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Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Was! rief der Alte mit der größten Ungeduld, seid Ihr rasend, Patron? Einem Menschen, der den Nachlaß seines Vaters, die kostbarsten Bilder, verkauft und verschleudert hat? Und wenn Ihr ein Millionär wäret, ein so gefühlloser Mensch erhielte sie niemals! Ei, da würde es nach meinem Tode, vielleicht schon während meinen letzten Tagen, an ein herrliches Ausbieten meiner Schätze gehen, da würden die Bilder in alle vier Ecken der Welt fliegen, daß ich keine Ruhe in meinem Grabe hätte. Klug ist er aber, der saubre Herr. Macht mich erst recht treuherzig, bringt mir mit herrlicher Großmuth ein altes Schuldblatt seines Vaters, das er mir noch bezahlen will, kirrt mich in die Rührung hinein, damit ich nur noch großmüthiger, noch edler und heroischer werden und ihm meine Tochter an den Hals werfen soll. Nein nein, mein junger Herr, so leicht hat Er das Spiel bei mir nicht gewonnen. Die Schuld ist kassirt, ich finde keine Spur davon in meinen Büchern, und selbst, wie ich schon sagte, wenn es wäre. Auch will ich Ihm helfen, wie ich versprach, mit Rath und That, mit Freundschaft und Geld, so viel Er nur billigerweise verlangen kann. Aber mein Kind lass' Er mir aus dem Spiele, und darum verbitt' ich mir in Zukunft Seine Gegenwart in meinem Hause. Auch mag sie Ihn gar nicht, so wie ich sie kenne. Sprich, Sophie, wärst du wohl im Stande, dich mit einem solchen Thunichtgut einzulassen?

Ich mag gar noch nicht heirathen, sagte Sophie,

Was! rief der Alte mit der größten Ungeduld, seid Ihr rasend, Patron? Einem Menschen, der den Nachlaß seines Vaters, die kostbarsten Bilder, verkauft und verschleudert hat? Und wenn Ihr ein Millionär wäret, ein so gefühlloser Mensch erhielte sie niemals! Ei, da würde es nach meinem Tode, vielleicht schon während meinen letzten Tagen, an ein herrliches Ausbieten meiner Schätze gehen, da würden die Bilder in alle vier Ecken der Welt fliegen, daß ich keine Ruhe in meinem Grabe hätte. Klug ist er aber, der saubre Herr. Macht mich erst recht treuherzig, bringt mir mit herrlicher Großmuth ein altes Schuldblatt seines Vaters, das er mir noch bezahlen will, kirrt mich in die Rührung hinein, damit ich nur noch großmüthiger, noch edler und heroischer werden und ihm meine Tochter an den Hals werfen soll. Nein nein, mein junger Herr, so leicht hat Er das Spiel bei mir nicht gewonnen. Die Schuld ist kassirt, ich finde keine Spur davon in meinen Büchern, und selbst, wie ich schon sagte, wenn es wäre. Auch will ich Ihm helfen, wie ich versprach, mit Rath und That, mit Freundschaft und Geld, so viel Er nur billigerweise verlangen kann. Aber mein Kind lass' Er mir aus dem Spiele, und darum verbitt' ich mir in Zukunft Seine Gegenwart in meinem Hause. Auch mag sie Ihn gar nicht, so wie ich sie kenne. Sprich, Sophie, wärst du wohl im Stande, dich mit einem solchen Thunichtgut einzulassen?

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:27:02Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:27:02Z)

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/80>, abgerufen am 30.11.2024.