mir nun auch jedes Gesicht! Keiner erreget mei- ne Aufmerksamkeit, weil ich ihn bis auf seinen kleinsten Gedanken auswendig weiß.
Ich sprach in einem meiner Briefe über die Weiber, -- aber o Himmel! -- was sind denn die Männer? -- Wenn ich die Menschen achten müßte; so würde ich mir doch nur die Weiber auswählen, denn dis unbeholfene, lin- kische, aufgeblasene und kriechende Thier, das wir Mann nennen, -- o ich kenne nichts ver- ächtlichers, als diese widersprechende Mischung von Verstand und Narrheit, Festigkeit und ver- änderlichem Wesen. -- In der Jugend hängen die Männer von den Blicken, von dem Lächeln der Weiber ab: sie suchen zu gefallen und for- men sich nach hingeworfenen Winken, sie halten sich für die Herren der Welt und lassen sich ei- ner Nichtswürdigkeit wegen tyrannisiren. Ihre kühnsten Wünsche, ihre frechsten Plane sind nur Lakayen und nachtretendes Gefolge der sinnlichen Begierde. -- Der stupide Bauer schätzt sich glück- lich, wenn der vorbeyfahrende Minister seinem Gruße dankt, er glaubt einfältig, es sey ihm nur allein geschehn, und unterläßt nicht, es der ganzen Dorfschaft zu erzählen: und der Minister
mir nun auch jedes Geſicht! Keiner erreget mei- ne Aufmerkſamkeit, weil ich ihn bis auf ſeinen kleinſten Gedanken auswendig weiß.
Ich ſprach in einem meiner Briefe uͤber die Weiber, — aber o Himmel! — was ſind denn die Maͤnner? — Wenn ich die Menſchen achten muͤßte; ſo wuͤrde ich mir doch nur die Weiber auswaͤhlen, denn dis unbeholfene, lin- kiſche, aufgeblaſene und kriechende Thier, das wir Mann nennen, — o ich kenne nichts ver- aͤchtlichers, als dieſe widerſprechende Miſchung von Verſtand und Narrheit, Feſtigkeit und ver- aͤnderlichem Weſen. — In der Jugend haͤngen die Maͤnner von den Blicken, von dem Laͤcheln der Weiber ab: ſie ſuchen zu gefallen und for- men ſich nach hingeworfenen Winken, ſie halten ſich fuͤr die Herren der Welt und laſſen ſich ei- ner Nichtswuͤrdigkeit wegen tyranniſiren. Ihre kuͤhnſten Wuͤnſche, ihre frechſten Plane ſind nur Lakayen und nachtretendes Gefolge der ſinnlichen Begierde. — Der ſtupide Bauer ſchaͤtzt ſich gluͤck- lich, wenn der vorbeyfahrende Miniſter ſeinem Gruße dankt, er glaubt einfaͤltig, es ſey ihm nur allein geſchehn, und unterlaͤßt nicht, es der ganzen Dorfſchaft zu erzaͤhlen: und der Miniſter
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mir nun auch jedes Geſicht! Keiner erreget mei-
ne Aufmerkſamkeit, weil ich ihn bis auf ſeinen
kleinſten Gedanken auswendig weiß.
Ich ſprach in einem meiner Briefe uͤber
die Weiber, — aber o Himmel! — was ſind
denn die Maͤnner? — Wenn ich die Menſchen
achten muͤßte; ſo wuͤrde ich mir doch nur die
Weiber auswaͤhlen, denn dis unbeholfene, lin-
kiſche, aufgeblaſene und kriechende Thier, das
wir Mann nennen, — o ich kenne nichts ver-
aͤchtlichers, als dieſe widerſprechende Miſchung
von Verſtand und Narrheit, Feſtigkeit und ver-
aͤnderlichem Weſen. — In der Jugend haͤngen
die Maͤnner von den Blicken, von dem Laͤcheln
der Weiber ab: ſie ſuchen zu gefallen und for-
men ſich nach hingeworfenen Winken, ſie halten
ſich fuͤr die Herren der Welt und laſſen ſich ei-
ner Nichtswuͤrdigkeit wegen tyranniſiren. Ihre
kuͤhnſten Wuͤnſche, ihre frechſten Plane ſind nur
Lakayen und nachtretendes Gefolge der ſinnlichen
Begierde. — Der ſtupide Bauer ſchaͤtzt ſich gluͤck-
lich, wenn der vorbeyfahrende Miniſter ſeinem
Gruße dankt, er glaubt einfaͤltig, es ſey ihm
nur allein geſchehn, und unterlaͤßt nicht, es der
ganzen Dorfſchaft zu erzaͤhlen: und der Miniſter
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/153>, abgerufen am 24.11.2024.
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