Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.gefunden, und sein Vater, der ein großer Kenner war, hat es schon deswegen, weil es nicht echt ist, bei Seite geschafft. Sie wollen es zum Besten kehren, alter Herr, sagte der Fremde; aber in diesem Falle wäre der junge Mensch nicht so unanständig heftig geworden. Wer ist er denn eigentlich? Sein Vater, erzählte der Alte, war ein reicher Mann, der ein großes Vermögen hinterließ; er hatte eine so starke Leidenschaft für die Kunst, wie gewiß nur wenige Menschen ihrer fähig sind. Auf diese verwandte er einen großen Theil seines Vermögens, und seine Sammlung war unvergleichlich zu nennen. Darüber aber versäumte er wohl etwas zu sehr die Erziehung dieses seines einzigen Sohnes; sowie daher der Alte starb, war der junge Mensch nur darauf bedacht, Geld auszugeben, mit Schmarotzern und schlechtem Volke Umgang zu haben, sich Mädchen und Equipagen zu halten. Als er majorenn wurde, waren ungeheure Schulden bei Wucherern und Wechsel zu bezahlen, aber er setzte seinen Stolz darein, nun noch mehr zu verschwenden; die Kunstwerke wurden verkauft, da er keinen Sinn für diese hat; ich nahm sie für billige Preise. Jetzt hat er wohl, außer dem schönen Hause, so ziemlich Alles durchgebracht, und auch auf diesem mögen Schulden lasten; Kenntnisse hat er sich schwerlich erworben, Beschäftigung ist ihm unleidlich, und so muß man mit Bedauern sehen, wie er seinem Untergänge entgegen geht. gefunden, und sein Vater, der ein großer Kenner war, hat es schon deswegen, weil es nicht echt ist, bei Seite geschafft. Sie wollen es zum Besten kehren, alter Herr, sagte der Fremde; aber in diesem Falle wäre der junge Mensch nicht so unanständig heftig geworden. Wer ist er denn eigentlich? Sein Vater, erzählte der Alte, war ein reicher Mann, der ein großes Vermögen hinterließ; er hatte eine so starke Leidenschaft für die Kunst, wie gewiß nur wenige Menschen ihrer fähig sind. Auf diese verwandte er einen großen Theil seines Vermögens, und seine Sammlung war unvergleichlich zu nennen. Darüber aber versäumte er wohl etwas zu sehr die Erziehung dieses seines einzigen Sohnes; sowie daher der Alte starb, war der junge Mensch nur darauf bedacht, Geld auszugeben, mit Schmarotzern und schlechtem Volke Umgang zu haben, sich Mädchen und Equipagen zu halten. Als er majorenn wurde, waren ungeheure Schulden bei Wucherern und Wechsel zu bezahlen, aber er setzte seinen Stolz darein, nun noch mehr zu verschwenden; die Kunstwerke wurden verkauft, da er keinen Sinn für diese hat; ich nahm sie für billige Preise. Jetzt hat er wohl, außer dem schönen Hause, so ziemlich Alles durchgebracht, und auch auf diesem mögen Schulden lasten; Kenntnisse hat er sich schwerlich erworben, Beschäftigung ist ihm unleidlich, und so muß man mit Bedauern sehen, wie er seinem Untergänge entgegen geht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0021"/> gefunden, und sein Vater, der ein großer Kenner war, hat es schon deswegen, weil es nicht echt ist, bei Seite geschafft.</p><lb/> <p>Sie wollen es zum Besten kehren, alter Herr, sagte der Fremde; aber in diesem Falle wäre der junge Mensch nicht so unanständig heftig geworden. Wer ist er denn eigentlich?</p><lb/> <p>Sein Vater, erzählte der Alte, war ein reicher Mann, der ein großes Vermögen hinterließ; er hatte eine so starke Leidenschaft für die Kunst, wie gewiß nur wenige Menschen ihrer fähig sind. Auf diese verwandte er einen großen Theil seines Vermögens, und seine Sammlung war unvergleichlich zu nennen. Darüber aber versäumte er wohl etwas zu sehr die Erziehung dieses seines einzigen Sohnes; sowie daher der Alte starb, war der junge Mensch nur darauf bedacht, Geld auszugeben, mit Schmarotzern und schlechtem Volke Umgang zu haben, sich Mädchen und Equipagen zu halten. Als er majorenn wurde, waren ungeheure Schulden bei Wucherern und Wechsel zu bezahlen, aber er setzte seinen Stolz darein, nun noch mehr zu verschwenden; die Kunstwerke wurden verkauft, da er keinen Sinn für diese hat; ich nahm sie für billige Preise. Jetzt hat er wohl, außer dem schönen Hause, so ziemlich Alles durchgebracht, und auch auf diesem mögen Schulden lasten; Kenntnisse hat er sich schwerlich erworben, Beschäftigung ist ihm unleidlich, und so muß man mit Bedauern sehen, wie er seinem Untergänge entgegen geht.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0021]
gefunden, und sein Vater, der ein großer Kenner war, hat es schon deswegen, weil es nicht echt ist, bei Seite geschafft.
Sie wollen es zum Besten kehren, alter Herr, sagte der Fremde; aber in diesem Falle wäre der junge Mensch nicht so unanständig heftig geworden. Wer ist er denn eigentlich?
Sein Vater, erzählte der Alte, war ein reicher Mann, der ein großes Vermögen hinterließ; er hatte eine so starke Leidenschaft für die Kunst, wie gewiß nur wenige Menschen ihrer fähig sind. Auf diese verwandte er einen großen Theil seines Vermögens, und seine Sammlung war unvergleichlich zu nennen. Darüber aber versäumte er wohl etwas zu sehr die Erziehung dieses seines einzigen Sohnes; sowie daher der Alte starb, war der junge Mensch nur darauf bedacht, Geld auszugeben, mit Schmarotzern und schlechtem Volke Umgang zu haben, sich Mädchen und Equipagen zu halten. Als er majorenn wurde, waren ungeheure Schulden bei Wucherern und Wechsel zu bezahlen, aber er setzte seinen Stolz darein, nun noch mehr zu verschwenden; die Kunstwerke wurden verkauft, da er keinen Sinn für diese hat; ich nahm sie für billige Preise. Jetzt hat er wohl, außer dem schönen Hause, so ziemlich Alles durchgebracht, und auch auf diesem mögen Schulden lasten; Kenntnisse hat er sich schwerlich erworben, Beschäftigung ist ihm unleidlich, und so muß man mit Bedauern sehen, wie er seinem Untergänge entgegen geht.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T12:27:02Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T12:27:02Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |