ben. -- O! es war unrecht von mir, es war schlecht, Mortimer, wenn Sie aufrichtig sind. -- Ich bin nun Schuld an Lovell's Verzweif- lung, und an seinem Unglücke; ich verdiene sei- nen Haß und seine Verachtung, und das war es auch, warum er nicht mit mir sprechen wollte. -- O! wenn ich nur einen Händedruck von ihm mit genommen hätte: so könnte ich mich doch zufrieden geben.
Jetzt geht er nun einsam auf dem kalten Felde, und weicht den Menschengesichtern aus, und ich bin die Ursache daß er sich vor ihnen fürchtet! -- Sein Eduard, der Freund seiner Kindheit, ist von ihm abgefallen, jedes Menschen Auge kündiget ihm nun Krieg an. -- Wohin soll ich mich vor mir selbst verbergen? --
Wenn er nur gesagt hätte: Eduard, lebe wohl, o! so hätt' ich doch die Hoffnung, daß er mir vielleicht vergeben habe. -- Aber ich scheuchte ihn mit meiner Hartherzigkeit zurück.
Wie soll ich künftig einem fühlenden Men- schen unter die Augen treten? -- Ach wie sehr bin ich in mir selber gedemüthiget! -- Ich
ben. — O! es war unrecht von mir, es war ſchlecht, Mortimer, wenn Sie aufrichtig ſind. — Ich bin nun Schuld an Lovell's Verzweif- lung, und an ſeinem Ungluͤcke; ich verdiene ſei- nen Haß und ſeine Verachtung, und das war es auch, warum er nicht mit mir ſprechen wollte. — O! wenn ich nur einen Haͤndedruck von ihm mit genommen haͤtte: ſo koͤnnte ich mich doch zufrieden geben.
Jetzt geht er nun einſam auf dem kalten Felde, und weicht den Menſchengeſichtern aus, und ich bin die Urſache daß er ſich vor ihnen fuͤrchtet! — Sein Eduard, der Freund ſeiner Kindheit, iſt von ihm abgefallen, jedes Menſchen Auge kuͤndiget ihm nun Krieg an. — Wohin ſoll ich mich vor mir ſelbſt verbergen? —
Wenn er nur geſagt haͤtte: Eduard, lebe wohl, o! ſo haͤtt' ich doch die Hoffnung, daß er mir vielleicht vergeben habe. — Aber ich ſcheuchte ihn mit meiner Hartherzigkeit zuruͤck.
Wie ſoll ich kuͤnftig einem fuͤhlenden Men- ſchen unter die Augen treten? — Ach wie ſehr bin ich in mir ſelber gedemuͤthiget! — Ich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0080"n="73"/>
ben. — O! es war unrecht von mir, es war<lb/>ſchlecht, Mortimer, wenn Sie aufrichtig ſind.<lb/>— Ich bin nun Schuld an Lovell's Verzweif-<lb/>
lung, und an ſeinem Ungluͤcke; ich verdiene ſei-<lb/>
nen Haß und ſeine Verachtung, und das war<lb/>
es auch, warum er nicht mit mir ſprechen<lb/>
wollte. — O! wenn ich nur einen Haͤndedruck<lb/>
von ihm mit genommen haͤtte: ſo koͤnnte ich<lb/>
mich doch zufrieden geben.</p><lb/><p>Jetzt geht er nun einſam auf dem kalten<lb/>
Felde, und weicht den Menſchengeſichtern aus,<lb/>
und ich bin die Urſache daß er ſich vor ihnen<lb/>
fuͤrchtet! — Sein Eduard, der Freund ſeiner<lb/>
Kindheit, iſt von ihm abgefallen, jedes Menſchen<lb/>
Auge kuͤndiget ihm nun Krieg an. — Wohin<lb/>ſoll ich mich vor mir ſelbſt verbergen? —</p><lb/><p>Wenn er nur geſagt haͤtte: Eduard, lebe<lb/>
wohl, o! ſo haͤtt' ich doch die Hoffnung, daß<lb/>
er mir vielleicht vergeben habe. — Aber ich<lb/>ſcheuchte ihn mit meiner Hartherzigkeit zuruͤck.</p><lb/><p>Wie ſoll ich kuͤnftig einem fuͤhlenden Men-<lb/>ſchen unter die Augen treten? — Ach wie ſehr<lb/>
bin ich in mir ſelber gedemuͤthiget! — Ich<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[73/0080]
ben. — O! es war unrecht von mir, es war
ſchlecht, Mortimer, wenn Sie aufrichtig ſind.
— Ich bin nun Schuld an Lovell's Verzweif-
lung, und an ſeinem Ungluͤcke; ich verdiene ſei-
nen Haß und ſeine Verachtung, und das war
es auch, warum er nicht mit mir ſprechen
wollte. — O! wenn ich nur einen Haͤndedruck
von ihm mit genommen haͤtte: ſo koͤnnte ich
mich doch zufrieden geben.
Jetzt geht er nun einſam auf dem kalten
Felde, und weicht den Menſchengeſichtern aus,
und ich bin die Urſache daß er ſich vor ihnen
fuͤrchtet! — Sein Eduard, der Freund ſeiner
Kindheit, iſt von ihm abgefallen, jedes Menſchen
Auge kuͤndiget ihm nun Krieg an. — Wohin
ſoll ich mich vor mir ſelbſt verbergen? —
Wenn er nur geſagt haͤtte: Eduard, lebe
wohl, o! ſo haͤtt' ich doch die Hoffnung, daß
er mir vielleicht vergeben habe. — Aber ich
ſcheuchte ihn mit meiner Hartherzigkeit zuruͤck.
Wie ſoll ich kuͤnftig einem fuͤhlenden Men-
ſchen unter die Augen treten? — Ach wie ſehr
bin ich in mir ſelber gedemuͤthiget! — Ich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/80>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.