Gottlob, Bruder, der Tag der Erlösung ist nun endlich da. Ach, mir ist recht froh und leicht, fast so, wie wenn ich manchmal von ei- nem recht schlimmen Traume aufwache, und mich im warmen sichern Bette wieder finde; ich kann nun doch endlich nach England zurück rei- sen. Ein Franzose, ein Bekannter meines Herrn, auch so einer von den Herzensfreunden, reis't nach England; je nun, er ist immer noch gut genug, daß ich mit ihm reisen kann, und doch nun meinen lieben Bruder wiedersehe. Ich hät- te auch hier das gotteslästerliche Leben nicht mehr aushalten können, das kannst Du mir glauben, lieber Thomas; ich war hier ganz, wie unter Heyden und Türken gerathen, und hatte keinen einzigen frohen Augenblick. Mein Herr ist verlohren, der böse Feind hat ihn gänzlich und ganz und gar eingenommen: lauter Unglück hat er angestiftet. Da ist hier ein armes, blut- armes und unschuldiges Kind, ein hübsches
56. Willy an ſeinen Bruder Thomas.
Rom.
Gottlob, Bruder, der Tag der Erloͤſung iſt nun endlich da. Ach, mir iſt recht froh und leicht, faſt ſo, wie wenn ich manchmal von ei- nem recht ſchlimmen Traume aufwache, und mich im warmen ſichern Bette wieder finde; ich kann nun doch endlich nach England zuruͤck rei- ſen. Ein Franzoſe, ein Bekannter meines Herrn, auch ſo einer von den Herzensfreunden, reiſ’t nach England; je nun, er iſt immer noch gut genug, daß ich mit ihm reiſen kann, und doch nun meinen lieben Bruder wiederſehe. Ich haͤt- te auch hier das gotteslaͤſterliche Leben nicht mehr aushalten koͤnnen, das kannſt Du mir glauben, lieber Thomas; ich war hier ganz, wie unter Heyden und Tuͤrken gerathen, und hatte keinen einzigen frohen Augenblick. Mein Herr iſt verlohren, der boͤſe Feind hat ihn gaͤnzlich und ganz und gar eingenommen: lauter Ungluͤck hat er angeſtiftet. Da iſt hier ein armes, blut- armes und unſchuldiges Kind, ein huͤbſches
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56.
Willy an ſeinen Bruder Thomas.
Rom.
Gottlob, Bruder, der Tag der Erloͤſung iſt
nun endlich da. Ach, mir iſt recht froh und
leicht, faſt ſo, wie wenn ich manchmal von ei-
nem recht ſchlimmen Traume aufwache, und
mich im warmen ſichern Bette wieder finde; ich
kann nun doch endlich nach England zuruͤck rei-
ſen. Ein Franzoſe, ein Bekannter meines Herrn,
auch ſo einer von den Herzensfreunden, reiſ’t
nach England; je nun, er iſt immer noch gut
genug, daß ich mit ihm reiſen kann, und doch
nun meinen lieben Bruder wiederſehe. Ich haͤt-
te auch hier das gotteslaͤſterliche Leben nicht
mehr aushalten koͤnnen, das kannſt Du mir
glauben, lieber Thomas; ich war hier ganz, wie
unter Heyden und Tuͤrken gerathen, und hatte
keinen einzigen frohen Augenblick. Mein Herr
iſt verlohren, der boͤſe Feind hat ihn gaͤnzlich
und ganz und gar eingenommen: lauter Ungluͤck
hat er angeſtiftet. Da iſt hier ein armes, blut-
armes und unſchuldiges Kind, ein huͤbſches
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/204>, abgerufen am 27.11.2024.
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