
zugelegt habe, vertraͤgt ſich auch mit aller moͤgli-
chen modernen Eleganz. Ich bin uͤbrigens geſon-
nen, meine Herren, ein eignes Buch uͤber die dar-
geſtellte Rolle des Katers herauszugeben (wozu
ich mir auch nachher von Ihnen allerſeits einige
ſcharfſinnige Bemerkungen ausbitten werde), und
darum wuͤnſchte ich wohl, daß das Stuͤck nicht ſo
oft unterbrochen wuͤrde. Die Scene, in welcher
er dem Koͤnige das Kaninchen mit ſo großer Kunſt
uͤberliefert, ſchien mir faſt ſein Triumph, wenn
ich die letzte ausnehme, in welcher ſich ſein Genie
noch glaͤnzender zeigte; denn jene ſpielte er ganz
und gar mit dem linken Zeigefinger und einer ge-
ringen Bewegung des rechten Fußes. Was wuͤrde
da mancher Schauſpieler ſich heftig bewegt und
laut geſchrieen haben? Aber Er, er ſteht ruhig
auf ſich ſelber da, ſich kennend, ſeiner Groͤße ver-
trauend, wohl wiſſend, daß das Kaninchen im
Torniſter ſteckt, den er nur aufknoͤpfen darf, um
ſein Gluͤck zu machen.


Schloſ-
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[208/0217] Zweite Abtheilung. ſre Illuſion ausſehn? Wir haͤtten vielleicht daruͤber vergeſſen, daß er doch im Grunde ein Kater iſt, und wie unbequem muͤßte dem Schauſpieler eine neue Kleidung uͤber dem ſchon vorhandenen Pelze ſeyn? Durch die Stiefeln aber deutet er ſehr ge- ſchickt die Jaͤgeruniform nur an, und daß ſolche Andeutungen vollkommen kunſtgemaͤß ſind, bewei- ſen uns ganz vorzuͤglich die Alten, die oft — Fiſcher. Schon wieder die Alten! Boͤtticher. Verzeihen Sie, es iſt eine an- genehme, ſonſt loͤbliche Gewohnheit, die ich mir zugelegt habe, vertraͤgt ſich auch mit aller moͤgli- chen modernen Eleganz. Ich bin uͤbrigens geſon- nen, meine Herren, ein eignes Buch uͤber die dar- geſtellte Rolle des Katers herauszugeben (wozu ich mir auch nachher von Ihnen allerſeits einige ſcharfſinnige Bemerkungen ausbitten werde), und darum wuͤnſchte ich wohl, daß das Stuͤck nicht ſo oft unterbrochen wuͤrde. Die Scene, in welcher er dem Koͤnige das Kaninchen mit ſo großer Kunſt uͤberliefert, ſchien mir faſt ſein Triumph, wenn ich die letzte ausnehme, in welcher ſich ſein Genie noch glaͤnzender zeigte; denn jene ſpielte er ganz und gar mit dem linken Zeigefinger und einer ge- ringen Bewegung des rechten Fußes. Was wuͤrde da mancher Schauſpieler ſich heftig bewegt und laut geſchrieen haben? Aber Er, er ſteht ruhig auf ſich ſelber da, ſich kennend, ſeiner Groͤße ver- trauend, wohl wiſſend, daß das Kaninchen im Torniſter ſteckt, den er nur aufknoͤpfen darf, um ſein Gluͤck zu machen. Schloſ-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/217>, abgerufen am 22.11.2024.