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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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Schönheit ist; gehen Sie mit Ihren Antiken
und Gemählden; diese lebendigen, schöngeschlun-
genen zarten Umrisse hat noch kein Mahler dar-
zustellen gewagt. -- Plötzlich sah sie auf, wie
aus einer Zerstreuung erwachend, und trat an's
Fenster. In demselben Augenblicke thaten sich
Fensterladen vor, und das Licht und die herr-
liche Scene, die es beleuchtet hatte, verschwand.

Ich fuhr wie aus einem Traume auf; wie
man im Bette nach dem Gegenstande faßt, von
dem man geträumet hat, so sah ich mich be-
täubt nach allen Seiten um, sie zu entdecken. --
Wie öde kam mir alles umher vor! Die Bäu-
me erschienen mir wie Ruinen, nur das kleine
Haus war für mich bewohnt und freundlich. --
Ich taumelte in die Stadt, und träumte die
ganze Nacht nur von dem schönen unbekannten
Mädchen.

Heute am Morgen war mein erster Weg
durch die Porta Capena. Es war mir schwer,
die Häuser zu entdecken, so verdummt war ich
gestern. Endlich fand ich sie auf. -- Aber es
war mir doch alles anders. Ein kleiner Gar-
ten, fast nicht größer, als mein Zimmer, ist
neben dem Hause mit einem bäuerischen Staket

Schoͤnheit iſt; gehen Sie mit Ihren Antiken
und Gemaͤhlden; dieſe lebendigen, ſchoͤngeſchlun-
genen zarten Umriſſe hat noch kein Mahler dar-
zuſtellen gewagt. — Ploͤtzlich ſah ſie auf, wie
aus einer Zerſtreuung erwachend, und trat an’s
Fenſter. In demſelben Augenblicke thaten ſich
Fenſterladen vor, und das Licht und die herr-
liche Scene, die es beleuchtet hatte, verſchwand.

Ich fuhr wie aus einem Traume auf; wie
man im Bette nach dem Gegenſtande faßt, von
dem man getraͤumet hat, ſo ſah ich mich be-
taͤubt nach allen Seiten um, ſie zu entdecken. —
Wie oͤde kam mir alles umher vor! Die Baͤu-
me erſchienen mir wie Ruinen, nur das kleine
Haus war fuͤr mich bewohnt und freundlich. —
Ich taumelte in die Stadt, und traͤumte die
ganze Nacht nur von dem ſchoͤnen unbekannten
Maͤdchen.

Heute am Morgen war mein erſter Weg
durch die Porta Capena. Es war mir ſchwer,
die Haͤuſer zu entdecken, ſo verdummt war ich
geſtern. Endlich fand ich ſie auf. — Aber es
war mir doch alles anders. Ein kleiner Gar-
ten, faſt nicht groͤßer, als mein Zimmer, iſt
neben dem Hauſe mit einem baͤueriſchen Staket

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[107/0113] Schoͤnheit iſt; gehen Sie mit Ihren Antiken und Gemaͤhlden; dieſe lebendigen, ſchoͤngeſchlun- genen zarten Umriſſe hat noch kein Mahler dar- zuſtellen gewagt. — Ploͤtzlich ſah ſie auf, wie aus einer Zerſtreuung erwachend, und trat an’s Fenſter. In demſelben Augenblicke thaten ſich Fenſterladen vor, und das Licht und die herr- liche Scene, die es beleuchtet hatte, verſchwand. Ich fuhr wie aus einem Traume auf; wie man im Bette nach dem Gegenſtande faßt, von dem man getraͤumet hat, ſo ſah ich mich be- taͤubt nach allen Seiten um, ſie zu entdecken. — Wie oͤde kam mir alles umher vor! Die Baͤu- me erſchienen mir wie Ruinen, nur das kleine Haus war fuͤr mich bewohnt und freundlich. — Ich taumelte in die Stadt, und traͤumte die ganze Nacht nur von dem ſchoͤnen unbekannten Maͤdchen. Heute am Morgen war mein erſter Weg durch die Porta Capena. Es war mir ſchwer, die Haͤuſer zu entdecken, ſo verdummt war ich geſtern. Endlich fand ich ſie auf. — Aber es war mir doch alles anders. Ein kleiner Gar- ten, faſt nicht groͤßer, als mein Zimmer, iſt neben dem Hauſe mit einem baͤueriſchen Staket

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/113>, abgerufen am 24.11.2024.