sehung dieser war das Visitiren am wenigsten genau: sie sahen nur einige an. Lateinische, Französische, Schwe- dische und Deutsche Bücher gehen überhaupt besser, als Holländische, durch, weil die Dolmetscher sie nicht ver- stehen. Waffen und Gewehr dürfen zwar nicht einge- bracht werden; man erlaubte uns aber doch noch, unsre Degen mitzunehmen. Uebrigens sitzen am Wassertho- re von Dezima, wenn etwas aus- oder eingeschifft wird, eben so als auf dem Schiffe, allezeit Ober- und Unter- Banjosen, und Ober- und Unter-Dolmetscher, vor deren Augen alles durchsucht wird. Und damit die Europäer nicht im Stande seyn mögen mit den Besuchern Bekannt- schaft zu machen, werden diese so oft umgewechselt, daß dazu keine Gelegenheit ist.
An diesem übertriebenen Visitiren, dessen Strenge bey verschiednen Gelegenheiten so zugenommen hat, daß sie nun zu ihrer größten Höhe gestiegen ist, sind die Hol- länder selbst Schuld. Die weiten Hosen und der unge- heure Rock des Capitains, und hundert andre Kunst- griffe wurden angewandt, verbothne Sachen heimlich nach der Factorey zu bringen, und die Dolmetscher, die vormahls gar nicht visitirt wurden, brachten die Contre- bande-Waaren allmählig nach der Stadt, wo sie für baares Geld verkauft wurden. Oft machte man dies so fein, daß man dergleichen Sachen vorn in die Hosen und in die Haare steckte. Vor einigen Jahren fanden die Japaner bey einem Schiffs-Unterbedienten einen Pa- pagey in den Hosen, wo er während der Visitirung an- fing zu sprechen, und dadurch entdeckt wurde. Dies- mahl traf man bey einem Assistenten in den Unterhosen verschiedne Thaler und Dukaten versteckt.
Hiezu kommt der Hochmuth, den einige unverstän- dige Officiere gegen die Japaner auf eine sehr unvorsichti-
Erſte Abtheilung.
ſehung dieſer war das Viſitiren am wenigſten genau: ſie ſahen nur einige an. Lateiniſche, Franzoͤſiſche, Schwe- diſche und Deutſche Buͤcher gehen uͤberhaupt beſſer, als Hollaͤndiſche, durch, weil die Dolmetſcher ſie nicht ver- ſtehen. Waffen und Gewehr duͤrfen zwar nicht einge- bracht werden; man erlaubte uns aber doch noch, unſre Degen mitzunehmen. Uebrigens ſitzen am Waſſertho- re von Dezima, wenn etwas aus- oder eingeſchifft wird, eben ſo als auf dem Schiffe, allezeit Ober- und Unter- Banjoſen, und Ober- und Unter-Dolmetſcher, vor deren Augen alles durchſucht wird. Und damit die Europaͤer nicht im Stande ſeyn moͤgen mit den Beſuchern Bekannt- ſchaft zu machen, werden dieſe ſo oft umgewechſelt, daß dazu keine Gelegenheit iſt.
An dieſem uͤbertriebenen Viſitiren, deſſen Strenge bey verſchiednen Gelegenheiten ſo zugenommen hat, daß ſie nun zu ihrer groͤßten Hoͤhe geſtiegen iſt, ſind die Hol- laͤnder ſelbſt Schuld. Die weiten Hoſen und der unge- heure Rock des Capitains, und hundert andre Kunſt- griffe wurden angewandt, verbothne Sachen heimlich nach der Factorey zu bringen, und die Dolmetſcher, die vormahls gar nicht viſitirt wurden, brachten die Contre- bande-Waaren allmaͤhlig nach der Stadt, wo ſie fuͤr baares Geld verkauft wurden. Oft machte man dies ſo fein, daß man dergleichen Sachen vorn in die Hoſen und in die Haare ſteckte. Vor einigen Jahren fanden die Japaner bey einem Schiffs-Unterbedienten einen Pa- pagey in den Hoſen, wo er waͤhrend der Viſitirung an- fing zu ſprechen, und dadurch entdeckt wurde. Dies- mahl traf man bey einem Aſſiſtenten in den Unterhoſen verſchiedne Thaler und Dukaten verſteckt.
Hiezu kommt der Hochmuth, den einige unverſtaͤn- dige Officiere gegen die Japaner auf eine ſehr unvorſichti-
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Erſte Abtheilung.
ſehung dieſer war das Viſitiren am wenigſten genau: ſie
ſahen nur einige an. Lateiniſche, Franzoͤſiſche, Schwe-
diſche und Deutſche Buͤcher gehen uͤberhaupt beſſer, als
Hollaͤndiſche, durch, weil die Dolmetſcher ſie nicht ver-
ſtehen. Waffen und Gewehr duͤrfen zwar nicht einge-
bracht werden; man erlaubte uns aber doch noch, unſre
Degen mitzunehmen. Uebrigens ſitzen am Waſſertho-
re von Dezima, wenn etwas aus- oder eingeſchifft wird,
eben ſo als auf dem Schiffe, allezeit Ober- und Unter-
Banjoſen, und Ober- und Unter-Dolmetſcher, vor deren
Augen alles durchſucht wird. Und damit die Europaͤer
nicht im Stande ſeyn moͤgen mit den Beſuchern Bekannt-
ſchaft zu machen, werden dieſe ſo oft umgewechſelt, daß
dazu keine Gelegenheit iſt.
An dieſem uͤbertriebenen Viſitiren, deſſen Strenge
bey verſchiednen Gelegenheiten ſo zugenommen hat, daß
ſie nun zu ihrer groͤßten Hoͤhe geſtiegen iſt, ſind die Hol-
laͤnder ſelbſt Schuld. Die weiten Hoſen und der unge-
heure Rock des Capitains, und hundert andre Kunſt-
griffe wurden angewandt, verbothne Sachen heimlich
nach der Factorey zu bringen, und die Dolmetſcher, die
vormahls gar nicht viſitirt wurden, brachten die Contre-
bande-Waaren allmaͤhlig nach der Stadt, wo ſie fuͤr
baares Geld verkauft wurden. Oft machte man dies ſo
fein, daß man dergleichen Sachen vorn in die Hoſen
und in die Haare ſteckte. Vor einigen Jahren fanden
die Japaner bey einem Schiffs-Unterbedienten einen Pa-
pagey in den Hoſen, wo er waͤhrend der Viſitirung an-
fing zu ſprechen, und dadurch entdeckt wurde. Dies-
mahl traf man bey einem Aſſiſtenten in den Unterhoſen
verſchiedne Thaler und Dukaten verſteckt.
Hiezu kommt der Hochmuth, den einige unverſtaͤn-
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/54>, abgerufen am 16.02.2025.
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