Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Der gestiefelte Kater. Pfiff, Gesinnungen, Winke unter die Leute zubringen. Ihr werdet sehen, ob ich nicht Recht habe. Ein Revolutionsstück, so viel ich begreife, mit abscheulichen Fürsten und Ministern, und dann ein höchst mystischer Mann, der sich mit einer geheimen Gesellschaft tief, tief unten in einem Keller versammelt, wo er als Präsident etwa verlarvt geht, damit ihn der gemeine Haufe für einen Kater hält. Nun da kriegen wir auf jeden Fall tiefsinnige und religiöse Philosophie und Frei- maurerei. Endlich fällt er als das Opfer der guten Sache. O du Edler! Freilich mußt du gestiefelt seyn, um allen den Schurken die vielen Tritte in dem gefühllosen Hintern geben zu können! Fischer. Sie haben gewiß die richtige Ein- sicht, denn sonst würde ja der Geschmack abscheu- lich vor den Kopf gestoßen. Ich muß wenigstens gestehn, daß ich nie an Hexen oder Gespenster habe glauben können, viel weniger an den gestie- felten Kater. Müller. Es ist das Zeitalter für diese Phantome nicht mehr. Schlosser. Doch, nach Umständen. Könnte nicht in recht bedrängter Lage ein großer Abge- schiedener unerkannt als Hauskater im Pallast wan- deln, und sich zur rechten Zeit wunderthätig zu erkennen geben? Das begreift sich ja mit der Ver- nunft, wenn es höheren und mystischen Endzwecken dient. -- Da kömmt ja Leutner, der wird uns vielleicht mehr sagen können. Der geſtiefelte Kater. Pfiff, Geſinnungen, Winke unter die Leute zubringen. Ihr werdet ſehen, ob ich nicht Recht habe. Ein Revolutionsſtuͤck, ſo viel ich begreife, mit abſcheulichen Fuͤrſten und Miniſtern, und dann ein hoͤchſt myſtiſcher Mann, der ſich mit einer geheimen Geſellſchaft tief, tief unten in einem Keller verſammelt, wo er als Praͤſident etwa verlarvt geht, damit ihn der gemeine Haufe fuͤr einen Kater haͤlt. Nun da kriegen wir auf jeden Fall tiefſinnige und religioͤſe Philoſophie und Frei- maurerei. Endlich faͤllt er als das Opfer der guten Sache. O du Edler! Freilich mußt du geſtiefelt ſeyn, um allen den Schurken die vielen Tritte in dem gefuͤhlloſen Hintern geben zu koͤnnen! Fiſcher. Sie haben gewiß die richtige Ein- ſicht, denn ſonſt wuͤrde ja der Geſchmack abſcheu- lich vor den Kopf geſtoßen. Ich muß wenigſtens geſtehn, daß ich nie an Hexen oder Geſpenſter habe glauben koͤnnen, viel weniger an den geſtie- felten Kater. Muͤller. Es iſt das Zeitalter fuͤr dieſe Phantome nicht mehr. Schloſſer. Doch, nach Umſtaͤnden. Koͤnnte nicht in recht bedraͤngter Lage ein großer Abge- ſchiedener unerkannt als Hauskater im Pallaſt wan- deln, und ſich zur rechten Zeit wunderthaͤtig zu erkennen geben? Das begreift ſich ja mit der Ver- nunft, wenn es hoͤheren und myſtiſchen Endzwecken dient. — Da koͤmmt ja Leutner, der wird uns vielleicht mehr ſagen koͤnnen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#SCHLOSS"> <p><pb facs="#f0158" n="149"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der geſtiefelte Kater</hi>.</fw><lb/> Pfiff, Geſinnungen, Winke unter die Leute zu<lb/> bringen. Ihr werdet ſehen, ob ich nicht Recht<lb/> habe. Ein Revolutionsſtuͤck, ſo viel ich begreife,<lb/> mit abſcheulichen Fuͤrſten und Miniſtern, und dann<lb/> ein hoͤchſt myſtiſcher Mann, der ſich mit einer<lb/> geheimen Geſellſchaft tief, tief unten in einem<lb/> Keller verſammelt, wo er als Praͤſident etwa<lb/> verlarvt geht, damit ihn der gemeine Haufe fuͤr<lb/> einen Kater haͤlt. Nun da kriegen wir auf jeden<lb/> Fall tiefſinnige und religioͤſe Philoſophie und Frei-<lb/> maurerei. Endlich faͤllt er als das Opfer der<lb/> guten Sache. O du Edler! Freilich mußt du<lb/> geſtiefelt ſeyn, um allen den Schurken die vielen<lb/> Tritte in dem gefuͤhlloſen Hintern geben zu koͤnnen!</p> </sp><lb/> <sp who="#FISCHER"> <speaker><hi rendition="#g">Fiſcher</hi>.</speaker> <p>Sie haben gewiß die richtige Ein-<lb/> ſicht, denn ſonſt wuͤrde ja der Geſchmack abſcheu-<lb/> lich vor den Kopf geſtoßen. Ich muß wenigſtens<lb/> geſtehn, daß ich nie an Hexen oder Geſpenſter<lb/> habe glauben koͤnnen, viel weniger an den geſtie-<lb/> felten Kater.</p> </sp><lb/> <sp who="#MUELLER"> <speaker><hi rendition="#g">Muͤller</hi>.</speaker> <p>Es iſt das Zeitalter fuͤr dieſe<lb/> Phantome nicht mehr.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCHLOSS"> <speaker><hi rendition="#g">Schloſſer</hi>.</speaker> <p>Doch, nach Umſtaͤnden. Koͤnnte<lb/> nicht in recht bedraͤngter Lage ein großer Abge-<lb/> ſchiedener unerkannt als Hauskater im Pallaſt wan-<lb/> deln, und ſich zur rechten Zeit wunderthaͤtig zu<lb/> erkennen geben? Das begreift ſich ja mit der Ver-<lb/> nunft, wenn es hoͤheren und myſtiſchen Endzwecken<lb/> dient. — Da koͤmmt ja Leutner, der wird uns<lb/> vielleicht mehr ſagen koͤnnen.</p><lb/> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0158]
Der geſtiefelte Kater.
Pfiff, Geſinnungen, Winke unter die Leute zu
bringen. Ihr werdet ſehen, ob ich nicht Recht
habe. Ein Revolutionsſtuͤck, ſo viel ich begreife,
mit abſcheulichen Fuͤrſten und Miniſtern, und dann
ein hoͤchſt myſtiſcher Mann, der ſich mit einer
geheimen Geſellſchaft tief, tief unten in einem
Keller verſammelt, wo er als Praͤſident etwa
verlarvt geht, damit ihn der gemeine Haufe fuͤr
einen Kater haͤlt. Nun da kriegen wir auf jeden
Fall tiefſinnige und religioͤſe Philoſophie und Frei-
maurerei. Endlich faͤllt er als das Opfer der
guten Sache. O du Edler! Freilich mußt du
geſtiefelt ſeyn, um allen den Schurken die vielen
Tritte in dem gefuͤhlloſen Hintern geben zu koͤnnen!
Fiſcher. Sie haben gewiß die richtige Ein-
ſicht, denn ſonſt wuͤrde ja der Geſchmack abſcheu-
lich vor den Kopf geſtoßen. Ich muß wenigſtens
geſtehn, daß ich nie an Hexen oder Geſpenſter
habe glauben koͤnnen, viel weniger an den geſtie-
felten Kater.
Muͤller. Es iſt das Zeitalter fuͤr dieſe
Phantome nicht mehr.
Schloſſer. Doch, nach Umſtaͤnden. Koͤnnte
nicht in recht bedraͤngter Lage ein großer Abge-
ſchiedener unerkannt als Hauskater im Pallaſt wan-
deln, und ſich zur rechten Zeit wunderthaͤtig zu
erkennen geben? Das begreift ſich ja mit der Ver-
nunft, wenn es hoͤheren und myſtiſchen Endzwecken
dient. — Da koͤmmt ja Leutner, der wird uns
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/158>, abgerufen am 27.07.2024. |