Nein, Liebe, sprich nicht wieder von ihm, denn sein Nahme geht mir immer wie ein Dolch- stoß durch's Herz. Ich hoffe immer noch, daß er nie wieder zurück kommen wird; wer weiß was ihm begegnet ist, da er gar keine Nach- richten von sich giebt. -- Thut es mir nicht selber weh, daß ich so oft von Deiner Seite muß? Du hättest mich aber gewiß getroffen, wenn ich daran gedacht hätte, daß Du kommen könntest.
O Rosaline, laß die Gesänge, die den kran- ken Rest meines Herzens zerschmelzen, und mei- ne Seele ganz mit sich nehmen. Leb' ich nicht schon ganz bey Dir, nur allein in Deiner Ge- genwart? Keine Arbeit will mir jetzt von der Hand gehn, da ich immer nach der Gegend hin- sehe, in welcher Dein Haus steht. -- Ach, wenn Du mich doch so lieben könntest, wie ich Dich liebe! o Rosaline, welche Aussicht würde sich mir eröffnen! -- O ja, ja, singe das Lied- chen, wenn es so wie auf mich gemacht ist,
36. Anthonio an Roſaline.
Nein, Liebe, ſprich nicht wieder von ihm, denn ſein Nahme geht mir immer wie ein Dolch- ſtoß durch’s Herz. Ich hoffe immer noch, daß er nie wieder zuruͤck kommen wird; wer weiß was ihm begegnet iſt, da er gar keine Nach- richten von ſich giebt. — Thut es mir nicht ſelber weh, daß ich ſo oft von Deiner Seite muß? Du haͤtteſt mich aber gewiß getroffen, wenn ich daran gedacht haͤtte, daß Du kommen koͤnnteſt.
O Roſaline, laß die Geſaͤnge, die den kran- ken Reſt meines Herzens zerſchmelzen, und mei- ne Seele ganz mit ſich nehmen. Leb’ ich nicht ſchon ganz bey Dir, nur allein in Deiner Ge- genwart? Keine Arbeit will mir jetzt von der Hand gehn, da ich immer nach der Gegend hin- ſehe, in welcher Dein Haus ſteht. — Ach, wenn Du mich doch ſo lieben koͤnnteſt, wie ich Dich liebe! o Roſaline, welche Ausſicht wuͤrde ſich mir eroͤffnen! — O ja, ja, ſinge das Lied- chen, wenn es ſo wie auf mich gemacht iſt,
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0157"n="151"/><divn="2"><head>36.<lb/><hirendition="#g">Anthonio</hi> an <hirendition="#g">Roſaline</hi>.</head><lb/><p><hirendition="#in">N</hi>ein, Liebe, ſprich nicht wieder von ihm,<lb/>
denn ſein Nahme geht mir immer wie ein Dolch-<lb/>ſtoß durch’s Herz. Ich hoffe immer noch, daß<lb/>
er nie wieder zuruͤck kommen wird; wer weiß<lb/>
was ihm begegnet iſt, da er gar keine Nach-<lb/>
richten von ſich giebt. — Thut es mir nicht<lb/>ſelber weh, daß ich ſo oft von Deiner Seite<lb/>
muß? Du haͤtteſt mich aber gewiß getroffen,<lb/>
wenn ich daran gedacht haͤtte, daß Du kommen<lb/>
koͤnnteſt.</p><lb/><p>O Roſaline, laß die Geſaͤnge, die den kran-<lb/>
ken Reſt meines Herzens zerſchmelzen, und mei-<lb/>
ne Seele ganz mit ſich nehmen. Leb’ ich nicht<lb/>ſchon ganz bey Dir, nur allein in Deiner Ge-<lb/>
genwart? Keine Arbeit will mir jetzt von der<lb/>
Hand gehn, da ich immer nach der Gegend hin-<lb/>ſehe, in welcher Dein Haus ſteht. — Ach,<lb/>
wenn Du mich doch ſo lieben koͤnnteſt, wie ich<lb/>
Dich liebe! o Roſaline, welche Ausſicht wuͤrde<lb/>ſich mir eroͤffnen! — O ja, ja, ſinge das Lied-<lb/>
chen, wenn es ſo wie auf mich gemacht iſt,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[151/0157]
36.
Anthonio an Roſaline.
Nein, Liebe, ſprich nicht wieder von ihm,
denn ſein Nahme geht mir immer wie ein Dolch-
ſtoß durch’s Herz. Ich hoffe immer noch, daß
er nie wieder zuruͤck kommen wird; wer weiß
was ihm begegnet iſt, da er gar keine Nach-
richten von ſich giebt. — Thut es mir nicht
ſelber weh, daß ich ſo oft von Deiner Seite
muß? Du haͤtteſt mich aber gewiß getroffen,
wenn ich daran gedacht haͤtte, daß Du kommen
koͤnnteſt.
O Roſaline, laß die Geſaͤnge, die den kran-
ken Reſt meines Herzens zerſchmelzen, und mei-
ne Seele ganz mit ſich nehmen. Leb’ ich nicht
ſchon ganz bey Dir, nur allein in Deiner Ge-
genwart? Keine Arbeit will mir jetzt von der
Hand gehn, da ich immer nach der Gegend hin-
ſehe, in welcher Dein Haus ſteht. — Ach,
wenn Du mich doch ſo lieben koͤnnteſt, wie ich
Dich liebe! o Roſaline, welche Ausſicht wuͤrde
ſich mir eroͤffnen! — O ja, ja, ſinge das Lied-
chen, wenn es ſo wie auf mich gemacht iſt,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/157>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.