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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Erste Abtheilung.

Er ging durch einen dichten, angenehmen Wald,
durch dessen dunkle Schatten der Morgen noch
dämmerte. Er folgte einem geschlängelten Fuß-
pfade, und überdachte schwermüthig sein Schicksal;
alles Ungemach, das er erlitten, kam frisch in seine
Seele, und er ward darüber so unmuthig, daß er
von Herzen wünschte, endlich zu sterben.

Mit diesen Gedanken trat er aus dem Walde
und stand vor einer schönen grünen Wiese, die im
Morgenlicht glänzte; gegenüber lag eine kleine
einsame Hütte, und Schaafe wurden von einem
alten Manne einen Hügel hinan getrieben. Alles
schimmerte roth und freundlich, und die stille Ruhe
umher brachte auch in Peters Seele Ruhe zurück.
Er merkte, daß dies die Hütte sey, die ihm die
Fischer bezeichnet hatten, und er wünschte, hier
einige Tage zu rasten und sich zu erquicken. Er
ging daher über die Wiese, auf der viele wilde
Blumen roth und gelb und himmelblau blühten,
der kleinen Hütte näher. Vor der Thüre saß ein
schlankes schönes Mägdlein, zu deren Füßen ein
Lamm im Grase spielte, diese sang, indem er über
die Wiese schritt:

Beglückt, wer vom Getümmel
Der Welt sein Leben schließt,
Das dorten im Gewimmel
Verworren abwärts fließt.
Hier sind wir all befreundet,
Mensch, Thier und Blumenreich,
Von keinem angefeindet
Macht uns die Liebe gleich.

Erſte Abtheilung.

Er ging durch einen dichten, angenehmen Wald,
durch deſſen dunkle Schatten der Morgen noch
daͤmmerte. Er folgte einem geſchlaͤngelten Fuß-
pfade, und uͤberdachte ſchwermuͤthig ſein Schickſal;
alles Ungemach, das er erlitten, kam friſch in ſeine
Seele, und er ward daruͤber ſo unmuthig, daß er
von Herzen wuͤnſchte, endlich zu ſterben.

Mit dieſen Gedanken trat er aus dem Walde
und ſtand vor einer ſchoͤnen gruͤnen Wieſe, die im
Morgenlicht glaͤnzte; gegenuͤber lag eine kleine
einſame Huͤtte, und Schaafe wurden von einem
alten Manne einen Huͤgel hinan getrieben. Alles
ſchimmerte roth und freundlich, und die ſtille Ruhe
umher brachte auch in Peters Seele Ruhe zuruͤck.
Er merkte, daß dies die Huͤtte ſey, die ihm die
Fiſcher bezeichnet hatten, und er wuͤnſchte, hier
einige Tage zu raſten und ſich zu erquicken. Er
ging daher uͤber die Wieſe, auf der viele wilde
Blumen roth und gelb und himmelblau bluͤhten,
der kleinen Huͤtte naͤher. Vor der Thuͤre ſaß ein
ſchlankes ſchoͤnes Maͤgdlein, zu deren Fuͤßen ein
Lamm im Graſe ſpielte, dieſe ſang, indem er uͤber
die Wieſe ſchritt:

Begluͤckt, wer vom Getuͤmmel
Der Welt ſein Leben ſchließt,
Das dorten im Gewimmel
Verworren abwaͤrts fließt.
Hier ſind wir all befreundet,
Menſch, Thier und Blumenreich,
Von keinem angefeindet
Macht uns die Liebe gleich.

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[388/0399] Erſte Abtheilung. Er ging durch einen dichten, angenehmen Wald, durch deſſen dunkle Schatten der Morgen noch daͤmmerte. Er folgte einem geſchlaͤngelten Fuß- pfade, und uͤberdachte ſchwermuͤthig ſein Schickſal; alles Ungemach, das er erlitten, kam friſch in ſeine Seele, und er ward daruͤber ſo unmuthig, daß er von Herzen wuͤnſchte, endlich zu ſterben. Mit dieſen Gedanken trat er aus dem Walde und ſtand vor einer ſchoͤnen gruͤnen Wieſe, die im Morgenlicht glaͤnzte; gegenuͤber lag eine kleine einſame Huͤtte, und Schaafe wurden von einem alten Manne einen Huͤgel hinan getrieben. Alles ſchimmerte roth und freundlich, und die ſtille Ruhe umher brachte auch in Peters Seele Ruhe zuruͤck. Er merkte, daß dies die Huͤtte ſey, die ihm die Fiſcher bezeichnet hatten, und er wuͤnſchte, hier einige Tage zu raſten und ſich zu erquicken. Er ging daher uͤber die Wieſe, auf der viele wilde Blumen roth und gelb und himmelblau bluͤhten, der kleinen Huͤtte naͤher. Vor der Thuͤre ſaß ein ſchlankes ſchoͤnes Maͤgdlein, zu deren Fuͤßen ein Lamm im Graſe ſpielte, dieſe ſang, indem er uͤber die Wieſe ſchritt: Begluͤckt, wer vom Getuͤmmel Der Welt ſein Leben ſchließt, Das dorten im Gewimmel Verworren abwaͤrts fließt. Hier ſind wir all befreundet, Menſch, Thier und Blumenreich, Von keinem angefeindet Macht uns die Liebe gleich.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/399>, abgerufen am 22.11.2024.