Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Zweite Abtheilung. sehe ihn nirgends. -- Ach Gott! wie wird mir,da nun mein Verstand wieder kommt! Ich schäme mich vor Euch und vor mir, -- ich möchte in Verzweiflung fallen, -- o daß ich an dem Unglück Schuld bin! Ja mit dem Kopf möcht ich gegen die Mauer laufen! Und meinen lieben, guten, alten Herrn! O Sapperment! Hans. Mäßige dich, Caspar, fasse deine Vernunft zusammen, bleib bei dir. Caspar. Giebt es denn keinen Trost, keine Hülfe? Hans. Ach nein! nein! O das wird mich noch wahnsinnig machen. -- Es ist zu viel, zu viel, Caspar, wenn ich von neuem daran denke. Es ist mein Tod, ich fühls. Caspar. Lieber gnädiger Herr, bedenkt Euer Alter. Hans. Ich mag nichts bedenken, du hast keine Tochter verloren, du hast gut sprechen. Und du bist Schuld daran! Einzig du! Du alter Spitz- bube! Säuft sich voll in seinen alten Tagen, läßt sich zum Narren machen, der Esel! Caspar. Soll ich ins Wasser laufen? Soll ich vom Thurm herunter springen? Befehlt doch nur, wie ich mich abstrafen soll, und ich wills ja von Herzen gerne thun, nur daß ich wieder Ruhe habe, daß ich Eure Vorwürfe nicht mehr höre. Nehmt doch auch Vernunft an, Herr, bester Herr, Ihr seyd ja auch schon in den Jahren und habt die Kinderschuhe vertreten. Ach du lieber Him- mel! Wo renne ich nur hin? Wo bleib ich? O Sap-
Zweite Abtheilung. ſehe ihn nirgends. — Ach Gott! wie wird mir,da nun mein Verſtand wieder kommt! Ich ſchaͤme mich vor Euch und vor mir, — ich moͤchte in Verzweiflung fallen, — o daß ich an dem Ungluͤck Schuld bin! Ja mit dem Kopf moͤcht ich gegen die Mauer laufen! Und meinen lieben, guten, alten Herrn! O Sapperment! Hans. Maͤßige dich, Caspar, faſſe deine Vernunft zuſammen, bleib bei dir. Caspar. Giebt es denn keinen Troſt, keine Huͤlfe? Hans. Ach nein! nein! O das wird mich noch wahnſinnig machen. — Es iſt zu viel, zu viel, Caspar, wenn ich von neuem daran denke. Es iſt mein Tod, ich fuͤhls. Caspar. Lieber gnaͤdiger Herr, bedenkt Euer Alter. Hans. Ich mag nichts bedenken, du haſt keine Tochter verloren, du haſt gut ſprechen. Und du biſt Schuld daran! Einzig du! Du alter Spitz- bube! Saͤuft ſich voll in ſeinen alten Tagen, laͤßt ſich zum Narren machen, der Eſel! Caspar. Soll ich ins Waſſer laufen? Soll ich vom Thurm herunter ſpringen? Befehlt doch nur, wie ich mich abſtrafen ſoll, und ich wills ja von Herzen gerne thun, nur daß ich wieder Ruhe habe, daß ich Eure Vorwuͤrfe nicht mehr hoͤre. Nehmt doch auch Vernunft an, Herr, beſter Herr, Ihr ſeyd ja auch ſchon in den Jahren und habt die Kinderſchuhe vertreten. Ach du lieber Him- mel! Wo renne ich nur hin? Wo bleib ich? O Sap-
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Zweite Abtheilung.
ſehe ihn nirgends. — Ach Gott! wie wird mir,
da nun mein Verſtand wieder kommt! Ich ſchaͤme
mich vor Euch und vor mir, — ich moͤchte in
Verzweiflung fallen, — o daß ich an dem Ungluͤck
Schuld bin! Ja mit dem Kopf moͤcht ich gegen
die Mauer laufen! Und meinen lieben, guten,
alten Herrn! O Sapperment!
Hans. Maͤßige dich, Caspar, faſſe deine
Vernunft zuſammen, bleib bei dir.
Caspar. Giebt es denn keinen Troſt, keine
Huͤlfe?
Hans. Ach nein! nein! O das wird mich
noch wahnſinnig machen. — Es iſt zu viel, zu
viel, Caspar, wenn ich von neuem daran denke.
Es iſt mein Tod, ich fuͤhls.
Caspar. Lieber gnaͤdiger Herr, bedenkt
Euer Alter.
Hans. Ich mag nichts bedenken, du haſt
keine Tochter verloren, du haſt gut ſprechen. Und
du biſt Schuld daran! Einzig du! Du alter Spitz-
bube! Saͤuft ſich voll in ſeinen alten Tagen, laͤßt
ſich zum Narren machen, der Eſel!
Caspar. Soll ich ins Waſſer laufen? Soll
ich vom Thurm herunter ſpringen? Befehlt doch
nur, wie ich mich abſtrafen ſoll, und ich wills ja
von Herzen gerne thun, nur daß ich wieder Ruhe
habe, daß ich Eure Vorwuͤrfe nicht mehr hoͤre.
Nehmt doch auch Vernunft an, Herr, beſter Herr,
Ihr ſeyd ja auch ſchon in den Jahren und habt
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