Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.Liebeszauber. gesprächig, ließ sich bei den Eltern des Mädchensvorstellen, und hielt sogleich beim ersten Besuch um ihre Hand an, die sie ihm auch zusagte, da die Eltern ihre Einwilligung nicht verweigerten. Er war glücklich und ein neues Leben ging in ihm auf; mit jedem Tage ward er gesunder und zufriedener. So besuchte er mich vor acht Tagen auf meinem Landgute hier; es gefiel ihm über die Maßen, und zwar so, daß er nicht ruhte, bis ich es ihm ver- kaufen mußte. Es lag nur an mir, seine Leiden- schaftlichkeit zu meinem Vortheil und seinem Scha- den zu benutzen, denn was er will, will er heftig und plötzlich vollendet. Sogleich machte er seine Einrichtungen, ließ Geräthe herschaffen, um hier noch die Sommermonate zu wohnen, und so sind wir denn alle heut zu seiner Hochzeit in meinem ehemaligen Wohnsitze versammelt. Das Haus war groß und lag in der schönsten Liebeszauber. geſpraͤchig, ließ ſich bei den Eltern des Maͤdchensvorſtellen, und hielt ſogleich beim erſten Beſuch um ihre Hand an, die ſie ihm auch zuſagte, da die Eltern ihre Einwilligung nicht verweigerten. Er war gluͤcklich und ein neues Leben ging in ihm auf; mit jedem Tage ward er geſunder und zufriedener. So beſuchte er mich vor acht Tagen auf meinem Landgute hier; es gefiel ihm uͤber die Maßen, und zwar ſo, daß er nicht ruhte, bis ich es ihm ver- kaufen mußte. Es lag nur an mir, ſeine Leiden- ſchaftlichkeit zu meinem Vortheil und ſeinem Scha- den zu benutzen, denn was er will, will er heftig und ploͤtzlich vollendet. Sogleich machte er ſeine Einrichtungen, ließ Geraͤthe herſchaffen, um hier noch die Sommermonate zu wohnen, und ſo ſind wir denn alle heut zu ſeiner Hochzeit in meinem ehemaligen Wohnſitze verſammelt. Das Haus war groß und lag in der ſchoͤnſten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0310" n="299"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Liebeszauber</hi>.</fw><lb/> geſpraͤchig, ließ ſich bei den Eltern des Maͤdchens<lb/> vorſtellen, und hielt ſogleich beim erſten Beſuch<lb/> um ihre Hand an, die ſie ihm auch zuſagte, da die<lb/> Eltern ihre Einwilligung nicht verweigerten. Er<lb/> war gluͤcklich und ein neues Leben ging in ihm auf;<lb/> mit jedem Tage ward er geſunder und zufriedener.<lb/> So beſuchte er mich vor acht Tagen auf meinem<lb/> Landgute hier; es gefiel ihm uͤber die Maßen, und<lb/> zwar ſo, daß er nicht ruhte, bis ich es ihm ver-<lb/> kaufen mußte. Es lag nur an mir, ſeine Leiden-<lb/> ſchaftlichkeit zu meinem Vortheil und ſeinem Scha-<lb/> den zu benutzen, denn was er will, will er heftig<lb/> und ploͤtzlich vollendet. Sogleich machte er ſeine<lb/> Einrichtungen, ließ Geraͤthe herſchaffen, um hier<lb/> noch die Sommermonate zu wohnen, und ſo ſind<lb/> wir denn alle heut zu ſeiner Hochzeit in meinem<lb/> ehemaligen Wohnſitze verſammelt.</p><lb/> <p>Das Haus war groß und lag in der ſchoͤnſten<lb/> Gegend. Die eine Seite ſah nach einem Fluſſe<lb/> und angenehmen Huͤgeln hinuͤber, rund um von<lb/> mannichfaltigen Gebuͤſchen und Baͤumen umgeben,<lb/> unmittelbar davor lag ein Garten mit duftenden<lb/> Blumen. Hier waren die Orangen und Citronen-<lb/> Baͤume in einem großen offenen Saale aufgeſtellt,<lb/> nur kleine Thuͤren fuͤhrten zu Vorrathskammern,<lb/> Kellern und Speiſegewoͤlben. Von der andern<lb/> Seite breitete ſich ein gruͤnender Wieſenplan aus,<lb/> an welchen ohne andre Verbindung ein Park graͤnzte;<lb/> hier bildeten die beiden langen Fluͤgel des Hauſes<lb/> einen geraͤumigen Hof, und auf dreien uͤber ein-<lb/> ander ſtehenden Saͤulenreihen verbanden breite of-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [299/0310]
Liebeszauber.
geſpraͤchig, ließ ſich bei den Eltern des Maͤdchens
vorſtellen, und hielt ſogleich beim erſten Beſuch
um ihre Hand an, die ſie ihm auch zuſagte, da die
Eltern ihre Einwilligung nicht verweigerten. Er
war gluͤcklich und ein neues Leben ging in ihm auf;
mit jedem Tage ward er geſunder und zufriedener.
So beſuchte er mich vor acht Tagen auf meinem
Landgute hier; es gefiel ihm uͤber die Maßen, und
zwar ſo, daß er nicht ruhte, bis ich es ihm ver-
kaufen mußte. Es lag nur an mir, ſeine Leiden-
ſchaftlichkeit zu meinem Vortheil und ſeinem Scha-
den zu benutzen, denn was er will, will er heftig
und ploͤtzlich vollendet. Sogleich machte er ſeine
Einrichtungen, ließ Geraͤthe herſchaffen, um hier
noch die Sommermonate zu wohnen, und ſo ſind
wir denn alle heut zu ſeiner Hochzeit in meinem
ehemaligen Wohnſitze verſammelt.
Das Haus war groß und lag in der ſchoͤnſten
Gegend. Die eine Seite ſah nach einem Fluſſe
und angenehmen Huͤgeln hinuͤber, rund um von
mannichfaltigen Gebuͤſchen und Baͤumen umgeben,
unmittelbar davor lag ein Garten mit duftenden
Blumen. Hier waren die Orangen und Citronen-
Baͤume in einem großen offenen Saale aufgeſtellt,
nur kleine Thuͤren fuͤhrten zu Vorrathskammern,
Kellern und Speiſegewoͤlben. Von der andern
Seite breitete ſich ein gruͤnender Wieſenplan aus,
an welchen ohne andre Verbindung ein Park graͤnzte;
hier bildeten die beiden langen Fluͤgel des Hauſes
einen geraͤumigen Hof, und auf dreien uͤber ein-
ander ſtehenden Saͤulenreihen verbanden breite of-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |