ist den Verfertigern der schönen Natur sehr zu statten gekommen, ihrem Wirrwarr recht eilig auf die Beine helfen zu können. Das Zeug wächst fast zusehends, und nun haben unsre guten al- ten einheimischen Bäume das Nachsehn. Diese Pappeln sind mir in geraden und krummen Gän- gen gleich widerwärtig. Wie schön sind unsre alten Linden, die vormals so manche Landstraße zierten, wie erfreulich die ehrwürdigen Nußbäume der Bergstraße, und wie melankolisch sind die Pappelgassen, die sich um Carlsruh nach allen Seiten in das Land so finster hinaus strecken.
In gebirgigen Gegenden, sagte Friedrich, scheint mir ein Garten, wie dieser hier, nicht nur der angemessenste, sondern auch ohne Frage der schönste, denn nur in diesem kann man sich von den erhabenen Reizen und großen Ein- drücken erholen, die die mächtigen Berge beim Durchwandeln in uns erregen. Jedes Bestreben hier etwas Romantisches erschaffen, und Baum und Waldgegenden malen zu wollen, würde jenen Wäldern und Felsenschluften, den wun- dersamen Thälern, der majestätischen Einsamkeit gegenüber nur albern erscheinen. So aber liegt dieser Garten in stiller Demuth zu den Füßen jener Riesen, mit ihren Wäldern und Wasser- bächen, und spielt mit seinen Blumen, Lauben- gängen und Brunnen wie ein Kind in einfälti- gen Phantasien. Dagegen ist mir in einer der traurigsten Gegenden Deutschlands ein Garten
Einleitung.
iſt den Verfertigern der ſchoͤnen Natur ſehr zu ſtatten gekommen, ihrem Wirrwarr recht eilig auf die Beine helfen zu koͤnnen. Das Zeug waͤchſt faſt zuſehends, und nun haben unſre guten al- ten einheimiſchen Baͤume das Nachſehn. Dieſe Pappeln ſind mir in geraden und krummen Gaͤn- gen gleich widerwaͤrtig. Wie ſchoͤn ſind unſre alten Linden, die vormals ſo manche Landſtraße zierten, wie erfreulich die ehrwuͤrdigen Nußbaͤume der Bergſtraße, und wie melankoliſch ſind die Pappelgaſſen, die ſich um Carlsruh nach allen Seiten in das Land ſo finſter hinaus ſtrecken.
In gebirgigen Gegenden, ſagte Friedrich, ſcheint mir ein Garten, wie dieſer hier, nicht nur der angemeſſenſte, ſondern auch ohne Frage der ſchoͤnſte, denn nur in dieſem kann man ſich von den erhabenen Reizen und großen Ein- druͤcken erholen, die die maͤchtigen Berge beim Durchwandeln in uns erregen. Jedes Beſtreben hier etwas Romantiſches erſchaffen, und Baum und Waldgegenden malen zu wollen, wuͤrde jenen Waͤldern und Felſenſchluften, den wun- derſamen Thaͤlern, der majeſtaͤtiſchen Einſamkeit gegenuͤber nur albern erſcheinen. So aber liegt dieſer Garten in ſtiller Demuth zu den Fuͤßen jener Rieſen, mit ihren Waͤldern und Waſſer- baͤchen, und ſpielt mit ſeinen Blumen, Lauben- gaͤngen und Brunnen wie ein Kind in einfaͤlti- gen Phantaſien. Dagegen iſt mir in einer der traurigſten Gegenden Deutſchlands ein Garten
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Einleitung.
iſt den Verfertigern der ſchoͤnen Natur ſehr zu
ſtatten gekommen, ihrem Wirrwarr recht eilig auf
die Beine helfen zu koͤnnen. Das Zeug waͤchſt
faſt zuſehends, und nun haben unſre guten al-
ten einheimiſchen Baͤume das Nachſehn. Dieſe
Pappeln ſind mir in geraden und krummen Gaͤn-
gen gleich widerwaͤrtig. Wie ſchoͤn ſind unſre
alten Linden, die vormals ſo manche Landſtraße
zierten, wie erfreulich die ehrwuͤrdigen Nußbaͤume
der Bergſtraße, und wie melankoliſch ſind die
Pappelgaſſen, die ſich um Carlsruh nach allen
Seiten in das Land ſo finſter hinaus ſtrecken.
In gebirgigen Gegenden, ſagte Friedrich,
ſcheint mir ein Garten, wie dieſer hier, nicht
nur der angemeſſenſte, ſondern auch ohne Frage
der ſchoͤnſte, denn nur in dieſem kann man ſich
von den erhabenen Reizen und großen Ein-
druͤcken erholen, die die maͤchtigen Berge beim
Durchwandeln in uns erregen. Jedes Beſtreben
hier etwas Romantiſches erſchaffen, und Baum
und Waldgegenden malen zu wollen, wuͤrde
jenen Waͤldern und Felſenſchluften, den wun-
derſamen Thaͤlern, der majeſtaͤtiſchen Einſamkeit
gegenuͤber nur albern erſcheinen. So aber liegt
dieſer Garten in ſtiller Demuth zu den Fuͤßen
jener Rieſen, mit ihren Waͤldern und Waſſer-
baͤchen, und ſpielt mit ſeinen Blumen, Lauben-
gaͤngen und Brunnen wie ein Kind in einfaͤlti-
gen Phantaſien. Dagegen iſt mir in einer der
traurigſten Gegenden Deutſchlands ein Garten
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/109>, abgerufen am 22.11.2024.
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