Wärst du nicht, Toback, Wär das Leben gar ärmlich, Es stände um uns Lumpenpack, Dann wahrlich gar zu erbärmlich. (er schlägt sich Feuer zur Pfeife an.) Wunderlich! wie das Feuer im Stein Und Stahle muß verborgen seyn! Worauf der Mensch doch nicht gekommen! Wie alle Kunst ihren Ursprung genommen! Es ist erstaunlich, was im Menschen liegt, Und wie er alles zu seinem Nutzen fügt; Und alle Tage bringt mans weiter, Unsre Kinder werden noch gescheidter, Der Kopf wird den Leuten gar zu voll, Man begreift nicht, wo's mit all dem Verstande hin soll. Rothkäppchen kömmt.
Jäger. Ei Rothkäppchen, sey tausendmal willkommen! Bist du schon so früh ausgegangen?
Rothkäppchen. Ich bin von meiner Großmutter gekommen. Ihr jagt heut?
Jäger. Ja, es gilt dem Rangen, Dem Wolf, der hier im Walde ist, Und manch unschuldig Lämmchen frißt.
Rothkäppchen. So ists doch wahr, was die Leute sagen? So dürfte sich ein Wolf so nahe wagen?
Rothkaͤppchen.
Waͤrſt du nicht, Toback, Waͤr das Leben gar aͤrmlich, Es ſtaͤnde um uns Lumpenpack, Dann wahrlich gar zu erbaͤrmlich. (er ſchlaͤgt ſich Feuer zur Pfeife an.) Wunderlich! wie das Feuer im Stein Und Stahle muß verborgen ſeyn! Worauf der Menſch doch nicht gekommen! Wie alle Kunſt ihren Urſprung genommen! Es iſt erſtaunlich, was im Menſchen liegt, Und wie er alles zu ſeinem Nutzen fuͤgt; Und alle Tage bringt mans weiter, Unſre Kinder werden noch geſcheidter, Der Kopf wird den Leuten gar zu voll, Man begreift nicht, wo's mit all dem Verſtande hin ſoll. Rothkaͤppchen koͤmmt.
Jaͤger. Ei Rothkaͤppchen, ſey tauſendmal willkommen! Biſt du ſchon ſo fruͤh ausgegangen?
Rothkaͤppchen. Ich bin von meiner Großmutter gekommen. Ihr jagt heut?
Jaͤger. Ja, es gilt dem Rangen, Dem Wolf, der hier im Walde iſt, Und manch unſchuldig Laͤmmchen frißt.
Rothkaͤppchen. So iſts doch wahr, was die Leute ſagen? So duͤrfte ſich ein Wolf ſo nahe wagen?
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Rothkaͤppchen.
Waͤrſt du nicht, Toback,
Waͤr das Leben gar aͤrmlich,
Es ſtaͤnde um uns Lumpenpack,
Dann wahrlich gar zu erbaͤrmlich.
(er ſchlaͤgt ſich Feuer zur Pfeife an.)
Wunderlich! wie das Feuer im Stein
Und Stahle muß verborgen ſeyn!
Worauf der Menſch doch nicht gekommen!
Wie alle Kunſt ihren Urſprung genommen!
Es iſt erſtaunlich, was im Menſchen liegt,
Und wie er alles zu ſeinem Nutzen fuͤgt;
Und alle Tage bringt mans weiter,
Unſre Kinder werden noch geſcheidter,
Der Kopf wird den Leuten gar zu voll,
Man begreift nicht, wo's mit all dem Verſtande
hin ſoll.
Rothkaͤppchen koͤmmt.
Jaͤger.
Ei Rothkaͤppchen, ſey tauſendmal willkommen!
Biſt du ſchon ſo fruͤh ausgegangen?
Rothkaͤppchen.
Ich bin von meiner Großmutter gekommen.
Ihr jagt heut?
Jaͤger.
Ja, es gilt dem Rangen,
Dem Wolf, der hier im Walde iſt,
Und manch unſchuldig Laͤmmchen frißt.
Rothkaͤppchen.
So iſts doch wahr, was die Leute ſagen?
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/500>, abgerufen am 16.02.2025.
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