Er ist fort; es ist Nacht, und ich will Ihnen noch schreiben, weil ich doch nicht schla- fen kann.
Die Erde kömmt mir vor wie ein dunkles Reich von Schatten, wie ein Traumland, wo- rinn nichts wesentlich, nichts beständig ist; der Schein des Tages ist ein betrügerisches Licht, nur das Dunkel der Nacht, ist die wahre Far- be dieser düstern Kugel. -- Wir sehen dunkle Schatten in der Ferne stehen, und nennen sie Freundschaft und Liebe, als Fremdlinge ziehen sie vorüber, und ein schwärzeres Dunkel folgt ihnen nach. Die Menschen sehen in dieser schwarzen Nacht nur aus, wie eine dichtere Finsterniß, kein Strahl in ihrem Herzen, ach! kein Funke in ihrer Brust. -- Dies Gefühl
18. Eduard Burton an Mortimer.
Bonſtreet.
Er iſt fort; es iſt Nacht, und ich will Ihnen noch ſchreiben, weil ich doch nicht ſchla- fen kann.
Die Erde koͤmmt mir vor wie ein dunkles Reich von Schatten, wie ein Traumland, wo- rinn nichts weſentlich, nichts beſtaͤndig iſt; der Schein des Tages iſt ein betruͤgeriſches Licht, nur das Dunkel der Nacht, iſt die wahre Far- be dieſer duͤſtern Kugel. — Wir ſehen dunkle Schatten in der Ferne ſtehen, und nennen ſie Freundſchaft und Liebe, als Fremdlinge ziehen ſie voruͤber, und ein ſchwaͤrzeres Dunkel folgt ihnen nach. Die Menſchen ſehen in dieſer ſchwarzen Nacht nur aus, wie eine dichtere Finſterniß, kein Strahl in ihrem Herzen, ach! kein Funke in ihrer Bruſt. — Dies Gefuͤhl
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0073"n="66"/><divn="2"><head>18.<lb/><hirendition="#g">Eduard Burton an Mortimer</hi>.</head><lb/><dateline><hirendition="#et"><hirendition="#g">Bonſtreet</hi>.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>r iſt fort; es iſt Nacht, und ich will<lb/>
Ihnen noch ſchreiben, weil ich doch nicht ſchla-<lb/>
fen kann.</p><lb/><p>Die Erde koͤmmt mir vor wie ein dunkles<lb/>
Reich von Schatten, wie ein Traumland, wo-<lb/>
rinn nichts weſentlich, nichts beſtaͤndig iſt; der<lb/>
Schein des Tages iſt ein betruͤgeriſches Licht,<lb/>
nur das Dunkel der Nacht, iſt die wahre Far-<lb/>
be dieſer duͤſtern Kugel. — Wir ſehen dunkle<lb/>
Schatten in der Ferne ſtehen, und nennen ſie<lb/>
Freundſchaft und Liebe, als Fremdlinge ziehen<lb/>ſie voruͤber, und ein ſchwaͤrzeres Dunkel folgt<lb/>
ihnen nach. Die Menſchen ſehen in dieſer<lb/>ſchwarzen Nacht nur aus, wie eine dichtere<lb/>
Finſterniß, kein Strahl in ihrem Herzen, ach!<lb/>
kein Funke in ihrer Bruſt. — Dies Gefuͤhl<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[66/0073]
18.
Eduard Burton an Mortimer.
Bonſtreet.
Er iſt fort; es iſt Nacht, und ich will
Ihnen noch ſchreiben, weil ich doch nicht ſchla-
fen kann.
Die Erde koͤmmt mir vor wie ein dunkles
Reich von Schatten, wie ein Traumland, wo-
rinn nichts weſentlich, nichts beſtaͤndig iſt; der
Schein des Tages iſt ein betruͤgeriſches Licht,
nur das Dunkel der Nacht, iſt die wahre Far-
be dieſer duͤſtern Kugel. — Wir ſehen dunkle
Schatten in der Ferne ſtehen, und nennen ſie
Freundſchaft und Liebe, als Fremdlinge ziehen
ſie voruͤber, und ein ſchwaͤrzeres Dunkel folgt
ihnen nach. Die Menſchen ſehen in dieſer
ſchwarzen Nacht nur aus, wie eine dichtere
Finſterniß, kein Strahl in ihrem Herzen, ach!
kein Funke in ihrer Bruſt. — Dies Gefuͤhl
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/73>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.