viel Mannigfaltigkeit, daß ich plötzlich mein Vermögen zusammenraffte, und in der größten Eile England verließ.
Sinnlichkeit.
Es war alles nicht so, wie ich es mir ge- dacht hatte. Ich traf allenthalben dieselben Menschen wieder an, eben das flache, abgegrif- fene Gepräge, das mich in meiner Heimath innerlich so oft empört hatte. -- Ich glaubte endlich, es sey Narrheit, anders seyn zu wollen, ich zwang mich in diese Form hinein, und nun war ich ihnen lieb.
Schon vorher hatte ich von einigen soge[-] nannten Vertrauten gehört, daß in meinem Gesichte etwas liege, das die Menschen im Anfange von mir zurückstieße; eine verborgene Widrigkeit, die man nicht genau zu beschreiben wisse, die mich aber bald lächerlich, bald wie- der zu einem Gegenstande der Furcht mache. Nun wußt' ich doch, warum die Menschen mich haßten und verfolgten; weil meine Nase etwas anders stand als sie es wünschten, fanden sie mich verwerflich.
viel Mannigfaltigkeit, daß ich ploͤtzlich mein Vermoͤgen zuſammenraffte, und in der groͤßten Eile England verließ.
Sinnlichkeit.
Es war alles nicht ſo, wie ich es mir ge- dacht hatte. Ich traf allenthalben dieſelben Menſchen wieder an, eben das flache, abgegrif- fene Gepraͤge, das mich in meiner Heimath innerlich ſo oft empoͤrt hatte. — Ich glaubte endlich, es ſey Narrheit, anders ſeyn zu wollen, ich zwang mich in dieſe Form hinein, und nun war ich ihnen lieb.
Schon vorher hatte ich von einigen ſoge[-] nannten Vertrauten gehoͤrt, daß in meinem Geſichte etwas liege, das die Menſchen im Anfange von mir zuruͤckſtieße; eine verborgene Widrigkeit, die man nicht genau zu beſchreiben wiſſe, die mich aber bald laͤcherlich, bald wie- der zu einem Gegenſtande der Furcht mache. Nun wußt' ich doch, warum die Menſchen mich haßten und verfolgten; weil meine Naſe etwas anders ſtand als ſie es wuͤnſchten, fanden ſie mich verwerflich.
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viel Mannigfaltigkeit, daß ich ploͤtzlich mein
Vermoͤgen zuſammenraffte, und in der groͤßten
Eile England verließ.
Sinnlichkeit.
Es war alles nicht ſo, wie ich es mir ge-
dacht hatte. Ich traf allenthalben dieſelben
Menſchen wieder an, eben das flache, abgegrif-
fene Gepraͤge, das mich in meiner Heimath
innerlich ſo oft empoͤrt hatte. — Ich glaubte
endlich, es ſey Narrheit, anders ſeyn zu wollen,
ich zwang mich in dieſe Form hinein, und nun
war ich ihnen lieb.
Schon vorher hatte ich von einigen ſoge-
nannten Vertrauten gehoͤrt, daß in meinem
Geſichte etwas liege, das die Menſchen im
Anfange von mir zuruͤckſtieße; eine verborgene
Widrigkeit, die man nicht genau zu beſchreiben
wiſſe, die mich aber bald laͤcherlich, bald wie-
der zu einem Gegenſtande der Furcht mache.
Nun wußt' ich doch, warum die Menſchen mich
haßten und verfolgten; weil meine Naſe etwas
anders ſtand als ſie es wuͤnſchten, fanden ſie
mich verwerflich.
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/425>, abgerufen am 22.11.2024.
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