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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

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Er küßte mir sehr feurig die Hand. --
"Comtesse!" rief er aus, -- "wollten Sie mich
nicht vergessen!"

Vergessen? seufzt' ich ganz leise. -- Meine
Rolle ward mir hier äußerst natürlich und ich
spielte sie mit einer täuschenden Leichtigkeit. Er
rührte mich etwas, denn er liebt mich wirklich.
-- Meine Hand lag von ohngefähr in der seini-
gen, ich drückte sie ganz leise, er erwiederte es
mit Heftigkeit, unsre Lippen begegneten sich. --

Ich stand auf wie erzürnt, er suchte mich zu
versöhnen. -- Wir fingen bald wieder ein melan-
cholisch empfindsames Gespräch an, und so ward
der Streit darüber vergessen. -- Als wir zur
Gesellschaft zurückkamen, stand er oft in Ge-
danken. --

Beim Abschiede drückte er auf meine Hand
einen sehr feurigen Kuß. Itzt ist in seinem
Herzen die entscheidende Epoche; indeß versprech'
ich mir über meine unbekannte Nebenbuhlerinn
den Sieg. --

Leben Sie wohl.



Er kuͤßte mir ſehr feurig die Hand. —
»Comteſſe!» rief er aus, — »wollten Sie mich
nicht vergeſſen!»

Vergeſſen? ſeufzt’ ich ganz leiſe. — Meine
Rolle ward mir hier aͤußerſt natuͤrlich und ich
ſpielte ſie mit einer taͤuſchenden Leichtigkeit. Er
ruͤhrte mich etwas, denn er liebt mich wirklich.
— Meine Hand lag von ohngefaͤhr in der ſeini-
gen, ich druͤckte ſie ganz leiſe, er erwiederte es
mit Heftigkeit, unſre Lippen begegneten ſich. —

Ich ſtand auf wie erzuͤrnt, er ſuchte mich zu
verſoͤhnen. — Wir fingen bald wieder ein melan-
choliſch empfindſames Geſpraͤch an, und ſo ward
der Streit daruͤber vergeſſen. — Als wir zur
Geſellſchaft zuruͤckkamen, ſtand er oft in Ge-
danken. —

Beim Abſchiede druͤckte er auf meine Hand
einen ſehr feurigen Kuß. Itzt iſt in ſeinem
Herzen die entſcheidende Epoche; indeß verſprech’
ich mir uͤber meine unbekannte Nebenbuhlerinn
den Sieg. —

Leben Sie wohl.



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[143[141]/0151] Er kuͤßte mir ſehr feurig die Hand. — »Comteſſe!» rief er aus, — »wollten Sie mich nicht vergeſſen!» Vergeſſen? ſeufzt’ ich ganz leiſe. — Meine Rolle ward mir hier aͤußerſt natuͤrlich und ich ſpielte ſie mit einer taͤuſchenden Leichtigkeit. Er ruͤhrte mich etwas, denn er liebt mich wirklich. — Meine Hand lag von ohngefaͤhr in der ſeini- gen, ich druͤckte ſie ganz leiſe, er erwiederte es mit Heftigkeit, unſre Lippen begegneten ſich. — Ich ſtand auf wie erzuͤrnt, er ſuchte mich zu verſoͤhnen. — Wir fingen bald wieder ein melan- choliſch empfindſames Geſpraͤch an, und ſo ward der Streit daruͤber vergeſſen. — Als wir zur Geſellſchaft zuruͤckkamen, ſtand er oft in Ge- danken. — Beim Abſchiede druͤckte er auf meine Hand einen ſehr feurigen Kuß. Itzt iſt in ſeinem Herzen die entſcheidende Epoche; indeß verſprech’ ich mir uͤber meine unbekannte Nebenbuhlerinn den Sieg. — Leben Sie wohl.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 143[141]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/151>, abgerufen am 22.11.2024.