Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Vom Kaneel.
gar bis auf eine halbe Meile an die Stadt Candy heran;
werden sie aber dabey ertappt, so schneidet man ihnen
Nase und Ohren ab.

Jeder District oder Dorf in den Ländern der Com-
pagnie ist schuldig, jährlich eine gewisse Menge Kaneel
zu liefern, wogegen die Ceyloner daselbst ein gewisses
Stück Land frey besitzen, das sie nach Gefallen bewoh-
nen und benutzen können, andrer Vortheile nicht zu
gedenken.

Ueber eine gewisse Anzahl Schjalias sind Leute ge-
setzt, welche die Aufsicht über sie und den Kaneel haben,
und auch berechtigt sind kleine Vergehungen zu bestrafen.
Ueber alle zusammen ist wieder ein Europäer gesetzt, der
ihr Hauptmann oder Oberhaupt, (Hooft der Mahabadde),
im gemeinen Leben auch oft Capteyn Kaneel heißt. Dieser
nimmt zuletzt allen Kaneel in Empfang, und ist der Com-
pagnie für denselben verantwortlich. Er hat auch das
Recht über schwere Verbrechen zu entscheiden und sie zu
bestrafen.

Das Kaneelschälen wird auf folgende Art ver-
richtet. Zuerst werden, nach den Blättern und an-
dern Kennzeichen, gute Bäume ausgesucht, und sodann
diejenigen Zweige welche drey Jahr alt sind, mit einem
gewöhnlichen krummen Gärtnermesser abgeschnitten.
Von diesen abgeschnittenen Zweigen wird darauf mit ei-
nem andern Messer, das eine scharfe Spitze hat und
dazu besonders eingerichtet ist, die äußre dünne Haut der
Rinde (Epidermis) abgeschabt. Dann werden die
Zweige der Länge nach mit der Spitze des Messers auf-
geritzt, und mit der weniger scharfen Seite desselben die
Rinde allmählig abgelöset, bis sie ganz abgezogen wer-
den kann. Alsdann werden von der abgeschälten Rinde

Vom Kaneel.
gar bis auf eine halbe Meile an die Stadt Candy heran;
werden ſie aber dabey ertappt, ſo ſchneidet man ihnen
Naſe und Ohren ab.

Jeder Diſtrict oder Dorf in den Laͤndern der Com-
pagnie iſt ſchuldig, jaͤhrlich eine gewiſſe Menge Kaneel
zu liefern, wogegen die Ceyloner daſelbſt ein gewiſſes
Stuͤck Land frey beſitzen, das ſie nach Gefallen bewoh-
nen und benutzen koͤnnen, andrer Vortheile nicht zu
gedenken.

Ueber eine gewiſſe Anzahl Schjalias ſind Leute ge-
ſetzt, welche die Aufſicht uͤber ſie und den Kaneel haben,
und auch berechtigt ſind kleine Vergehungen zu beſtrafen.
Ueber alle zuſammen iſt wieder ein Europaͤer geſetzt, der
ihr Hauptmann oder Oberhaupt, (Hooft der Mahabadde),
im gemeinen Leben auch oft Capteyn Kaneel heißt. Dieſer
nimmt zuletzt allen Kaneel in Empfang, und iſt der Com-
pagnie fuͤr denſelben verantwortlich. Er hat auch das
Recht uͤber ſchwere Verbrechen zu entſcheiden und ſie zu
beſtrafen.

Das Kaneelſchaͤlen wird auf folgende Art ver-
richtet. Zuerſt werden, nach den Blaͤttern und an-
dern Kennzeichen, gute Baͤume ausgeſucht, und ſodann
diejenigen Zweige welche drey Jahr alt ſind, mit einem
gewoͤhnlichen krummen Gaͤrtnermeſſer abgeſchnitten.
Von dieſen abgeſchnittenen Zweigen wird darauf mit ei-
nem andern Meſſer, das eine ſcharfe Spitze hat und
dazu beſonders eingerichtet iſt, die aͤußre duͤnne Haut der
Rinde (Epidermis) abgeſchabt. Dann werden die
Zweige der Laͤnge nach mit der Spitze des Meſſers auf-
geritzt, und mit der weniger ſcharfen Seite deſſelben die
Rinde allmaͤhlig abgeloͤſet, bis ſie ganz abgezogen wer-
den kann. Alsdann werden von der abgeſchaͤlten Rinde

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0485" n="189"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vom Kaneel.</hi></fw><lb/>
gar bis auf eine halbe Meile an die Stadt <placeName>Candy</placeName> heran;<lb/>
werden &#x017F;ie aber dabey ertappt, &#x017F;o &#x017F;chneidet man ihnen<lb/>
Na&#x017F;e und Ohren ab.</p><lb/>
            <p>Jeder Di&#x017F;trict oder Dorf in den La&#x0364;ndern der Com-<lb/>
pagnie i&#x017F;t &#x017F;chuldig, ja&#x0364;hrlich eine gewi&#x017F;&#x017F;e Menge Kaneel<lb/>
zu liefern, wogegen die Ceyloner da&#x017F;elb&#x017F;t ein gewi&#x017F;&#x017F;es<lb/>
Stu&#x0364;ck Land frey be&#x017F;itzen, das &#x017F;ie nach Gefallen bewoh-<lb/>
nen und benutzen ko&#x0364;nnen, andrer Vortheile nicht zu<lb/>
gedenken.</p><lb/>
            <p>Ueber eine gewi&#x017F;&#x017F;e Anzahl Schjalias &#x017F;ind Leute ge-<lb/>
&#x017F;etzt, welche die Auf&#x017F;icht u&#x0364;ber &#x017F;ie und den Kaneel haben,<lb/>
und auch berechtigt &#x017F;ind kleine Vergehungen zu be&#x017F;trafen.<lb/>
Ueber alle zu&#x017F;ammen i&#x017F;t wieder ein Europa&#x0364;er ge&#x017F;etzt, der<lb/>
ihr Hauptmann oder Oberhaupt, (<hi rendition="#aq">Hooft der Mahabadde</hi>),<lb/>
im gemeinen Leben auch oft <hi rendition="#aq">Capteyn Kaneel</hi> heißt. Die&#x017F;er<lb/>
nimmt zuletzt allen Kaneel in Empfang, und i&#x017F;t der Com-<lb/>
pagnie fu&#x0364;r den&#x017F;elben verantwortlich. Er hat auch das<lb/>
Recht u&#x0364;ber &#x017F;chwere Verbrechen zu ent&#x017F;cheiden und &#x017F;ie zu<lb/>
be&#x017F;trafen.</p><lb/>
            <p>Das Kaneel&#x017F;cha&#x0364;len wird auf folgende Art ver-<lb/>
richtet. Zuer&#x017F;t werden, nach den Bla&#x0364;ttern und an-<lb/>
dern Kennzeichen, gute Ba&#x0364;ume ausge&#x017F;ucht, und &#x017F;odann<lb/>
diejenigen Zweige welche drey Jahr alt &#x017F;ind, mit einem<lb/>
gewo&#x0364;hnlichen krummen Ga&#x0364;rtnerme&#x017F;&#x017F;er abge&#x017F;chnitten.<lb/>
Von die&#x017F;en abge&#x017F;chnittenen Zweigen wird darauf mit ei-<lb/>
nem andern Me&#x017F;&#x017F;er, das eine &#x017F;charfe Spitze hat und<lb/>
dazu be&#x017F;onders eingerichtet i&#x017F;t, die a&#x0364;ußre du&#x0364;nne Haut der<lb/>
Rinde (<hi rendition="#aq">Epidermis</hi>) abge&#x017F;chabt. Dann werden die<lb/>
Zweige der La&#x0364;nge nach mit der Spitze des Me&#x017F;&#x017F;ers auf-<lb/>
geritzt, und mit der weniger &#x017F;charfen Seite de&#x017F;&#x017F;elben die<lb/>
Rinde allma&#x0364;hlig abgelo&#x0364;&#x017F;et, bis &#x017F;ie ganz abgezogen wer-<lb/>
den kann. Alsdann werden von der abge&#x017F;cha&#x0364;lten Rinde<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0485] Vom Kaneel. gar bis auf eine halbe Meile an die Stadt Candy heran; werden ſie aber dabey ertappt, ſo ſchneidet man ihnen Naſe und Ohren ab. Jeder Diſtrict oder Dorf in den Laͤndern der Com- pagnie iſt ſchuldig, jaͤhrlich eine gewiſſe Menge Kaneel zu liefern, wogegen die Ceyloner daſelbſt ein gewiſſes Stuͤck Land frey beſitzen, das ſie nach Gefallen bewoh- nen und benutzen koͤnnen, andrer Vortheile nicht zu gedenken. Ueber eine gewiſſe Anzahl Schjalias ſind Leute ge- ſetzt, welche die Aufſicht uͤber ſie und den Kaneel haben, und auch berechtigt ſind kleine Vergehungen zu beſtrafen. Ueber alle zuſammen iſt wieder ein Europaͤer geſetzt, der ihr Hauptmann oder Oberhaupt, (Hooft der Mahabadde), im gemeinen Leben auch oft Capteyn Kaneel heißt. Dieſer nimmt zuletzt allen Kaneel in Empfang, und iſt der Com- pagnie fuͤr denſelben verantwortlich. Er hat auch das Recht uͤber ſchwere Verbrechen zu entſcheiden und ſie zu beſtrafen. Das Kaneelſchaͤlen wird auf folgende Art ver- richtet. Zuerſt werden, nach den Blaͤttern und an- dern Kennzeichen, gute Baͤume ausgeſucht, und ſodann diejenigen Zweige welche drey Jahr alt ſind, mit einem gewoͤhnlichen krummen Gaͤrtnermeſſer abgeſchnitten. Von dieſen abgeſchnittenen Zweigen wird darauf mit ei- nem andern Meſſer, das eine ſcharfe Spitze hat und dazu beſonders eingerichtet iſt, die aͤußre duͤnne Haut der Rinde (Epidermis) abgeſchabt. Dann werden die Zweige der Laͤnge nach mit der Spitze des Meſſers auf- geritzt, und mit der weniger ſcharfen Seite deſſelben die Rinde allmaͤhlig abgeloͤſet, bis ſie ganz abgezogen wer- den kann. Alsdann werden von der abgeſchaͤlten Rinde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/485
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/485>, abgerufen am 23.07.2024.