zurühren; ich wußte nicht was ich sagen sollte; und Willy stand immer noch wie in einer Be- geisterung vor mir.
Ich fragte ihn endlich: was ihm fehle; ich glaubte er sey wahnsinnig geworden, er wollte nicht bestimmter antworten, er zitterte am gan- zen Körper, er stammelte und vermochte nicht deutlich ein Wort hervor zu bringen. -- In den Wein ist etwas hinein geschüttet! rief er endlich laut. -- Ich weiß selbst nicht, wie mich die Verwirrung darauf brachte, daß ich ihn fragte: ob er es gethan habe? Aber sein Zittern, seine Angst, seine bleiche Gestalt schie- nen mir ein solches Geständniß vorzubereiten. -- Da weinte der alte Mann, und schluchzte laut, sein Gemüth ward durch diesen Argwohn noch verwirrter; ehe ich es bemerkte faßte er zitternd nach dem Glase, und trank es aus.
Seine Kräfte verließen ihn, er sank in ei- nen Stuhl; ich rief um Hülfe, und es währte nicht lange, so offenbarten sich die Wirkungen eines Giftes. Er war fast ohne Besinnung, und wollte doch noch immer nicht sprechen; sein Bruder warf sich auf ihn, und bedeckte ihn mit Thränen und Küssen, alle weinten und
zuruͤhren; ich wußte nicht was ich ſagen ſollte; und Willy ſtand immer noch wie in einer Be- geiſterung vor mir.
Ich fragte ihn endlich: was ihm fehle; ich glaubte er ſey wahnſinnig geworden, er wollte nicht beſtimmter antworten, er zitterte am gan- zen Koͤrper, er ſtammelte und vermochte nicht deutlich ein Wort hervor zu bringen. — In den Wein iſt etwas hinein geſchuͤttet! rief er endlich laut. — Ich weiß ſelbſt nicht, wie mich die Verwirrung darauf brachte, daß ich ihn fragte: ob er es gethan habe? Aber ſein Zittern, ſeine Angſt, ſeine bleiche Geſtalt ſchie- nen mir ein ſolches Geſtaͤndniß vorzubereiten. — Da weinte der alte Mann, und ſchluchzte laut, ſein Gemuͤth ward durch dieſen Argwohn noch verwirrter; ehe ich es bemerkte faßte er zitternd nach dem Glaſe, und trank es aus.
Seine Kraͤfte verließen ihn, er ſank in ei- nen Stuhl; ich rief um Huͤlfe, und es waͤhrte nicht lange, ſo offenbarten ſich die Wirkungen eines Giftes. Er war faſt ohne Beſinnung, und wollte doch noch immer nicht ſprechen; ſein Bruder warf ſich auf ihn, und bedeckte ihn mit Thraͤnen und Kuͤſſen, alle weinten und
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zuruͤhren; ich wußte nicht was ich ſagen ſollte;
und Willy ſtand immer noch wie in einer Be-
geiſterung vor mir.
Ich fragte ihn endlich: was ihm fehle; ich
glaubte er ſey wahnſinnig geworden, er wollte
nicht beſtimmter antworten, er zitterte am gan-
zen Koͤrper, er ſtammelte und vermochte nicht
deutlich ein Wort hervor zu bringen. — In
den Wein iſt etwas hinein geſchuͤttet! rief er
endlich laut. — Ich weiß ſelbſt nicht, wie
mich die Verwirrung darauf brachte, daß ich
ihn fragte: ob er es gethan habe? Aber ſein
Zittern, ſeine Angſt, ſeine bleiche Geſtalt ſchie-
nen mir ein ſolches Geſtaͤndniß vorzubereiten. —
Da weinte der alte Mann, und ſchluchzte laut,
ſein Gemuͤth ward durch dieſen Argwohn noch
verwirrter; ehe ich es bemerkte faßte er zitternd
nach dem Glaſe, und trank es aus.
Seine Kraͤfte verließen ihn, er ſank in ei-
nen Stuhl; ich rief um Huͤlfe, und es waͤhrte
nicht lange, ſo offenbarten ſich die Wirkungen
eines Giftes. Er war faſt ohne Beſinnung,
und wollte doch noch immer nicht ſprechen;
ſein Bruder warf ſich auf ihn, und bedeckte
ihn mit Thraͤnen und Kuͤſſen, alle weinten und
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/65>, abgerufen am 24.11.2024.
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