Mich freut es, daß der Ton in Deinem Brie- se noch so ziemlich munter ist, dies beweist, daß Deine Lage noch nicht so gefährlich ist, als Du sie gerne machen möchtest. Ich bin heute in großer Versuchung, sehr ernsthaft mit Dir zu sprechen, solltest Du also vielleicht bei gar zu fröhlicher Laune seyn, so lege meinen Brief so lange beiseite, bis sie vorüber ist. Doch ich weiß, daß bei Dir Lachen und Ernst seine Zeit hat, daß Du nicht zu jenen Humoristen gehörst, die nichts lieber, als den Ton ihrer eigenen Zunge hören und sich mit ihrem eigenen Ge- schwätze betäuben. -- Das Wetter wird sehr stürmisch, mir scheint es daher am vernünftig- sten, Du kömmst bald nach London zurück, denn welches Vergnügen kannst Du izt bei Deinem Herumstreifen haben?
Lovell fängt an ein nachläßiger Briefschrei- ber zu werden, er hat sehr lange nicht an Ama- lien geschrieben. Sie hat mir ihren Kummer
13. Mortimer an Karl Wilmont.
London.
Mich freut es, daß der Ton in Deinem Brie- ſe noch ſo ziemlich munter iſt, dies beweiſt, daß Deine Lage noch nicht ſo gefaͤhrlich iſt, als Du ſie gerne machen moͤchteſt. Ich bin heute in großer Verſuchung, ſehr ernſthaft mit Dir zu ſprechen, ſollteſt Du alſo vielleicht bei gar zu froͤhlicher Laune ſeyn, ſo lege meinen Brief ſo lange beiſeite, bis ſie voruͤber iſt. Doch ich weiß, daß bei Dir Lachen und Ernſt ſeine Zeit hat, daß Du nicht zu jenen Humoriſten gehoͤrſt, die nichts lieber, als den Ton ihrer eigenen Zunge hoͤren und ſich mit ihrem eigenen Ge- ſchwaͤtze betaͤuben. — Das Wetter wird ſehr ſtuͤrmiſch, mir ſcheint es daher am vernuͤnftig- ſten, Du koͤmmſt bald nach London zuruͤck, denn welches Vergnuͤgen kannſt Du izt bei Deinem Herumſtreifen haben?
Lovell faͤngt an ein nachlaͤßiger Briefſchrei- ber zu werden, er hat ſehr lange nicht an Ama- lien geſchrieben. Sie hat mir ihren Kummer
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0292"n="284[282]"/><divn="2"><head>13.<lb/>
Mortimer an Karl Wilmont.</head><lb/><dateline><hirendition="#et">London.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">M</hi>ich freut es, daß der Ton in Deinem Brie-<lb/>ſe noch ſo ziemlich munter iſt, dies beweiſt,<lb/>
daß Deine Lage noch nicht ſo gefaͤhrlich iſt, als<lb/>
Du ſie gerne machen moͤchteſt. Ich bin heute<lb/>
in großer Verſuchung, ſehr ernſthaft mit Dir<lb/>
zu ſprechen, ſollteſt Du alſo vielleicht bei gar<lb/>
zu froͤhlicher Laune ſeyn, ſo lege meinen Brief<lb/>ſo lange beiſeite, bis ſie voruͤber iſt. Doch ich<lb/>
weiß, daß bei Dir Lachen und Ernſt ſeine Zeit<lb/>
hat, daß Du nicht zu jenen Humoriſten gehoͤrſt,<lb/>
die nichts lieber, als den Ton ihrer eigenen<lb/>
Zunge hoͤren und ſich mit ihrem eigenen Ge-<lb/>ſchwaͤtze betaͤuben. — Das Wetter wird ſehr<lb/>ſtuͤrmiſch, mir ſcheint es daher am vernuͤnftig-<lb/>ſten, Du koͤmmſt bald nach London zuruͤck, denn<lb/>
welches Vergnuͤgen kannſt Du izt bei Deinem<lb/>
Herumſtreifen haben?</p><lb/><p>Lovell faͤngt an ein nachlaͤßiger Briefſchrei-<lb/>
ber zu werden, er hat ſehr lange nicht an Ama-<lb/>
lien geſchrieben. Sie hat mir ihren Kummer<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[284[282]/0292]
13.
Mortimer an Karl Wilmont.
London.
Mich freut es, daß der Ton in Deinem Brie-
ſe noch ſo ziemlich munter iſt, dies beweiſt,
daß Deine Lage noch nicht ſo gefaͤhrlich iſt, als
Du ſie gerne machen moͤchteſt. Ich bin heute
in großer Verſuchung, ſehr ernſthaft mit Dir
zu ſprechen, ſollteſt Du alſo vielleicht bei gar
zu froͤhlicher Laune ſeyn, ſo lege meinen Brief
ſo lange beiſeite, bis ſie voruͤber iſt. Doch ich
weiß, daß bei Dir Lachen und Ernſt ſeine Zeit
hat, daß Du nicht zu jenen Humoriſten gehoͤrſt,
die nichts lieber, als den Ton ihrer eigenen
Zunge hoͤren und ſich mit ihrem eigenen Ge-
ſchwaͤtze betaͤuben. — Das Wetter wird ſehr
ſtuͤrmiſch, mir ſcheint es daher am vernuͤnftig-
ſten, Du koͤmmſt bald nach London zuruͤck, denn
welches Vergnuͤgen kannſt Du izt bei Deinem
Herumſtreifen haben?
Lovell faͤngt an ein nachlaͤßiger Briefſchrei-
ber zu werden, er hat ſehr lange nicht an Ama-
lien geſchrieben. Sie hat mir ihren Kummer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 284[282]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/292>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.