Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.20. Rosa an Andrea Cosimo. Tivoli. Daß meine Reise hieher eine Art von Ver- 20. Roſa an Andrea Coſimo. Tivoli. Daß meine Reiſe hieher eine Art von Ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb n="298" facs="#f0304"/> <div n="2"> <head>20.<lb/><hi rendition="#g">Roſa</hi> an <hi rendition="#g">Andrea Coſimo</hi>.</head><lb/> <dateline> <placeName> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Tivoli</hi>.</hi> </placeName> </dateline><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>aß meine Reiſe hieher eine Art von Ver-<lb/> bannung iſt, faͤllt mir immer ſchwerer auf das<lb/> Herz, je mehrere Tage ich von Rom entfernt<lb/> bin. Daß ich gerade in dieſem Zeitpunkte Dei-<lb/> nen Umgang entbehren muß! Zu einer Zeit, wo<lb/> ich mich immer mehr zu Dir hingedraͤngt fuͤhle,<lb/> wo ſich gleichſam die Fluͤgel meiner Seele von<lb/> einander falten, um mich deſto inniger an Dein<lb/> Herz zu ſchließen. Du haſt mich ſeit einiger<lb/> Zeit mit neuen Ideen und Gefuͤhlen uͤberſchuͤt-<lb/> tet und eine neue Welt hat ſich in mir eroͤff-<lb/> net, eine Schaubuͤhne, die unaufhoͤrlich mit<lb/> den wunderbarſten Scenen wechſelt. Ich be-<lb/> trachte mein Leben ſeit jenem merkwuͤrdigen<lb/> Abende als ein neues, es hat ſich mir ein<lb/> Weg zu deiner Seele gebahnt, den ich weiter<lb/> zu verfolgen brenne. Aber warum verwirfſt Du<lb/> mich und wuͤrdigſt mich nicht Deines fernern<lb/> Vertrauens? Darf ich den Argwohn ſchoͤpfen,<lb/> daß Du Dich dem jugendlichen Lovell inniger<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [298/0304]
20.
Roſa an Andrea Coſimo.
Tivoli.
Daß meine Reiſe hieher eine Art von Ver-
bannung iſt, faͤllt mir immer ſchwerer auf das
Herz, je mehrere Tage ich von Rom entfernt
bin. Daß ich gerade in dieſem Zeitpunkte Dei-
nen Umgang entbehren muß! Zu einer Zeit, wo
ich mich immer mehr zu Dir hingedraͤngt fuͤhle,
wo ſich gleichſam die Fluͤgel meiner Seele von
einander falten, um mich deſto inniger an Dein
Herz zu ſchließen. Du haſt mich ſeit einiger
Zeit mit neuen Ideen und Gefuͤhlen uͤberſchuͤt-
tet und eine neue Welt hat ſich in mir eroͤff-
net, eine Schaubuͤhne, die unaufhoͤrlich mit
den wunderbarſten Scenen wechſelt. Ich be-
trachte mein Leben ſeit jenem merkwuͤrdigen
Abende als ein neues, es hat ſich mir ein
Weg zu deiner Seele gebahnt, den ich weiter
zu verfolgen brenne. Aber warum verwirfſt Du
mich und wuͤrdigſt mich nicht Deines fernern
Vertrauens? Darf ich den Argwohn ſchoͤpfen,
daß Du Dich dem jugendlichen Lovell inniger
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/304>, abgerufen am 03.03.2025. |