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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

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Vierte Abtheilung. Dritter Abschnitt.

Die Kaneelbäume wachsen sehr häufig und in
großer Anzahl in den Wäldern, wo sie sich ohne Zu-
thun der Kunst fortpflanzen. Die Europäer haben
lange Zeit geglaubt, und auch die Ceyloner haben es
behauptet, daß Bäume die guten Kaneel geben sol-
len, allezeit wild wachsen und sich selbst überlassen seyn
müßten, angepflanzte hingegen weder gedeihen noch
ächten Kaneel geben würden. Wild werden die Bäu-
me durch die Vögel im Lande weiter ausgebreitet; diese
fressen die reifen Beeren, deren Kerne sie aber nicht
verdauen und sie folglich in den Wäldern hie und da
wieder von sich geben. Jenes Vorurtheil, daß der
Kaneelbaum nicht angepflanzt werden müsse, herrschte
bis ungefähr 1770, da der Gouverneur Iman Wil-
helm Falk
den Versuch machte, im Garten bey seinem
Landsitze Paß, im Kleinen eine Plantage von Kaneel-
bäumen anzulegen. Er ließ die Beeren säen; die jun-
gen Baumpflanzen kamen auch bald zum Vorschein, und
standen anfangs sehr gut; nach einiger Zeit aber wur-
den sie welk, und giengen eine nach der andern aus.
Als man der Ursache hievon genau nachspürte, fand sich,
daß die Ceyloner, für welche das Abschälen des Kaneels in
den Wäldern eine einträgliche Sache ist, die daher das
Pflanzen desselben ungern sahen, und befürchteten,
ihnen möchte dadurch mit der Zeit großer Abbruch ge-
schehen, (weil das Sammeln des Kaneels in solchen
Pflanzungen leichter und bequemer als in den Wäldern
seyn würde) des Nachts die Pflanzen heimlich mit
heißem Wasser begossen hatten. Ein paar Jahr nach-
her ließ der Gouverneur, den Versuch wiederhohlen,
und auf verschiedene Plätze, theils im Kleinen, theils
im Großen, wiederum Beeren aussäen. Dieser Versuch

Vierte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.

Die Kaneelbaͤume wachſen ſehr haͤufig und in
großer Anzahl in den Waͤldern, wo ſie ſich ohne Zu-
thun der Kunſt fortpflanzen. Die Europaͤer haben
lange Zeit geglaubt, und auch die Ceyloner haben es
behauptet, daß Baͤume die guten Kaneel geben ſol-
len, allezeit wild wachſen und ſich ſelbſt uͤberlaſſen ſeyn
muͤßten, angepflanzte hingegen weder gedeihen noch
aͤchten Kaneel geben wuͤrden. Wild werden die Baͤu-
me durch die Voͤgel im Lande weiter ausgebreitet; dieſe
freſſen die reifen Beeren, deren Kerne ſie aber nicht
verdauen und ſie folglich in den Waͤldern hie und da
wieder von ſich geben. Jenes Vorurtheil, daß der
Kaneelbaum nicht angepflanzt werden muͤſſe, herrſchte
bis ungefaͤhr 1770, da der Gouverneur Iman Wil-
helm Falk
den Verſuch machte, im Garten bey ſeinem
Landſitze Paß, im Kleinen eine Plantage von Kaneel-
baͤumen anzulegen. Er ließ die Beeren ſaͤen; die jun-
gen Baumpflanzen kamen auch bald zum Vorſchein, und
ſtanden anfangs ſehr gut; nach einiger Zeit aber wur-
den ſie welk, und giengen eine nach der andern aus.
Als man der Urſache hievon genau nachſpuͤrte, fand ſich,
daß die Ceyloner, fuͤr welche das Abſchaͤlen des Kaneels in
den Waͤldern eine eintraͤgliche Sache iſt, die daher das
Pflanzen deſſelben ungern ſahen, und befuͤrchteten,
ihnen moͤchte dadurch mit der Zeit großer Abbruch ge-
ſchehen, (weil das Sammeln des Kaneels in ſolchen
Pflanzungen leichter und bequemer als in den Waͤldern
ſeyn wuͤrde) des Nachts die Pflanzen heimlich mit
heißem Waſſer begoſſen hatten. Ein paar Jahr nach-
her ließ der Gouverneur, den Verſuch wiederhohlen,
und auf verſchiedene Plaͤtze, theils im Kleinen, theils
im Großen, wiederum Beeren ausſaͤen. Dieſer Verſuch

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[186/0482] Vierte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. Die Kaneelbaͤume wachſen ſehr haͤufig und in großer Anzahl in den Waͤldern, wo ſie ſich ohne Zu- thun der Kunſt fortpflanzen. Die Europaͤer haben lange Zeit geglaubt, und auch die Ceyloner haben es behauptet, daß Baͤume die guten Kaneel geben ſol- len, allezeit wild wachſen und ſich ſelbſt uͤberlaſſen ſeyn muͤßten, angepflanzte hingegen weder gedeihen noch aͤchten Kaneel geben wuͤrden. Wild werden die Baͤu- me durch die Voͤgel im Lande weiter ausgebreitet; dieſe freſſen die reifen Beeren, deren Kerne ſie aber nicht verdauen und ſie folglich in den Waͤldern hie und da wieder von ſich geben. Jenes Vorurtheil, daß der Kaneelbaum nicht angepflanzt werden muͤſſe, herrſchte bis ungefaͤhr 1770, da der Gouverneur Iman Wil- helm Falk den Verſuch machte, im Garten bey ſeinem Landſitze Paß, im Kleinen eine Plantage von Kaneel- baͤumen anzulegen. Er ließ die Beeren ſaͤen; die jun- gen Baumpflanzen kamen auch bald zum Vorſchein, und ſtanden anfangs ſehr gut; nach einiger Zeit aber wur- den ſie welk, und giengen eine nach der andern aus. Als man der Urſache hievon genau nachſpuͤrte, fand ſich, daß die Ceyloner, fuͤr welche das Abſchaͤlen des Kaneels in den Waͤldern eine eintraͤgliche Sache iſt, die daher das Pflanzen deſſelben ungern ſahen, und befuͤrchteten, ihnen moͤchte dadurch mit der Zeit großer Abbruch ge- ſchehen, (weil das Sammeln des Kaneels in ſolchen Pflanzungen leichter und bequemer als in den Waͤldern ſeyn wuͤrde) des Nachts die Pflanzen heimlich mit heißem Waſſer begoſſen hatten. Ein paar Jahr nach- her ließ der Gouverneur, den Verſuch wiederhohlen, und auf verſchiedene Plaͤtze, theils im Kleinen, theils im Großen, wiederum Beeren ausſaͤen. Dieſer Verſuch

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/482>, abgerufen am 25.11.2024.