Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Der gestiefelte Kater. Da liegt er und schläft ganz ruhig. -- ArmerHinze! Wir werden uns bald trennen müssen. Es thut mir leid, ich habe ihn auferzogen, ich kenne ihn, wie mich selber, -- aber er wird daran glau- ben müssen, ich kann mir nicht helfen, ich muß ihn wahrhaftig verkaufen. -- Er sieht mich an, als wenn er mich verstände, es fehlt wenig, so fang ich an zu weinen. (er geht in Gedanken auf und ab.) Müller. Nun, seht Ihr wohl, daß es ein rührendes Familiengemählde wird? Der Bauer ist arm und ohne Geld, er wird nun in der äußer- sten Noth sein treues Hausthier verkaufen, an irgend ein empfindsames Fräulein, und dadurch wird am Ende sein Glück gegründet werden. Sie verliebt sich in ihn und heirathet ihn. Es ist eine Nachahmung vom Papagey von Kotzebue, aus dem Vogel ist hier eine Katze gemacht, und das Stück findet sich von selbst. Fischer. Nun es so kömmt, bin ich auch zufrieden. Hinze der Kater richtet sich auf, dehnt sich, macht einen hohen Buckel, gähnt und spricht dann: Mein lieber Gottlieb, -- ich habe ein ordent- liches Mitleiden mit Euch. Gottlieb. (erstaunt.) Wie, Kater, du sprichst? Die Kunstrichter. (im Parterr.) Der Kater spricht? -- Was ist denn das? Fischer. Unmöglich kann ich da in eine ver- nünftige Illusion hinein kommen. Der geſtiefelte Kater. Da liegt er und ſchlaͤft ganz ruhig. — ArmerHinze! Wir werden uns bald trennen muͤſſen. Es thut mir leid, ich habe ihn auferzogen, ich kenne ihn, wie mich ſelber, — aber er wird daran glau- ben muͤſſen, ich kann mir nicht helfen, ich muß ihn wahrhaftig verkaufen. — Er ſieht mich an, als wenn er mich verſtaͤnde, es fehlt wenig, ſo fang ich an zu weinen. (er geht in Gedanken auf und ab.) Muͤller. Nun, ſeht Ihr wohl, daß es ein ruͤhrendes Familiengemaͤhlde wird? Der Bauer iſt arm und ohne Geld, er wird nun in der aͤußer- ſten Noth ſein treues Hausthier verkaufen, an irgend ein empfindſames Fraͤulein, und dadurch wird am Ende ſein Gluͤck gegruͤndet werden. Sie verliebt ſich in ihn und heirathet ihn. Es iſt eine Nachahmung vom Papagey von Kotzebue, aus dem Vogel iſt hier eine Katze gemacht, und das Stuͤck findet ſich von ſelbſt. Fiſcher. Nun es ſo koͤmmt, bin ich auch zufrieden. Hinze der Kater richtet ſich auf, dehnt ſich, macht einen hohen Buckel, gaͤhnt und ſpricht dann: Mein lieber Gottlieb, — ich habe ein ordent- liches Mitleiden mit Euch. Gottlieb. (erſtaunt.) Wie, Kater, du ſprichſt? Die Kunſtrichter. (im Parterr.) Der Kater ſpricht? — Was iſt denn das? Fiſcher. Unmoͤglich kann ich da in eine ver- nuͤnftige Illuſion hinein kommen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <sp who="#GOT"> <p><pb facs="#f0166" n="157"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der geſtiefelte Kater</hi>.</fw><lb/> Da liegt er und ſchlaͤft ganz ruhig. — Armer<lb/> Hinze! Wir werden uns bald trennen muͤſſen. Es<lb/> thut mir leid, ich habe ihn auferzogen, ich kenne<lb/> ihn, wie mich ſelber, — aber er wird daran glau-<lb/> ben muͤſſen, ich kann mir nicht helfen, ich muß<lb/> ihn wahrhaftig verkaufen. — Er ſieht mich an,<lb/> als wenn er mich verſtaͤnde, es fehlt wenig,<lb/> ſo fang ich an zu weinen.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(er geht in Gedanken auf und ab.)</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#MUELLER"> <speaker><hi rendition="#g">Muͤller</hi>.</speaker> <p>Nun, ſeht Ihr wohl, daß es ein<lb/> ruͤhrendes Familiengemaͤhlde wird? Der Bauer iſt<lb/> arm und ohne Geld, er wird nun in der aͤußer-<lb/> ſten Noth ſein treues Hausthier verkaufen, an<lb/> irgend ein empfindſames Fraͤulein, und dadurch<lb/> wird am Ende ſein Gluͤck gegruͤndet werden. Sie<lb/> verliebt ſich in ihn und heirathet ihn. Es iſt eine<lb/> Nachahmung vom <hi rendition="#g">Papagey</hi> von Kotzebue, aus<lb/> dem Vogel iſt hier eine Katze gemacht, und das<lb/> Stuͤck findet ſich von ſelbſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#FISCHER"> <speaker><hi rendition="#g">Fiſcher</hi>.</speaker> <p>Nun es ſo koͤmmt, bin ich auch<lb/> zufrieden.</p> </sp><lb/> <sp who="#HINZE"> <speaker><hi rendition="#g">Hinze</hi> der Kater</speaker> <stage>richtet ſich auf, dehnt ſich, macht<lb/><hi rendition="#c">einen hohen Buckel, gaͤhnt und ſpricht dann:</hi></stage><lb/> <p>Mein lieber Gottlieb, — ich habe ein ordent-<lb/> liches Mitleiden mit Euch.</p> </sp><lb/> <sp who="#GOT"> <speaker><hi rendition="#g">Gottlieb</hi>.</speaker> <stage>(erſtaunt.)</stage> <p>Wie, Kater, du ſprichſt?</p> </sp><lb/> <sp who="#KRICHT"> <speaker><hi rendition="#g">Die Kunſtrichter</hi>.</speaker> <stage>(im Parterr.)</stage> <p>Der Kater<lb/> ſpricht? — Was iſt denn das?</p> </sp><lb/> <sp who="#FISCHER"> <speaker><hi rendition="#g">Fiſcher</hi>.</speaker> <p>Unmoͤglich kann ich da in eine ver-<lb/> nuͤnftige Illuſion hinein kommen.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [157/0166]
Der geſtiefelte Kater.
Da liegt er und ſchlaͤft ganz ruhig. — Armer
Hinze! Wir werden uns bald trennen muͤſſen. Es
thut mir leid, ich habe ihn auferzogen, ich kenne
ihn, wie mich ſelber, — aber er wird daran glau-
ben muͤſſen, ich kann mir nicht helfen, ich muß
ihn wahrhaftig verkaufen. — Er ſieht mich an,
als wenn er mich verſtaͤnde, es fehlt wenig,
ſo fang ich an zu weinen.
(er geht in Gedanken auf und ab.)
Muͤller. Nun, ſeht Ihr wohl, daß es ein
ruͤhrendes Familiengemaͤhlde wird? Der Bauer iſt
arm und ohne Geld, er wird nun in der aͤußer-
ſten Noth ſein treues Hausthier verkaufen, an
irgend ein empfindſames Fraͤulein, und dadurch
wird am Ende ſein Gluͤck gegruͤndet werden. Sie
verliebt ſich in ihn und heirathet ihn. Es iſt eine
Nachahmung vom Papagey von Kotzebue, aus
dem Vogel iſt hier eine Katze gemacht, und das
Stuͤck findet ſich von ſelbſt.
Fiſcher. Nun es ſo koͤmmt, bin ich auch
zufrieden.
Hinze der Kater richtet ſich auf, dehnt ſich, macht
einen hohen Buckel, gaͤhnt und ſpricht dann:
Mein lieber Gottlieb, — ich habe ein ordent-
liches Mitleiden mit Euch.
Gottlieb. (erſtaunt.) Wie, Kater, du ſprichſt?
Die Kunſtrichter. (im Parterr.) Der Kater
ſpricht? — Was iſt denn das?
Fiſcher. Unmoͤglich kann ich da in eine ver-
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