daran, daß die höchste Seligkeit hier in einer seitwärts gelegenen Hütte wohnt. Mittags und Abends ess' ich bey Rosalinen, das haben wir gleich am zweyten Tage mit einander richtig ge- macht; wir sparen, wie die Alte bemerkte, bei- de dabey. -- Ach, Rosa, wie wenig braucht der Mensch, um glücklich zu seyn! Ich gebe, seit- dem ich hier wohne, nicht den hundertsten Theil von meinem Gelde aus, und bin froh. -- Dar- an denkt man so selten in jenem Taumel; -- aber wie viel gehört auch wieder zum Glücke! -- Würd' ich diese dumpfe Eingeschränktheit ertra- gen, wenn mir Rosaline nicht diese Hütte zum Pallaste machte? O jetzt versteh' ich erst diesen so oft gebeauchten und gemißbrauchten Ausdruck.
Es thut mir leid, wenn ich fortgehen muß, um zu thun, als wenn ich irgendwo arbeitete. Einmal habe ich schon auf den einsamen Spatzier- gängen, die ich dann mache, die Alte getroffen, die in einem Korbe dürre Reiser sammlete. Ich muß mich also in Acht nehmen, und ich kleide mich daher oft bey Willy um, und schleiche mich nach der Stadt.
Mir ist alles dürre und unangenehm, jedes Gesicht widrig. Und warum liebt sie mich nicht
daran, daß die hoͤchſte Seligkeit hier in einer ſeitwaͤrts gelegenen Huͤtte wohnt. Mittags und Abends eſſ’ ich bey Roſalinen, das haben wir gleich am zweyten Tage mit einander richtig ge- macht; wir ſparen, wie die Alte bemerkte, bei- de dabey. — Ach, Roſa, wie wenig braucht der Menſch, um gluͤcklich zu ſeyn! Ich gebe, ſeit- dem ich hier wohne, nicht den hundertſten Theil von meinem Gelde aus, und bin froh. — Dar- an denkt man ſo ſelten in jenem Taumel; — aber wie viel gehoͤrt auch wieder zum Gluͤcke! — Wuͤrd’ ich dieſe dumpfe Eingeſchraͤnktheit ertra- gen, wenn mir Roſaline nicht dieſe Huͤtte zum Pallaſte machte? O jetzt verſteh’ ich erſt dieſen ſo oft gebeauchten und gemißbrauchten Ausdruck.
Es thut mir leid, wenn ich fortgehen muß, um zu thun, als wenn ich irgendwo arbeitete. Einmal habe ich ſchon auf den einſamen Spatzier- gaͤngen, die ich dann mache, die Alte getroffen, die in einem Korbe duͤrre Reiſer ſammlete. Ich muß mich alſo in Acht nehmen, und ich kleide mich daher oft bey Willy um, und ſchleiche mich nach der Stadt.
Mir iſt alles duͤrre und unangenehm, jedes Geſicht widrig. Und warum liebt ſie mich nicht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0145"n="139"/>
daran, daß die hoͤchſte Seligkeit hier in einer<lb/>ſeitwaͤrts gelegenen Huͤtte wohnt. Mittags und<lb/>
Abends eſſ’ ich bey Roſalinen, das haben wir<lb/>
gleich am zweyten Tage mit einander richtig ge-<lb/>
macht; wir ſparen, wie die Alte bemerkte, bei-<lb/>
de dabey. — Ach, Roſa, wie wenig braucht<lb/>
der Menſch, um gluͤcklich zu ſeyn! Ich gebe, ſeit-<lb/>
dem ich hier wohne, nicht den hundertſten Theil<lb/>
von meinem Gelde aus, und bin froh. — Dar-<lb/>
an denkt man ſo ſelten in jenem Taumel; —<lb/>
aber wie <hirendition="#g">viel</hi> gehoͤrt auch wieder zum Gluͤcke! —<lb/>
Wuͤrd’ ich dieſe dumpfe Eingeſchraͤnktheit ertra-<lb/>
gen, wenn mir Roſaline nicht dieſe Huͤtte zum<lb/>
Pallaſte machte? O jetzt verſteh’ ich erſt dieſen<lb/>ſo oft gebeauchten und gemißbrauchten Ausdruck.</p><lb/><p>Es thut mir leid, wenn ich fortgehen muß,<lb/>
um zu thun, als wenn ich irgendwo arbeitete.<lb/>
Einmal habe ich ſchon auf den einſamen Spatzier-<lb/>
gaͤngen, die ich dann mache, die Alte getroffen,<lb/>
die in einem Korbe duͤrre Reiſer ſammlete. Ich<lb/>
muß mich alſo in Acht nehmen, und ich kleide<lb/>
mich daher oft bey Willy um, und ſchleiche<lb/>
mich nach der Stadt.</p><lb/><p>Mir iſt alles duͤrre und unangenehm, jedes<lb/>
Geſicht widrig. Und warum liebt ſie mich nicht<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[139/0145]
daran, daß die hoͤchſte Seligkeit hier in einer
ſeitwaͤrts gelegenen Huͤtte wohnt. Mittags und
Abends eſſ’ ich bey Roſalinen, das haben wir
gleich am zweyten Tage mit einander richtig ge-
macht; wir ſparen, wie die Alte bemerkte, bei-
de dabey. — Ach, Roſa, wie wenig braucht
der Menſch, um gluͤcklich zu ſeyn! Ich gebe, ſeit-
dem ich hier wohne, nicht den hundertſten Theil
von meinem Gelde aus, und bin froh. — Dar-
an denkt man ſo ſelten in jenem Taumel; —
aber wie viel gehoͤrt auch wieder zum Gluͤcke! —
Wuͤrd’ ich dieſe dumpfe Eingeſchraͤnktheit ertra-
gen, wenn mir Roſaline nicht dieſe Huͤtte zum
Pallaſte machte? O jetzt verſteh’ ich erſt dieſen
ſo oft gebeauchten und gemißbrauchten Ausdruck.
Es thut mir leid, wenn ich fortgehen muß,
um zu thun, als wenn ich irgendwo arbeitete.
Einmal habe ich ſchon auf den einſamen Spatzier-
gaͤngen, die ich dann mache, die Alte getroffen,
die in einem Korbe duͤrre Reiſer ſammlete. Ich
muß mich alſo in Acht nehmen, und ich kleide
mich daher oft bey Willy um, und ſchleiche
mich nach der Stadt.
Mir iſt alles duͤrre und unangenehm, jedes
Geſicht widrig. Und warum liebt ſie mich nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/145>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.