den die Waaren gewogen und nach der Stadt gebracht, wo jene Aufkäufer sie an die Kaufleute im Lande theuer wieder verkaufen. Dieser öffentliche Verkauf heißt Kambang, welches ungefähr so viel als bey uns Markt bedeutet. --
Einhorn wurde dies Jahr auf dem Kambang ziem- lich theuer verkauft. Vor diesem wurde es gewöhnlich heimlich herein gebracht, und mit unglaublichem Vortheil abgesetzt. Die Japaner haben eine übertriebne Mei- nung von dem medicinischen Nutzen desselben in Verlän- gerung des Lebens, Stärkung der Lebensgeister und des Gedächtnisses, und Heilung aller Krämpfe. Dieser Handelszweig ist den Holländern erst vor einiger Zeit, und zwar durch einen Zufall bekannt geworden. Ein nach Europa zurück gegangner Chef des hiesigen Handels schick- te einem seiner Freunde unter den Dolmetschern nebst an- dern Seltenheiten ein großes und schön gewundnes Grön- ländisches Einhorn, und dieser Mann wurde durch den Verkauf desselben ein ungemein reicher Mann. Seit dieser Zeit haben die Holländer aus Europa alles nur aufzutreibende Einhorn verschrieben, und in Japan sehr viel darauf gewonnen. Im Anfange wurde jedes Katje oder 5/4 Pfund für 100 Kobang oder 600 Thaler ver- kauft, hernach ist der Preis allmählig bis 70, 50 und 30 Kobang gefallen. Da dies Jahr der weite Rock des Capitains abgelegt werden mußte, und nicht heimlich eingebracht werden konnte, sah man sich genöthigt, alles auf dem Kambang zu verkaufen, da jedes Katje zu 136 Thaler angebracht wurde, 1 Mas Japanisches Sil- ber für 8 Mas und 5 Coederyn Einhorn gerechnet. Konn- te man auf dem Schiffe ein oder andres Einhorn heim- lich verkaufen, so wurde es mit 15 bis 16 Kobana be- zahlt. Die 37 Katje, 4 Thail und 6 Mas Einhorn, die
Erſte Abtheilung.
den die Waaren gewogen und nach der Stadt gebracht, wo jene Aufkaͤufer ſie an die Kaufleute im Lande theuer wieder verkaufen. Dieſer oͤffentliche Verkauf heißt Kambang, welches ungefaͤhr ſo viel als bey uns Markt bedeutet. —
Einhorn wurde dies Jahr auf dem Kambang ziem- lich theuer verkauft. Vor dieſem wurde es gewoͤhnlich heimlich herein gebracht, und mit unglaublichem Vortheil abgeſetzt. Die Japaner haben eine uͤbertriebne Mei- nung von dem mediciniſchen Nutzen deſſelben in Verlaͤn- gerung des Lebens, Staͤrkung der Lebensgeiſter und des Gedaͤchtniſſes, und Heilung aller Kraͤmpfe. Dieſer Handelszweig iſt den Hollaͤndern erſt vor einiger Zeit, und zwar durch einen Zufall bekannt geworden. Ein nach Europa zuruͤck gegangner Chef des hieſigen Handels ſchick- te einem ſeiner Freunde unter den Dolmetſchern nebſt an- dern Seltenheiten ein großes und ſchoͤn gewundnes Groͤn- laͤndiſches Einhorn, und dieſer Mann wurde durch den Verkauf deſſelben ein ungemein reicher Mann. Seit dieſer Zeit haben die Hollaͤnder aus Europa alles nur aufzutreibende Einhorn verſchrieben, und in Japan ſehr viel darauf gewonnen. Im Anfange wurde jedes Katje oder 5/4 Pfund fuͤr 100 Kobang oder 600 Thaler ver- kauft, hernach iſt der Preis allmaͤhlig bis 70, 50 und 30 Kobang gefallen. Da dies Jahr der weite Rock des Capitains abgelegt werden mußte, und nicht heimlich eingebracht werden konnte, ſah man ſich genoͤthigt, alles auf dem Kambang zu verkaufen, da jedes Katje zu 136 Thaler angebracht wurde, 1 Mas Japaniſches Sil- ber fuͤr 8 Mas und 5 Coederyn Einhorn gerechnet. Konn- te man auf dem Schiffe ein oder andres Einhorn heim- lich verkaufen, ſo wurde es mit 15 bis 16 Kobana be- zahlt. Die 37 Katje, 4 Thail und 6 Mas Einhorn, die
<TEI><text><body><divn="2"><p><pbfacs="#f0088"n="54"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Erſte Abtheilung.</hi></fw><lb/>
den die Waaren gewogen und nach der Stadt gebracht,<lb/>
wo jene Aufkaͤufer ſie an die Kaufleute im Lande theuer<lb/>
wieder verkaufen. Dieſer oͤffentliche Verkauf heißt<lb/>
Kambang, welches ungefaͤhr ſo viel als bey uns Markt<lb/>
bedeutet. —</p><lb/><p>Einhorn wurde dies Jahr auf dem Kambang ziem-<lb/>
lich theuer verkauft. Vor dieſem wurde es gewoͤhnlich<lb/>
heimlich herein gebracht, und mit unglaublichem Vortheil<lb/>
abgeſetzt. Die Japaner haben eine uͤbertriebne Mei-<lb/>
nung von dem mediciniſchen Nutzen deſſelben in Verlaͤn-<lb/>
gerung des Lebens, Staͤrkung der Lebensgeiſter und des<lb/>
Gedaͤchtniſſes, und Heilung aller Kraͤmpfe. Dieſer<lb/>
Handelszweig iſt den Hollaͤndern erſt vor einiger Zeit,<lb/>
und zwar durch einen Zufall bekannt geworden. Ein nach<lb/><placeName>Europa</placeName> zuruͤck gegangner Chef des hieſigen Handels ſchick-<lb/>
te einem ſeiner Freunde unter den Dolmetſchern nebſt an-<lb/>
dern Seltenheiten ein großes und ſchoͤn gewundnes Groͤn-<lb/>
laͤndiſches Einhorn, und dieſer Mann wurde durch den<lb/>
Verkauf deſſelben ein ungemein reicher Mann. Seit<lb/>
dieſer Zeit haben die Hollaͤnder aus <placeName>Europa</placeName> alles nur<lb/>
aufzutreibende Einhorn verſchrieben, und in <placeName>Japan</placeName>ſehr<lb/>
viel darauf gewonnen. Im Anfange wurde jedes Katje<lb/>
oder 5/4 Pfund fuͤr 100 Kobang oder 600 Thaler ver-<lb/>
kauft, hernach iſt der Preis allmaͤhlig bis 70, 50 und<lb/>
30 Kobang gefallen. Da dies Jahr der weite Rock des<lb/>
Capitains abgelegt werden mußte, und nicht heimlich<lb/>
eingebracht werden konnte, ſah man ſich genoͤthigt, alles<lb/>
auf dem Kambang zu verkaufen, da jedes Katje zu<lb/>
136 Thaler angebracht wurde, 1 Mas Japaniſches Sil-<lb/>
ber fuͤr 8 Mas und 5 Coederyn Einhorn gerechnet. Konn-<lb/>
te man auf dem Schiffe ein oder andres Einhorn heim-<lb/>
lich verkaufen, ſo wurde es mit 15 bis 16 Kobana be-<lb/>
zahlt. Die 37 Katje, 4 Thail und 6 Mas Einhorn, die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[54/0088]
Erſte Abtheilung.
den die Waaren gewogen und nach der Stadt gebracht,
wo jene Aufkaͤufer ſie an die Kaufleute im Lande theuer
wieder verkaufen. Dieſer oͤffentliche Verkauf heißt
Kambang, welches ungefaͤhr ſo viel als bey uns Markt
bedeutet. —
Einhorn wurde dies Jahr auf dem Kambang ziem-
lich theuer verkauft. Vor dieſem wurde es gewoͤhnlich
heimlich herein gebracht, und mit unglaublichem Vortheil
abgeſetzt. Die Japaner haben eine uͤbertriebne Mei-
nung von dem mediciniſchen Nutzen deſſelben in Verlaͤn-
gerung des Lebens, Staͤrkung der Lebensgeiſter und des
Gedaͤchtniſſes, und Heilung aller Kraͤmpfe. Dieſer
Handelszweig iſt den Hollaͤndern erſt vor einiger Zeit,
und zwar durch einen Zufall bekannt geworden. Ein nach
Europa zuruͤck gegangner Chef des hieſigen Handels ſchick-
te einem ſeiner Freunde unter den Dolmetſchern nebſt an-
dern Seltenheiten ein großes und ſchoͤn gewundnes Groͤn-
laͤndiſches Einhorn, und dieſer Mann wurde durch den
Verkauf deſſelben ein ungemein reicher Mann. Seit
dieſer Zeit haben die Hollaͤnder aus Europa alles nur
aufzutreibende Einhorn verſchrieben, und in Japan ſehr
viel darauf gewonnen. Im Anfange wurde jedes Katje
oder 5/4 Pfund fuͤr 100 Kobang oder 600 Thaler ver-
kauft, hernach iſt der Preis allmaͤhlig bis 70, 50 und
30 Kobang gefallen. Da dies Jahr der weite Rock des
Capitains abgelegt werden mußte, und nicht heimlich
eingebracht werden konnte, ſah man ſich genoͤthigt, alles
auf dem Kambang zu verkaufen, da jedes Katje zu
136 Thaler angebracht wurde, 1 Mas Japaniſches Sil-
ber fuͤr 8 Mas und 5 Coederyn Einhorn gerechnet. Konn-
te man auf dem Schiffe ein oder andres Einhorn heim-
lich verkaufen, ſo wurde es mit 15 bis 16 Kobana be-
zahlt. Die 37 Katje, 4 Thail und 6 Mas Einhorn, die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/88>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.