Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.Hätt' ich doch Deinen Brief zerrissen, eh' Ertrage übrigens die Launen des Freundes, Haͤtt’ ich doch Deinen Brief zerriſſen, eh’ Ertrage uͤbrigens die Launen des Freundes, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0159" n="151[149]"/> <p>Haͤtt’ ich doch Deinen Brief zerriſſen, eh’<lb/> ich ihn las. Schwachheit an jedem Menſchen<lb/> macht uns traurig, am Freunde ſchmerzt ſie<lb/> doppelt. Warum verſiegelt der Menſch ſeine<lb/> Treue durch Schwuͤre? Beim Feuer der er-<lb/> ſten Sonne ſchmilzt das Wachs und er wird<lb/> zum Verraͤther an ſeinem Verſprechen; ich will<lb/> um Amaliens Gluͤck hoffen, daß ſie Dich eben<lb/> ſo wenig ernſthaft liebt. —</p><lb/> <p>Ertrage uͤbrigens die Launen des Freundes,<lb/> ſo wie ich die Deinigen ertragen will und ge-<lb/> wiß noch oft ertragen werde. — Lebe wohl.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [151[149]/0159]
Haͤtt’ ich doch Deinen Brief zerriſſen, eh’
ich ihn las. Schwachheit an jedem Menſchen
macht uns traurig, am Freunde ſchmerzt ſie
doppelt. Warum verſiegelt der Menſch ſeine
Treue durch Schwuͤre? Beim Feuer der er-
ſten Sonne ſchmilzt das Wachs und er wird
zum Verraͤther an ſeinem Verſprechen; ich will
um Amaliens Gluͤck hoffen, daß ſie Dich eben
ſo wenig ernſthaft liebt. —
Ertrage uͤbrigens die Launen des Freundes,
ſo wie ich die Deinigen ertragen will und ge-
wiß noch oft ertragen werde. — Lebe wohl.
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