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Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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dergleichen Sachen aber, lieber Herr Walther, haben Sie zu wenig. Ihre meisten Bilder sind für die Empfindung, und ich will niemals, am wenigsten von Kunstwerken, gerührt sein. Ich werde es auch nicht, sondern ich ärgere mich nur.

Noch schlimmer, fing der junge Eisenschlicht an, ist es aber in unsern Komödien. Wenn wir aus einer angenehmen Gesellschaft und von einem glänzenden Diner in den erleuchteten Saal treten: wie kann man nur verlangen, daß wir uns für das mannigfaltige Elend und den kümmerlichen Mangel interessiren sollen, der uns hier aufgetischt wird? Könnte man nicht dieselbe polizeiliche Einrichtung treffen, die schon in den meisten Städten löblicherweise angeordnet ist, daß ich ein für allemal für die Armuth etwas einlege und mich dann nicht weiter von den einzelnen Zerlumpten und Hungernden incommodiren lasse?

Bequem wäre es ohne Zweifel, sagte Eduard: ob aber durchaus zu loben, sei es als Polizei- oder Kunsteinrichtung, weiß ich noch nicht zu sagen. Ich kann mich wenigstens des Mitleids gegen den Einzelnen nicht erwehren, und mag es auch nicht, wenn man freilich oft zur Unzeit gestört, unverschämt bedrängt und zuweilen auch wohl arg betrogen wird.

Ich bin Ihrer Meinung, rief Sophie aus: ich kann die stummen, blinden Bücher nicht leiden, in die man sich einschreiben soll, um sich ruhig auf eine unsichtbare Verwaltung verlassen zu können, die dem Elende

dergleichen Sachen aber, lieber Herr Walther, haben Sie zu wenig. Ihre meisten Bilder sind für die Empfindung, und ich will niemals, am wenigsten von Kunstwerken, gerührt sein. Ich werde es auch nicht, sondern ich ärgere mich nur.

Noch schlimmer, fing der junge Eisenschlicht an, ist es aber in unsern Komödien. Wenn wir aus einer angenehmen Gesellschaft und von einem glänzenden Diner in den erleuchteten Saal treten: wie kann man nur verlangen, daß wir uns für das mannigfaltige Elend und den kümmerlichen Mangel interessiren sollen, der uns hier aufgetischt wird? Könnte man nicht dieselbe polizeiliche Einrichtung treffen, die schon in den meisten Städten löblicherweise angeordnet ist, daß ich ein für allemal für die Armuth etwas einlege und mich dann nicht weiter von den einzelnen Zerlumpten und Hungernden incommodiren lasse?

Bequem wäre es ohne Zweifel, sagte Eduard: ob aber durchaus zu loben, sei es als Polizei- oder Kunsteinrichtung, weiß ich noch nicht zu sagen. Ich kann mich wenigstens des Mitleids gegen den Einzelnen nicht erwehren, und mag es auch nicht, wenn man freilich oft zur Unzeit gestört, unverschämt bedrängt und zuweilen auch wohl arg betrogen wird.

Ich bin Ihrer Meinung, rief Sophie aus: ich kann die stummen, blinden Bücher nicht leiden, in die man sich einschreiben soll, um sich ruhig auf eine unsichtbare Verwaltung verlassen zu können, die dem Elende

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[0071] dergleichen Sachen aber, lieber Herr Walther, haben Sie zu wenig. Ihre meisten Bilder sind für die Empfindung, und ich will niemals, am wenigsten von Kunstwerken, gerührt sein. Ich werde es auch nicht, sondern ich ärgere mich nur. Noch schlimmer, fing der junge Eisenschlicht an, ist es aber in unsern Komödien. Wenn wir aus einer angenehmen Gesellschaft und von einem glänzenden Diner in den erleuchteten Saal treten: wie kann man nur verlangen, daß wir uns für das mannigfaltige Elend und den kümmerlichen Mangel interessiren sollen, der uns hier aufgetischt wird? Könnte man nicht dieselbe polizeiliche Einrichtung treffen, die schon in den meisten Städten löblicherweise angeordnet ist, daß ich ein für allemal für die Armuth etwas einlege und mich dann nicht weiter von den einzelnen Zerlumpten und Hungernden incommodiren lasse? Bequem wäre es ohne Zweifel, sagte Eduard: ob aber durchaus zu loben, sei es als Polizei- oder Kunsteinrichtung, weiß ich noch nicht zu sagen. Ich kann mich wenigstens des Mitleids gegen den Einzelnen nicht erwehren, und mag es auch nicht, wenn man freilich oft zur Unzeit gestört, unverschämt bedrängt und zuweilen auch wohl arg betrogen wird. Ich bin Ihrer Meinung, rief Sophie aus: ich kann die stummen, blinden Bücher nicht leiden, in die man sich einschreiben soll, um sich ruhig auf eine unsichtbare Verwaltung verlassen zu können, die dem Elende

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:27:02Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:27:02Z)

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/71>, abgerufen am 29.11.2024.