Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Der gestiefelte Kater. süßen Träume. -- Es fängt sich wahrhaftig nichts.-- Wer kömmt denn da? Zwei Liebende treten auf. Er. Hörst du wohl die Nachtigall, mein sü- ßes Leben? Sie. Ich bin nicht taub, mein Guter. Er. Wie wallt mein Herz vor Entzücken über, wenn ich die ganze harmonische Natur so um mich her versammelt sehe, wenn jeder Ton nur das Geständniß meiner Liebe wiederholt, wenn sich der ganze Himmel nieder beugt, um Aether auf mich auszuschütten. Sie. Du schwärmst, mein Lieber. Er. Nenne die natürlichsten Gefühle meines Herzens nicht Schwärmerei. (kniet nieder.) Sieh, ich schwöre Dir hier vor dem Angesicht des heitern Himmels -- Hinze (höflich hinzu tretend). Verzeihen Sie gü- tigst, -- wollen Sie sich nicht gefälligst anders wohin bemühn? Sie stören hier mit Ihrer hold- seligen Eintracht eine Jagd. Er. Die Sonne sei mein Zeuge, die Erde, -- und was sonst noch: Du selbst, mir theurer als Erde, Sonne und alle Planeten. -- Was will Er, guter Freund? Hinze. Die Jagd, -- ich bitte demüthigst. Sie. Barbar, wer bist Du, daß Du es wagst, die Schwüre der Liebe zu unterbrechen? Dich hat kein Weib geboren, Du gehörst jenseits der Menschheit zu Hause. Der geſtiefelte Kater. ſuͤßen Traͤume. — Es faͤngt ſich wahrhaftig nichts.— Wer koͤmmt denn da? Zwei Liebende treten auf. Er. Hoͤrſt du wohl die Nachtigall, mein ſuͤ- ßes Leben? Sie. Ich bin nicht taub, mein Guter. Er. Wie wallt mein Herz vor Entzuͤcken uͤber, wenn ich die ganze harmoniſche Natur ſo um mich her verſammelt ſehe, wenn jeder Ton nur das Geſtaͤndniß meiner Liebe wiederholt, wenn ſich der ganze Himmel nieder beugt, um Aether auf mich auszuſchuͤtten. Sie. Du ſchwaͤrmſt, mein Lieber. Er. Nenne die natuͤrlichſten Gefuͤhle meines Herzens nicht Schwaͤrmerei. (kniet nieder.) Sieh, ich ſchwoͤre Dir hier vor dem Angeſicht des heitern Himmels — Hinze (hoͤflich hinzu tretend). Verzeihen Sie guͤ- tigſt, — wollen Sie ſich nicht gefaͤlligſt anders wohin bemuͤhn? Sie ſtoͤren hier mit Ihrer hold- ſeligen Eintracht eine Jagd. Er. Die Sonne ſei mein Zeuge, die Erde, — und was ſonſt noch: Du ſelbſt, mir theurer als Erde, Sonne und alle Planeten. — Was will Er, guter Freund? Hinze. Die Jagd, — ich bitte demuͤthigſt. Sie. Barbar, wer biſt Du, daß Du es wagſt, die Schwuͤre der Liebe zu unterbrechen? Dich hat kein Weib geboren, Du gehoͤrſt jenſeits der Menſchheit zu Hauſe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#HINZE"> <p><pb facs="#f0192" n="183"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der geſtiefelte Kater</hi>.</fw><lb/> ſuͤßen Traͤume. — Es faͤngt ſich wahrhaftig nichts.<lb/> — Wer koͤmmt denn da?</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Zwei Liebende</hi> treten auf.</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#ER"> <speaker><hi rendition="#g">Er</hi>.</speaker> <p>Hoͤrſt du wohl die Nachtigall, mein ſuͤ-<lb/> ßes Leben?</p> </sp><lb/> <sp who="#SIE"> <speaker><hi rendition="#g">Sie</hi>.</speaker> <p>Ich bin nicht taub, mein Guter.</p> </sp><lb/> <sp who="#ER"> <speaker><hi rendition="#g">Er</hi>.</speaker> <p>Wie wallt mein Herz vor Entzuͤcken<lb/> uͤber, wenn ich die ganze harmoniſche Natur ſo<lb/> um mich her verſammelt ſehe, wenn jeder Ton<lb/> nur das Geſtaͤndniß meiner Liebe wiederholt, wenn<lb/> ſich der ganze Himmel nieder beugt, um Aether<lb/> auf mich auszuſchuͤtten.</p> </sp><lb/> <sp who="#SIE"> <speaker><hi rendition="#g">Sie</hi>.</speaker> <p>Du ſchwaͤrmſt, mein Lieber.</p> </sp><lb/> <sp who="#ER"> <speaker><hi rendition="#g">Er</hi>.</speaker> <p>Nenne die natuͤrlichſten Gefuͤhle meines<lb/> Herzens nicht Schwaͤrmerei. <stage>(kniet nieder.)</stage> Sieh, ich<lb/> ſchwoͤre Dir hier vor dem Angeſicht des heitern<lb/> Himmels —</p> </sp><lb/> <sp who="#HINZE"> <speaker> <hi rendition="#g">Hinze</hi> </speaker> <stage>(hoͤflich hinzu tretend).</stage> <p>Verzeihen Sie guͤ-<lb/> tigſt, — wollen Sie ſich nicht gefaͤlligſt anders<lb/> wohin bemuͤhn? Sie ſtoͤren hier mit Ihrer hold-<lb/> ſeligen Eintracht eine Jagd.</p> </sp><lb/> <sp who="#ER"> <speaker><hi rendition="#g">Er</hi>.</speaker> <p>Die Sonne ſei mein Zeuge, die Erde,<lb/> — und was ſonſt noch: Du ſelbſt, mir theurer<lb/> als Erde, Sonne und alle Planeten. — Was will<lb/> Er, guter Freund?</p> </sp><lb/> <sp who="#HINZE"> <speaker><hi rendition="#g">Hinze</hi>.</speaker> <p>Die Jagd, — ich bitte demuͤthigſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#SIE"> <speaker><hi rendition="#g">Sie</hi>.</speaker> <p>Barbar, wer biſt Du, daß Du es<lb/> wagſt, die Schwuͤre der Liebe zu unterbrechen?<lb/> Dich hat kein Weib geboren, Du gehoͤrſt jenſeits<lb/> der Menſchheit zu Hauſe.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [183/0192]
Der geſtiefelte Kater.
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Zwei Liebende treten auf.
Er. Hoͤrſt du wohl die Nachtigall, mein ſuͤ-
ßes Leben?
Sie. Ich bin nicht taub, mein Guter.
Er. Wie wallt mein Herz vor Entzuͤcken
uͤber, wenn ich die ganze harmoniſche Natur ſo
um mich her verſammelt ſehe, wenn jeder Ton
nur das Geſtaͤndniß meiner Liebe wiederholt, wenn
ſich der ganze Himmel nieder beugt, um Aether
auf mich auszuſchuͤtten.
Sie. Du ſchwaͤrmſt, mein Lieber.
Er. Nenne die natuͤrlichſten Gefuͤhle meines
Herzens nicht Schwaͤrmerei. (kniet nieder.) Sieh, ich
ſchwoͤre Dir hier vor dem Angeſicht des heitern
Himmels —
Hinze (hoͤflich hinzu tretend). Verzeihen Sie guͤ-
tigſt, — wollen Sie ſich nicht gefaͤlligſt anders
wohin bemuͤhn? Sie ſtoͤren hier mit Ihrer hold-
ſeligen Eintracht eine Jagd.
Er. Die Sonne ſei mein Zeuge, die Erde,
— und was ſonſt noch: Du ſelbſt, mir theurer
als Erde, Sonne und alle Planeten. — Was will
Er, guter Freund?
Hinze. Die Jagd, — ich bitte demuͤthigſt.
Sie. Barbar, wer biſt Du, daß Du es
wagſt, die Schwuͤre der Liebe zu unterbrechen?
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