Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Zweite Abtheilung. habe vor einem Löwen eine gar erbärmliche Furcht;auch sagt man im Sprichwort: falsch wie eine Katze; wenn also nun der Kater kein Gewissen hätte, so könnte er mir mit den Stiefeln nachher davon laufen, für die ich mein letztes Geld hin- geben muß, und sie irgendwo vertrödeln, oder er könnte sich beim Schuhmacher dadurch beliebt ma- chen wollen, und nachher bei ihm in Dienste tre- ten. -- Aber der hat ja schon einen Kater. -- Nein, Hinz, meine Brüder haben mich betrogen, und deswegen will ich es mit deinem Herzen ver- suchen. -- Er sprach so edel, er war so gerührt, -- da sitzt er drüben auf dem Dache und putzt sich den Bart, -- vergieb mir, erhabener Freund, daß ich an deinem Großsinn nur einen Augenblick zweifeln konnte. (er geht ab.) Fischer. Welcher Unsinn! Müller. Warum der Kater nur die Stie- feln braucht, um besser gehn zu können! -- dum- mes Zeug! Schlosser. Es ist aber, als wenn ich einen Kater vor mir sähe! Leutner. Stille! Es wird verwandelt! Zweite Abtheilung. habe vor einem Loͤwen eine gar erbaͤrmliche Furcht;auch ſagt man im Sprichwort: falſch wie eine Katze; wenn alſo nun der Kater kein Gewiſſen haͤtte, ſo koͤnnte er mir mit den Stiefeln nachher davon laufen, fuͤr die ich mein letztes Geld hin- geben muß, und ſie irgendwo vertroͤdeln, oder er koͤnnte ſich beim Schuhmacher dadurch beliebt ma- chen wollen, und nachher bei ihm in Dienſte tre- ten. — Aber der hat ja ſchon einen Kater. — Nein, Hinz, meine Bruͤder haben mich betrogen, und deswegen will ich es mit deinem Herzen ver- ſuchen. — Er ſprach ſo edel, er war ſo geruͤhrt, — da ſitzt er druͤben auf dem Dache und putzt ſich den Bart, — vergieb mir, erhabener Freund, daß ich an deinem Großſinn nur einen Augenblick zweifeln konnte. (er geht ab.) Fiſcher. Welcher Unſinn! Muͤller. Warum der Kater nur die Stie- feln braucht, um beſſer gehn zu koͤnnen! — dum- mes Zeug! Schloſſer. Es iſt aber, als wenn ich einen Kater vor mir ſaͤhe! Leutner. Stille! Es wird verwandelt! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <sp who="#GOT"> <p><pb facs="#f0173" n="164"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> habe vor einem Loͤwen eine gar erbaͤrmliche Furcht;<lb/> auch ſagt man im Sprichwort: falſch wie eine<lb/> Katze; wenn alſo nun der Kater kein Gewiſſen<lb/> haͤtte, ſo koͤnnte er mir mit den Stiefeln nachher<lb/> davon laufen, fuͤr die ich mein letztes Geld hin-<lb/> geben muß, und ſie irgendwo vertroͤdeln, oder er<lb/> koͤnnte ſich beim Schuhmacher dadurch beliebt ma-<lb/> chen wollen, und nachher bei ihm in Dienſte tre-<lb/> ten. — Aber der hat ja ſchon einen Kater. —<lb/> Nein, Hinz, meine Bruͤder haben mich betrogen,<lb/> und deswegen will ich es mit deinem Herzen ver-<lb/> ſuchen. — Er ſprach ſo edel, er war ſo geruͤhrt,<lb/> — da ſitzt er druͤben auf dem Dache und putzt<lb/> ſich den Bart, — vergieb mir, erhabener Freund,<lb/> daß ich an deinem Großſinn nur einen Augenblick<lb/> zweifeln konnte.</p> <stage>(er geht ab.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#FISCHER"> <speaker><hi rendition="#g">Fiſcher</hi>.</speaker> <p>Welcher Unſinn!</p> </sp><lb/> <sp who="#MUELLER"> <speaker><hi rendition="#g">Muͤller</hi>.</speaker> <p>Warum der Kater nur die Stie-<lb/> feln braucht, um beſſer gehn zu koͤnnen! — dum-<lb/> mes Zeug!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCHLOSS"> <speaker><hi rendition="#g">Schloſſer</hi>.</speaker> <p>Es iſt aber, als wenn ich einen<lb/> Kater vor mir ſaͤhe!</p> </sp><lb/> <sp who="#LEU"> <speaker><hi rendition="#g">Leutner</hi>.</speaker> <p>Stille! Es wird verwandelt!</p> </sp> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [164/0173]
Zweite Abtheilung.
habe vor einem Loͤwen eine gar erbaͤrmliche Furcht;
auch ſagt man im Sprichwort: falſch wie eine
Katze; wenn alſo nun der Kater kein Gewiſſen
haͤtte, ſo koͤnnte er mir mit den Stiefeln nachher
davon laufen, fuͤr die ich mein letztes Geld hin-
geben muß, und ſie irgendwo vertroͤdeln, oder er
koͤnnte ſich beim Schuhmacher dadurch beliebt ma-
chen wollen, und nachher bei ihm in Dienſte tre-
ten. — Aber der hat ja ſchon einen Kater. —
Nein, Hinz, meine Bruͤder haben mich betrogen,
und deswegen will ich es mit deinem Herzen ver-
ſuchen. — Er ſprach ſo edel, er war ſo geruͤhrt,
— da ſitzt er druͤben auf dem Dache und putzt
ſich den Bart, — vergieb mir, erhabener Freund,
daß ich an deinem Großſinn nur einen Augenblick
zweifeln konnte. (er geht ab.)
Fiſcher. Welcher Unſinn!
Muͤller. Warum der Kater nur die Stie-
feln braucht, um beſſer gehn zu koͤnnen! — dum-
mes Zeug!
Schloſſer. Es iſt aber, als wenn ich einen
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