In schwerer Dumpfheit tief versunken Lag um mich her die leere Nacht: Da grüßte mich ein goldner Funken, -- Ha! rief ich thöricht wonnetrunken, Dort flammt mir Phöbus Götterpracht!
Doch alle Ketten sind gesprungen, -- Aus Osten sprüht ein Feuerglanz. Der große Kampf ist ausgerungen, Mir ist der größte Sieg gelungen, -- Herakles trägt den Götterkranz! --
Ha, mögen nun mit Feuerschwingen Sich Blitze dicht an Blitze reihn, Mag Donner hinter Donner springen, Ich will mit Tod und Schicksal ringen, Bleibt sie, bleibt sie nur ewig mein! --
Am folgenden Morgen.
Ich erwache, -- und erschrecke, Balder, in- dem ich dies noch einmahl überlese. -- Wie ein Schwindel befällt mich die Erinnerung an gestern, -- Amaliens Andenken kömmt in der ganzen Heiligkeit der Unschuld auf mich zu, mit herzdurchschneidender Wehmuth, -- o Bal- der, ich möchte vor mir selber entfliehen. -- Was ist die Stärke des Menschen? -- Ich bin ein Elender. -- Tröste mich, wenn Du kannst. --
In ſchwerer Dumpfheit tief verſunken Lag um mich her die leere Nacht: Da grüßte mich ein goldner Funken, — Ha! rief ich thöricht wonnetrunken, Dort flammt mir Phöbus Götterpracht!
Doch alle Ketten ſind geſprungen, — Aus Oſten ſprüht ein Feuerglanz. Der große Kampf iſt ausgerungen, Mir iſt der größte Sieg gelungen, — Herakles trägt den Götterkranz! —
Ha, mögen nun mit Feuerſchwingen Sich Blitze dicht an Blitze reihn, Mag Donner hinter Donner ſpringen, Ich will mit Tod und Schickſal ringen, Bleibt ſie, bleibt ſie nur ewig mein! —
Am folgenden Morgen.
Ich erwache, — und erſchrecke, Balder, in- dem ich dies noch einmahl uͤberleſe. — Wie ein Schwindel befaͤllt mich die Erinnerung an geſtern, — Amaliens Andenken koͤmmt in der ganzen Heiligkeit der Unſchuld auf mich zu, mit herzdurchſchneidender Wehmuth, — o Bal- der, ich moͤchte vor mir ſelber entfliehen. — Was iſt die Staͤrke des Menſchen? — Ich bin ein Elender. — Troͤſte mich, wenn Du kannſt. —
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In ſchwerer Dumpfheit tief verſunken
Lag um mich her die leere Nacht:
Da grüßte mich ein goldner Funken, —
Ha! rief ich thöricht wonnetrunken,
Dort flammt mir Phöbus Götterpracht!
Doch alle Ketten ſind geſprungen, —
Aus Oſten ſprüht ein Feuerglanz.
Der große Kampf iſt ausgerungen,
Mir iſt der größte Sieg gelungen, —
Herakles trägt den Götterkranz! —
Ha, mögen nun mit Feuerſchwingen
Sich Blitze dicht an Blitze reihn,
Mag Donner hinter Donner ſpringen,
Ich will mit Tod und Schickſal ringen,
Bleibt ſie, bleibt ſie nur ewig mein! —
Am folgenden Morgen.
Ich erwache, — und erſchrecke, Balder, in-
dem ich dies noch einmahl uͤberleſe. — Wie
ein Schwindel befaͤllt mich die Erinnerung an
geſtern, — Amaliens Andenken koͤmmt in der
ganzen Heiligkeit der Unſchuld auf mich zu,
mit herzdurchſchneidender Wehmuth, — o Bal-
der, ich moͤchte vor mir ſelber entfliehen. —
Was iſt die Staͤrke des Menſchen? — Ich
bin ein Elender. — Troͤſte mich, wenn Du
kannſt. —
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 170[168]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/178>, abgerufen am 24.11.2024.
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