Lucindes blaues Auge weint, Er dankt mit heißem Kuß, Und sieh! die Liebenden vereint Ein rascher Thränenguß.
Ach nein, Du bist mir nicht verwandt, Dennoch erbarm ich mich, Und bist Du gleich aus fremden Land', So lieb ich dennoch Dich.
Die Liebe kennt nicht Vaterland, Sie macht uns alle gleich. Ein jedes Herz ist ihr verwandt, Sie macht den Bettler reich!
Ich habe schon oft versucht, statt Lucinde Rosaline zu singen, allein es will nicht in den Takt passen, und das thut mir sehr leid. -- Wir wollen heut Abend einmal versuchen, ob wir das Lied nicht noch ein wenig abändern können. Du mußt mir helfen, denn Du weißt ja damit Bescheid. Ich lese Deine Verse alle Tage, und versteh sie jedesmal etwas besser. -- O ich bin in manchen Stunden ordentlich stolz auf Dich, und daß Du unter den tausend, tau[-] send Mädchen grade mich nur einzig und allein liebst. Und doch wieder nicht stolz, nur so froh,
Lucindes blaues Auge weint, Er dankt mit heißem Kuß, Und ſieh! die Liebenden vereint Ein raſcher Thraͤnenguß.
Ach nein, Du biſt mir nicht verwandt, Dennoch erbarm ich mich, Und biſt Du gleich aus fremden Land’, So lieb ich dennoch Dich.
Die Liebe kennt nicht Vaterland, Sie macht uns alle gleich. Ein jedes Herz iſt ihr verwandt, Sie macht den Bettler reich!
Ich habe ſchon oft verſucht, ſtatt Lucinde Roſaline zu ſingen, allein es will nicht in den Takt paſſen, und das thut mir ſehr leid. — Wir wollen heut Abend einmal verſuchen, ob wir das Lied nicht noch ein wenig abaͤndern koͤnnen. Du mußt mir helfen, denn Du weißt ja damit Beſcheid. Ich leſe Deine Verſe alle Tage, und verſteh ſie jedesmal etwas beſſer. — O ich bin in manchen Stunden ordentlich ſtolz auf Dich, und daß Du unter den tauſend, tau[-] ſend Maͤdchen grade mich nur einzig und allein liebſt. Und doch wieder nicht ſtolz, nur ſo froh,
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Lucindes blaues Auge weint,
Er dankt mit heißem Kuß,
Und ſieh! die Liebenden vereint
Ein raſcher Thraͤnenguß.
Ach nein, Du biſt mir nicht verwandt,
Dennoch erbarm ich mich,
Und biſt Du gleich aus fremden Land’,
So lieb ich dennoch Dich.
Die Liebe kennt nicht Vaterland,
Sie macht uns alle gleich.
Ein jedes Herz iſt ihr verwandt,
Sie macht den Bettler reich!
Ich habe ſchon oft verſucht, ſtatt Lucinde
Roſaline zu ſingen, allein es will nicht in den
Takt paſſen, und das thut mir ſehr leid. —
Wir wollen heut Abend einmal verſuchen, ob
wir das Lied nicht noch ein wenig abaͤndern
koͤnnen. Du mußt mir helfen, denn Du weißt
ja damit Beſcheid. Ich leſe Deine Verſe alle
Tage, und verſteh ſie jedesmal etwas beſſer. —
O ich bin in manchen Stunden ordentlich ſtolz
auf Dich, und daß Du unter den tauſend, tau-
ſend Maͤdchen grade mich nur einzig und allein
liebſt. Und doch wieder nicht ſtolz, nur ſo froh,
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/176>, abgerufen am 24.11.2024.
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