mann in manchen dunkeln Regionen. Balder zieht sich oft ganz von uns zurück, er träumt gern für sich in der Einsamkeit, meine Besorg- niß für ihn nimmt mit jedem Tage zu, denn er ist sich oft selbst nicht ähnlich, so zerstreut, so einem Wahnsinnigen ähnlich wird er zuweilen. Neulich war das Wetter schöner, als es ge- wöhnlich um diese Jahrszeit zu seyn pflegt, wir gingen im Felde spatzieren und ich suchte ihn auf die Schönheiten der Natur aufmerksam zu machen, aber er brütete düster in sich selber ge- kehrt. -- Worüber denkst du, fragte ich ihn dringend; du bist seit einiger Zeit verschlossen, du hast Geheimnisse vor deinem Freunde, gegen den du sonst immer so offenherzig warst. -- Was fehlt Dir?
Nichts, antwortete er kalt und ging in sei- nem Tiefsinne weiter.
Sieh die reizende Schöpfung umher, redete ich ihn wieder an, sieh wie sich die ganze Na- tur freut und glücklich ist! --
Balder. Und alles stirbt und verwes't; -- vergissest du, daß wir über die Leichen von Millionen mannichfaltiger Geschöpfe gehn, -- daß die Pracht der Natur ihren Stoff aus dem
mann in manchen dunkeln Regionen. Balder zieht ſich oft ganz von uns zuruͤck, er traͤumt gern fuͤr ſich in der Einſamkeit, meine Beſorg- niß fuͤr ihn nimmt mit jedem Tage zu, denn er iſt ſich oft ſelbſt nicht aͤhnlich, ſo zerſtreut, ſo einem Wahnſinnigen aͤhnlich wird er zuweilen. Neulich war das Wetter ſchoͤner, als es ge- woͤhnlich um dieſe Jahrszeit zu ſeyn pflegt, wir gingen im Felde ſpatzieren und ich ſuchte ihn auf die Schoͤnheiten der Natur aufmerkſam zu machen, aber er bruͤtete duͤſter in ſich ſelber ge- kehrt. — Woruͤber denkſt du, fragte ich ihn dringend; du biſt ſeit einiger Zeit verſchloſſen, du haſt Geheimniſſe vor deinem Freunde, gegen den du ſonſt immer ſo offenherzig warſt. — Was fehlt Dir?
Nichts, antwortete er kalt und ging in ſei- nem Tiefſinne weiter.
Sieh die reizende Schoͤpfung umher, redete ich ihn wieder an, ſieh wie ſich die ganze Na- tur freut und gluͤcklich iſt! —
Balder. Und alles ſtirbt und verweſ’t; — vergiſſeſt du, daß wir uͤber die Leichen von Millionen mannichfaltiger Geſchoͤpfe gehn, — daß die Pracht der Natur ihren Stoff aus dem
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[264[262]/0272]
mann in manchen dunkeln Regionen. Balder
zieht ſich oft ganz von uns zuruͤck, er traͤumt
gern fuͤr ſich in der Einſamkeit, meine Beſorg-
niß fuͤr ihn nimmt mit jedem Tage zu, denn er
iſt ſich oft ſelbſt nicht aͤhnlich, ſo zerſtreut, ſo
einem Wahnſinnigen aͤhnlich wird er zuweilen.
Neulich war das Wetter ſchoͤner, als es ge-
woͤhnlich um dieſe Jahrszeit zu ſeyn pflegt, wir
gingen im Felde ſpatzieren und ich ſuchte ihn
auf die Schoͤnheiten der Natur aufmerkſam zu
machen, aber er bruͤtete duͤſter in ſich ſelber ge-
kehrt. — Woruͤber denkſt du, fragte ich ihn
dringend; du biſt ſeit einiger Zeit verſchloſſen,
du haſt Geheimniſſe vor deinem Freunde, gegen
den du ſonſt immer ſo offenherzig warſt. —
Was fehlt Dir?
Nichts, antwortete er kalt und ging in ſei-
nem Tiefſinne weiter.
Sieh die reizende Schoͤpfung umher, redete
ich ihn wieder an, ſieh wie ſich die ganze Na-
tur freut und gluͤcklich iſt! —
Balder. Und alles ſtirbt und verweſ’t; —
vergiſſeſt du, daß wir uͤber die Leichen von
Millionen mannichfaltiger Geſchoͤpfe gehn, —
daß die Pracht der Natur ihren Stoff aus dem
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 264[262]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/272>, abgerufen am 25.11.2024.
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