so mit den Romanen. In mein Haus soll mir gewiß kein Buch für Mütter, oder Gattinnen, oder Weiber wie sie seyn sollen, und dergleichen Un- kraut kommen, aus der Verkehrtheit unsers Trei- bens erwachsen und von der Eitelkeit des Zeitalters genährt. Und dieselben Herren, die dergleichen wahrhaft unmoralisches Zeug schreiben und prei- sen, wollen dem Bauer seinen Siegfried, Okta- vian und Eulenspiegel nehmen, um die Morali- tät der niedern Stände nicht verderben zu las- sen! Kann es etwas Tolleres und Verkehrteres geben?
Sollte denn aber, sagte Anton, meine Regie- rung gleich so verstümmelt beginnen, zum gefähr- lichen Beispiel aller meiner Thronfolger, und diese Abtheilung, die mir zugefallen ist, gar nicht vol- lendet werden? Was werden dazu unsre Freunde Friedrich, Wilibald und Theodor sagen? Wahr- lich, wenn ich meiner Pflicht nur irgend nachle- ben will, darf ich es nicht zugeben. Die lie- benswürdige Clara wird also hiemit für eine Re- bellin erklärt, und ihr eine Minute Frist gestat- tet, sich zu besinnen, widrigenfalls sie sich der Strafe aussetzen wird, daß man ihr ganz allein in der Einsamkeit die Oktavia, oder Armuth und Edelsinn, oder irgend etwas dem Aehnliches, Großartiges vorlesen soll.
Ich ergebe mich, sagte Clara; der furcht- bare Herrscher sehe ich, hat zu schreckliche Stra- fen in seiner Hand, er will uns zwar nicht mit
Erſte Abtheilung.
ſo mit den Romanen. In mein Haus ſoll mir gewiß kein Buch fuͤr Muͤtter, oder Gattinnen, oder Weiber wie ſie ſeyn ſollen, und dergleichen Un- kraut kommen, aus der Verkehrtheit unſers Trei- bens erwachſen und von der Eitelkeit des Zeitalters genaͤhrt. Und dieſelben Herren, die dergleichen wahrhaft unmoraliſches Zeug ſchreiben und prei- ſen, wollen dem Bauer ſeinen Siegfried, Okta- vian und Eulenſpiegel nehmen, um die Morali- taͤt der niedern Staͤnde nicht verderben zu laſ- ſen! Kann es etwas Tolleres und Verkehrteres geben?
Sollte denn aber, ſagte Anton, meine Regie- rung gleich ſo verſtuͤmmelt beginnen, zum gefaͤhr- lichen Beiſpiel aller meiner Thronfolger, und dieſe Abtheilung, die mir zugefallen iſt, gar nicht vol- lendet werden? Was werden dazu unſre Freunde Friedrich, Wilibald und Theodor ſagen? Wahr- lich, wenn ich meiner Pflicht nur irgend nachle- ben will, darf ich es nicht zugeben. Die lie- benswuͤrdige Clara wird alſo hiemit fuͤr eine Re- bellin erklaͤrt, und ihr eine Minute Friſt geſtat- tet, ſich zu beſinnen, widrigenfalls ſie ſich der Strafe ausſetzen wird, daß man ihr ganz allein in der Einſamkeit die Oktavia, oder Armuth und Edelſinn, oder irgend etwas dem Aehnliches, Großartiges vorleſen ſoll.
Ich ergebe mich, ſagte Clara; der furcht- bare Herrſcher ſehe ich, hat zu ſchreckliche Stra- fen in ſeiner Hand, er will uns zwar nicht mit
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Erſte Abtheilung.
ſo mit den Romanen. In mein Haus ſoll mir
gewiß kein Buch fuͤr Muͤtter, oder Gattinnen, oder
Weiber wie ſie ſeyn ſollen, und dergleichen Un-
kraut kommen, aus der Verkehrtheit unſers Trei-
bens erwachſen und von der Eitelkeit des Zeitalters
genaͤhrt. Und dieſelben Herren, die dergleichen
wahrhaft unmoraliſches Zeug ſchreiben und prei-
ſen, wollen dem Bauer ſeinen Siegfried, Okta-
vian und Eulenſpiegel nehmen, um die Morali-
taͤt der niedern Staͤnde nicht verderben zu laſ-
ſen! Kann es etwas Tolleres und Verkehrteres
geben?
Sollte denn aber, ſagte Anton, meine Regie-
rung gleich ſo verſtuͤmmelt beginnen, zum gefaͤhr-
lichen Beiſpiel aller meiner Thronfolger, und dieſe
Abtheilung, die mir zugefallen iſt, gar nicht vol-
lendet werden? Was werden dazu unſre Freunde
Friedrich, Wilibald und Theodor ſagen? Wahr-
lich, wenn ich meiner Pflicht nur irgend nachle-
ben will, darf ich es nicht zugeben. Die lie-
benswuͤrdige Clara wird alſo hiemit fuͤr eine Re-
bellin erklaͤrt, und ihr eine Minute Friſt geſtat-
tet, ſich zu beſinnen, widrigenfalls ſie ſich der
Strafe ausſetzen wird, daß man ihr ganz allein
in der Einſamkeit die Oktavia, oder Armuth und
Edelſinn, oder irgend etwas dem Aehnliches,
Großartiges vorleſen ſoll.
Ich ergebe mich, ſagte Clara; der furcht-
bare Herrſcher ſehe ich, hat zu ſchreckliche Stra-
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/333>, abgerufen am 21.11.2024.
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