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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Der blonde Eckbert.
Abendmahlzeit herein gebracht, das Feuer durch
Holz vermehrt, und das Gespräch der Freunde
heitrer und vertraulicher.

Als das Abendessen abgetragen war, und sich
die Knechte wieder entfernt hatten, nahm Eckbert
die Hand Walthers und sagte: Freund, Ihr soll-
tet euch einmal von meiner Frau die Geschichte
ihrer Jugend erzählen lassen, die seltsam genug
ist. -- Gern, sagte Walther, und man setzte sich
wieder um den Kamin.

Es war jetzt gerade Mitternacht, der Mond
sah abwechselnd durch die vorüber flatternden Wol-
ken. Ihr müßt mich nicht für zudringlich halten,
fing Bertha an, mein Mann sagt, daß Ihr so
edel denkt, daß es unrecht sey, euch etwas zu ver-
helen. Nur haltet meine Erzählung für kein
Mährchen, so sonderbar sie auch klingen mag.

Ich bin in einem Dorfe geboren, mein Vater
war ein armer Hirte. Die Haushaltung bei mei-
nen Eltern war nicht zum besten bestellt, sie wusten
sehr oft nicht, wo sie das Brod hernehmen sollten.
Was mich aber noch weit mehr jammerte, war,
daß mein Vater und meine Mutter sich oft über
ihre Armuth entzweiten, und einer dem andern
dann bittere Vorwürfe machte. Sonst hört' ich
beständig von mir, daß ich ein einfältiges dummes
Kind sei, das nicht das unbedeutendste Geschäft
auszurichten wisse, und wirklich war ich äußerst
ungeschickt und unbeholfen, ich ließ alles aus den
Händen fallen, ich lernte weder nähen noch spin-
nen, ich konnte nichts in der Wirthschaft helfen,

Der blonde Eckbert.
Abendmahlzeit herein gebracht, das Feuer durch
Holz vermehrt, und das Geſpraͤch der Freunde
heitrer und vertraulicher.

Als das Abendeſſen abgetragen war, und ſich
die Knechte wieder entfernt hatten, nahm Eckbert
die Hand Walthers und ſagte: Freund, Ihr ſoll-
tet euch einmal von meiner Frau die Geſchichte
ihrer Jugend erzaͤhlen laſſen, die ſeltſam genug
iſt. — Gern, ſagte Walther, und man ſetzte ſich
wieder um den Kamin.

Es war jetzt gerade Mitternacht, der Mond
ſah abwechſelnd durch die voruͤber flatternden Wol-
ken. Ihr muͤßt mich nicht fuͤr zudringlich halten,
fing Bertha an, mein Mann ſagt, daß Ihr ſo
edel denkt, daß es unrecht ſey, euch etwas zu ver-
helen. Nur haltet meine Erzaͤhlung fuͤr kein
Maͤhrchen, ſo ſonderbar ſie auch klingen mag.

Ich bin in einem Dorfe geboren, mein Vater
war ein armer Hirte. Die Haushaltung bei mei-
nen Eltern war nicht zum beſten beſtellt, ſie wuſten
ſehr oft nicht, wo ſie das Brod hernehmen ſollten.
Was mich aber noch weit mehr jammerte, war,
daß mein Vater und meine Mutter ſich oft uͤber
ihre Armuth entzweiten, und einer dem andern
dann bittere Vorwuͤrfe machte. Sonſt hoͤrt' ich
beſtaͤndig von mir, daß ich ein einfaͤltiges dummes
Kind ſei, das nicht das unbedeutendſte Geſchaͤft
auszurichten wiſſe, und wirklich war ich aͤußerſt
ungeſchickt und unbeholfen, ich ließ alles aus den
Haͤnden fallen, ich lernte weder naͤhen noch ſpin-
nen, ich konnte nichts in der Wirthſchaft helfen,

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[167/0178] Der blonde Eckbert. Abendmahlzeit herein gebracht, das Feuer durch Holz vermehrt, und das Geſpraͤch der Freunde heitrer und vertraulicher. Als das Abendeſſen abgetragen war, und ſich die Knechte wieder entfernt hatten, nahm Eckbert die Hand Walthers und ſagte: Freund, Ihr ſoll- tet euch einmal von meiner Frau die Geſchichte ihrer Jugend erzaͤhlen laſſen, die ſeltſam genug iſt. — Gern, ſagte Walther, und man ſetzte ſich wieder um den Kamin. Es war jetzt gerade Mitternacht, der Mond ſah abwechſelnd durch die voruͤber flatternden Wol- ken. Ihr muͤßt mich nicht fuͤr zudringlich halten, fing Bertha an, mein Mann ſagt, daß Ihr ſo edel denkt, daß es unrecht ſey, euch etwas zu ver- helen. Nur haltet meine Erzaͤhlung fuͤr kein Maͤhrchen, ſo ſonderbar ſie auch klingen mag. Ich bin in einem Dorfe geboren, mein Vater war ein armer Hirte. Die Haushaltung bei mei- nen Eltern war nicht zum beſten beſtellt, ſie wuſten ſehr oft nicht, wo ſie das Brod hernehmen ſollten. Was mich aber noch weit mehr jammerte, war, daß mein Vater und meine Mutter ſich oft uͤber ihre Armuth entzweiten, und einer dem andern dann bittere Vorwuͤrfe machte. Sonſt hoͤrt' ich beſtaͤndig von mir, daß ich ein einfaͤltiges dummes Kind ſei, das nicht das unbedeutendſte Geſchaͤft auszurichten wiſſe, und wirklich war ich aͤußerſt ungeſchickt und unbeholfen, ich ließ alles aus den Haͤnden fallen, ich lernte weder naͤhen noch ſpin- nen, ich konnte nichts in der Wirthſchaft helfen,

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/178>, abgerufen am 22.11.2024.