Meine Zeit wird itzt durch mancherlei Ge- schäfte, besonders durch den unangenehmen Pro- zeß mit Burton beschränkt, ich kann Dir da- her nicht so oft schreiben, als ich wünsche. -- Deine Briefe sind ein Beweis, daß Du froh und glücklich lebst, ich bin also Deinetwegen nur wenig besorgt, vorzüglich, da ich weiß, wel- chen Gefährten Du an Rosa hast. Morti- mer besucht mich oft und wir sprechen jedes- mahl von Dir; ich hoffe schon mit Sehnsucht auf Deine Rückkehr. -- Die Gluth Deiner ju- gendlichen Phantasie kühlt sich itzt vielleicht etwas ab, Deine Sucht zu übertreiben verliehrt sich vielleicht, es ist mir wahrscheinlich, daß sich Deine Menschenkenntniß erweitert und Du itzt über Charaktere, die Dir aufstoßen, ein richtige- res Urtheil fällst; aber ich will darum doch, soviel es meine Zeit erlaubt, ein Versprechen erfüllen, das ich Dir in einem neulichen Briefe that, Dir nehmlich kurz einige Scenen meines Lebens
10. Walter Lovell an ſeinen Sohn William.
London.
Meine Zeit wird itzt durch mancherlei Ge- ſchaͤfte, beſonders durch den unangenehmen Pro- zeß mit Burton beſchraͤnkt, ich kann Dir da- her nicht ſo oft ſchreiben, als ich wuͤnſche. — Deine Briefe ſind ein Beweis, daß Du froh und gluͤcklich lebſt, ich bin alſo Deinetwegen nur wenig beſorgt, vorzuͤglich, da ich weiß, wel- chen Gefaͤhrten Du an Roſa haſt. Morti- mer beſucht mich oft und wir ſprechen jedes- mahl von Dir; ich hoffe ſchon mit Sehnſucht auf Deine Ruͤckkehr. — Die Gluth Deiner ju- gendlichen Phantaſie kuͤhlt ſich itzt vielleicht etwas ab, Deine Sucht zu uͤbertreiben verliehrt ſich vielleicht, es iſt mir wahrſcheinlich, daß ſich Deine Menſchenkenntniß erweitert und Du itzt uͤber Charaktere, die Dir aufſtoßen, ein richtige- res Urtheil faͤllſt; aber ich will darum doch, ſoviel es meine Zeit erlaubt, ein Verſprechen erfuͤllen, das ich Dir in einem neulichen Briefe that, Dir nehmlich kurz einige Scenen meines Lebens
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[245[243]/0253]
10.
Walter Lovell an ſeinen Sohn William.
London.
Meine Zeit wird itzt durch mancherlei Ge-
ſchaͤfte, beſonders durch den unangenehmen Pro-
zeß mit Burton beſchraͤnkt, ich kann Dir da-
her nicht ſo oft ſchreiben, als ich wuͤnſche. —
Deine Briefe ſind ein Beweis, daß Du froh
und gluͤcklich lebſt, ich bin alſo Deinetwegen
nur wenig beſorgt, vorzuͤglich, da ich weiß, wel-
chen Gefaͤhrten Du an Roſa haſt. Morti-
mer beſucht mich oft und wir ſprechen jedes-
mahl von Dir; ich hoffe ſchon mit Sehnſucht
auf Deine Ruͤckkehr. — Die Gluth Deiner ju-
gendlichen Phantaſie kuͤhlt ſich itzt vielleicht
etwas ab, Deine Sucht zu uͤbertreiben verliehrt
ſich vielleicht, es iſt mir wahrſcheinlich, daß ſich
Deine Menſchenkenntniß erweitert und Du itzt
uͤber Charaktere, die Dir aufſtoßen, ein richtige-
res Urtheil faͤllſt; aber ich will darum doch, ſoviel
es meine Zeit erlaubt, ein Verſprechen erfuͤllen,
das ich Dir in einem neulichen Briefe that,
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 245[243]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/253>, abgerufen am 22.11.2024.
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