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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

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geschaffene Wesen, indem er am edelsten zu ge-
nießen weiß. -- Ich höre auf, nach Weisheit
zu ringen, der sich kein Sterblicher nähern kann,
-- warum läßt Sisyphus seinen boshaften
Stein nicht endlich liegen? Warum werden
die Danaiden ihrer unglückseeligen Arbeit nicht
überdrüssig? -- Warum schaffen sich Tausende
aus dieser schönen Welt freiwillig eine Hölle? --

Gönnen Sie mir diesen poetischen Enthu-
siasmus, denn in einer schönen Stunde schreibe
ich Ihnen in dem Garten, der schon oft die
Scene unsrer Freuden war. Die Luft ist durch
ein Gewitter abgekühlt, und die schwarzen Wol-
ken ziehn izt hinweg, ein schmaler Strahl
bricht aus der Dunkelheit hervor und wirft ei-
nen rothen Streif über die grüne Wiese, gol-
den stehn die Spitzen der Hügel da, wie elysäi-
sche Inseln in einem trüben Ocean, in der Fer-
ne wandelt ein Regenbogen durch den grünen
Wald, die Natur ist wieder frisch, die Wiesen
duften; nur Ihre Freundschaft fehlt dem glück-
lichen Lovell.



geſchaffene Weſen, indem er am edelſten zu ge-
nießen weiß. — Ich hoͤre auf, nach Weisheit
zu ringen, der ſich kein Sterblicher naͤhern kann,
— warum laͤßt Siſyphus ſeinen boshaften
Stein nicht endlich liegen? Warum werden
die Danaiden ihrer ungluͤckſeeligen Arbeit nicht
uͤberdruͤſſig? — Warum ſchaffen ſich Tauſende
aus dieſer ſchoͤnen Welt freiwillig eine Hoͤlle? —

Goͤnnen Sie mir dieſen poetiſchen Enthu-
ſiasmus, denn in einer ſchoͤnen Stunde ſchreibe
ich Ihnen in dem Garten, der ſchon oft die
Scene unſrer Freuden war. Die Luft iſt durch
ein Gewitter abgekuͤhlt, und die ſchwarzen Wol-
ken ziehn izt hinweg, ein ſchmaler Strahl
bricht aus der Dunkelheit hervor und wirft ei-
nen rothen Streif uͤber die gruͤne Wieſe, gol-
den ſtehn die Spitzen der Huͤgel da, wie elyſaͤi-
ſche Inſeln in einem truͤben Ocean, in der Fer-
ne wandelt ein Regenbogen durch den gruͤnen
Wald, die Natur iſt wieder friſch, die Wieſen
duften; nur Ihre Freundſchaft fehlt dem gluͤck-
lichen Lovell.



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[298[296]/0306] geſchaffene Weſen, indem er am edelſten zu ge- nießen weiß. — Ich hoͤre auf, nach Weisheit zu ringen, der ſich kein Sterblicher naͤhern kann, — warum laͤßt Siſyphus ſeinen boshaften Stein nicht endlich liegen? Warum werden die Danaiden ihrer ungluͤckſeeligen Arbeit nicht uͤberdruͤſſig? — Warum ſchaffen ſich Tauſende aus dieſer ſchoͤnen Welt freiwillig eine Hoͤlle? — Goͤnnen Sie mir dieſen poetiſchen Enthu- ſiasmus, denn in einer ſchoͤnen Stunde ſchreibe ich Ihnen in dem Garten, der ſchon oft die Scene unſrer Freuden war. Die Luft iſt durch ein Gewitter abgekuͤhlt, und die ſchwarzen Wol- ken ziehn izt hinweg, ein ſchmaler Strahl bricht aus der Dunkelheit hervor und wirft ei- nen rothen Streif uͤber die gruͤne Wieſe, gol- den ſtehn die Spitzen der Huͤgel da, wie elyſaͤi- ſche Inſeln in einem truͤben Ocean, in der Fer- ne wandelt ein Regenbogen durch den gruͤnen Wald, die Natur iſt wieder friſch, die Wieſen duften; nur Ihre Freundſchaft fehlt dem gluͤck- lichen Lovell.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 298[296]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/306>, abgerufen am 23.11.2024.