Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Der gestiefelte Kater. die neuen Besen kehren scharf, -- aber das Dingist überhaupt zu umständlich. Gottlieb. Ja wohl. Hinze. Nun, ich will schon noch besser für Euch sorgen; verlaßt Euch drauf, daß Ihr durch mich noch ganz glücklich werden sollt. Gottlieb. O bester, edelmüthigster Mann! (er umarmt ihn zärtlich.) Hinze. Aber Ihr müßt mir auch trauen. Gottlieb. Vollkommen, ich kenne ja jetzt Dein redliches Gemüth. Hinze. Nun so thut mir den Gefallen und holt mir sogleich den Schuhmacher, daß er mir ein Paar Stiefeln anmesse. Gottlieb. Den Schuhmacher? -- Stiefeln? Hinze. Ihr wundert Euch, aber bei dem, was ich für Euch zu thun gesonnen bin, habe ich so viel zu gehn und zu laufen, daß ich nothwendig Stiefeln tragen muß. Gottlieb. Aber warum nicht Schuh? Hinze. Gottlieb, Ihr versteht das Ding nicht, ich muß dadurch ein Ansehn bekommen, ein imponirendes Wesen, kurz, eine gewisse Männ- lichkeit, die man in Schuhen zeitlebens nicht hat. Gottlieb. Nun, wie Du meinst, -- aber der Schuster wird sich wundern. Hinze. Gar nicht, man muß nur nicht thun, als wenn es etwas Besondres wäre, daß ich Stie- feln tragen will; man gewöhnt sich an alles. Gottlieb. Ja wohl, ist mir doch der Dis- kurs mit Dir ordentlich ganz geläufig geworden. II. [ 11 ]
Der geſtiefelte Kater. die neuen Beſen kehren ſcharf, — aber das Dingiſt uͤberhaupt zu umſtaͤndlich. Gottlieb. Ja wohl. Hinze. Nun, ich will ſchon noch beſſer fuͤr Euch ſorgen; verlaßt Euch drauf, daß Ihr durch mich noch ganz gluͤcklich werden ſollt. Gottlieb. O beſter, edelmuͤthigſter Mann! (er umarmt ihn zaͤrtlich.) Hinze. Aber Ihr muͤßt mir auch trauen. Gottlieb. Vollkommen, ich kenne ja jetzt Dein redliches Gemuͤth. Hinze. Nun ſo thut mir den Gefallen und holt mir ſogleich den Schuhmacher, daß er mir ein Paar Stiefeln anmeſſe. Gottlieb. Den Schuhmacher? — Stiefeln? Hinze. Ihr wundert Euch, aber bei dem, was ich fuͤr Euch zu thun geſonnen bin, habe ich ſo viel zu gehn und zu laufen, daß ich nothwendig Stiefeln tragen muß. Gottlieb. Aber warum nicht Schuh? Hinze. Gottlieb, Ihr verſteht das Ding nicht, ich muß dadurch ein Anſehn bekommen, ein imponirendes Weſen, kurz, eine gewiſſe Maͤnn- lichkeit, die man in Schuhen zeitlebens nicht hat. Gottlieb. Nun, wie Du meinſt, — aber der Schuſter wird ſich wundern. Hinze. Gar nicht, man muß nur nicht thun, als wenn es etwas Beſondres waͤre, daß ich Stie- feln tragen will; man gewoͤhnt ſich an alles. Gottlieb. Ja wohl, iſt mir doch der Dis- kurs mit Dir ordentlich ganz gelaͤufig geworden. II. [ 11 ]
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Gottlieb. Ja wohl.
Hinze. Nun, ich will ſchon noch beſſer fuͤr
Euch ſorgen; verlaßt Euch drauf, daß Ihr durch
mich noch ganz gluͤcklich werden ſollt.
Gottlieb. O beſter, edelmuͤthigſter Mann!
(er umarmt ihn zaͤrtlich.)
Hinze. Aber Ihr muͤßt mir auch trauen.
Gottlieb. Vollkommen, ich kenne ja jetzt
Dein redliches Gemuͤth.
Hinze. Nun ſo thut mir den Gefallen und
holt mir ſogleich den Schuhmacher, daß er mir
ein Paar Stiefeln anmeſſe.
Gottlieb. Den Schuhmacher? — Stiefeln?
Hinze. Ihr wundert Euch, aber bei dem,
was ich fuͤr Euch zu thun geſonnen bin, habe ich
ſo viel zu gehn und zu laufen, daß ich nothwendig
Stiefeln tragen muß.
Gottlieb. Aber warum nicht Schuh?
Hinze. Gottlieb, Ihr verſteht das Ding
nicht, ich muß dadurch ein Anſehn bekommen, ein
imponirendes Weſen, kurz, eine gewiſſe Maͤnn-
lichkeit, die man in Schuhen zeitlebens nicht hat.
Gottlieb. Nun, wie Du meinſt, — aber
der Schuſter wird ſich wundern.
Hinze. Gar nicht, man muß nur nicht thun,
als wenn es etwas Beſondres waͤre, daß ich Stie-
feln tragen will; man gewoͤhnt ſich an alles.
Gottlieb. Ja wohl, iſt mir doch der Dis-
kurs mit Dir ordentlich ganz gelaͤufig geworden.
II. [ 11 ]
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