gend durch den Garten und er gab mir ein Pa- pier in die Hand, das, wie ich nachher gesehen habe, ein ansehnlicher Wechsel war. Hinter dem Garten liegt ein Wald und wir gingen auf einem schmalen gewundenen Fußsteige. Ich war- tete immer darauf, daß Burton sprechen solle, aber er war heimtückisch und still. In meinem Innern war ich dürr und ausgestorben, alles kam mir vor, wie ein Scherz, und aus einer gewissen Furcht hätt ich ein paarmahl die Stil- le beinahe durch ein lautes Gelächter unter- brochen.
Wir standen endlich still. Wir schwiegen und wie drückende Gewitterluft ängstigten mich diese Minuten. Ich suchte nach Gedanken um das Gräßliche, das darin lag, zu verscheuchen, -- ich wollte fort, und verzögerte dann gern wieder den Moment der Trennung, -- es war eine von jenen seltsamen Pausen, in denen die Seele unschlüssig ist, ob sie über den Körper gebieten soll, in denen sie an ihrem Willen zweifelt und sich an der trägen Maschine nicht auf eine be- denkliche Probe stellen will.
Durch ein Paar Worte unterbrach Eduard das Stillschweigen und ging zurück; er kehrte
gend durch den Garten und er gab mir ein Pa- pier in die Hand, das, wie ich nachher geſehen habe, ein anſehnlicher Wechſel war. Hinter dem Garten liegt ein Wald und wir gingen auf einem ſchmalen gewundenen Fußſteige. Ich war- tete immer darauf, daß Burton ſprechen ſolle, aber er war heimtuͤckiſch und ſtill. In meinem Innern war ich duͤrr und ausgeſtorben, alles kam mir vor, wie ein Scherz, und aus einer gewiſſen Furcht haͤtt ich ein paarmahl die Stil- le beinahe durch ein lautes Gelaͤchter unter- brochen.
Wir ſtanden endlich ſtill. Wir ſchwiegen und wie druͤckende Gewitterluft aͤngſtigten mich dieſe Minuten. Ich ſuchte nach Gedanken um das Graͤßliche, das darin lag, zu verſcheuchen, — ich wollte fort, und verzoͤgerte dann gern wieder den Moment der Trennung, — es war eine von jenen ſeltſamen Pauſen, in denen die Seele unſchluͤſſig iſt, ob ſie uͤber den Koͤrper gebieten ſoll, in denen ſie an ihrem Willen zweifelt und ſich an der traͤgen Maſchine nicht auf eine be- denkliche Probe ſtellen will.
Durch ein Paar Worte unterbrach Eduard das Stillſchweigen und ging zuruͤck; er kehrte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0096"n="89"/>
gend durch den Garten und er gab mir ein Pa-<lb/>
pier in die Hand, das, wie ich nachher geſehen<lb/>
habe, ein anſehnlicher Wechſel war. Hinter<lb/>
dem Garten liegt ein Wald und wir gingen auf<lb/>
einem ſchmalen gewundenen Fußſteige. Ich war-<lb/>
tete immer darauf, daß Burton ſprechen ſolle,<lb/>
aber er war heimtuͤckiſch und ſtill. In meinem<lb/>
Innern war ich duͤrr und ausgeſtorben, alles<lb/>
kam mir vor, wie ein Scherz, und aus einer<lb/>
gewiſſen Furcht haͤtt ich ein paarmahl die Stil-<lb/>
le beinahe durch ein lautes Gelaͤchter unter-<lb/>
brochen.</p><lb/><p>Wir ſtanden endlich ſtill. Wir ſchwiegen<lb/>
und wie druͤckende Gewitterluft aͤngſtigten mich<lb/>
dieſe Minuten. Ich ſuchte nach Gedanken um<lb/>
das Graͤßliche, das darin lag, zu verſcheuchen, —<lb/>
ich wollte fort, und verzoͤgerte dann gern wieder<lb/>
den Moment der Trennung, — es war eine<lb/>
von jenen ſeltſamen Pauſen, in denen die Seele<lb/>
unſchluͤſſig iſt, ob ſie uͤber den Koͤrper gebieten<lb/>ſoll, in denen ſie an ihrem Willen zweifelt und<lb/>ſich an der traͤgen Maſchine nicht auf eine be-<lb/>
denkliche Probe ſtellen will.</p><lb/><p>Durch ein Paar Worte unterbrach Eduard<lb/>
das Stillſchweigen und ging zuruͤck; er kehrte<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[89/0096]
gend durch den Garten und er gab mir ein Pa-
pier in die Hand, das, wie ich nachher geſehen
habe, ein anſehnlicher Wechſel war. Hinter
dem Garten liegt ein Wald und wir gingen auf
einem ſchmalen gewundenen Fußſteige. Ich war-
tete immer darauf, daß Burton ſprechen ſolle,
aber er war heimtuͤckiſch und ſtill. In meinem
Innern war ich duͤrr und ausgeſtorben, alles
kam mir vor, wie ein Scherz, und aus einer
gewiſſen Furcht haͤtt ich ein paarmahl die Stil-
le beinahe durch ein lautes Gelaͤchter unter-
brochen.
Wir ſtanden endlich ſtill. Wir ſchwiegen
und wie druͤckende Gewitterluft aͤngſtigten mich
dieſe Minuten. Ich ſuchte nach Gedanken um
das Graͤßliche, das darin lag, zu verſcheuchen, —
ich wollte fort, und verzoͤgerte dann gern wieder
den Moment der Trennung, — es war eine
von jenen ſeltſamen Pauſen, in denen die Seele
unſchluͤſſig iſt, ob ſie uͤber den Koͤrper gebieten
ſoll, in denen ſie an ihrem Willen zweifelt und
ſich an der traͤgen Maſchine nicht auf eine be-
denkliche Probe ſtellen will.
Durch ein Paar Worte unterbrach Eduard
das Stillſchweigen und ging zuruͤck; er kehrte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/96>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.