seyn sollen. Wenn sie aber die Religion ändern und sich beschneiden lassen, ist es ihnen erlaubt. Nichts- destoweniger sind sehr viele von ihnen mit Javanerinnen verheirathet, obgleich die Töchter der Chineser keinen Javaner heirathen dürfen. Auch dürfen die Chineser hier nicht, wie in China, ihre Frauen einsperren oder ihnen die Füße verunstalten. Die hiesigen Chi- neser tragen Pantoffeln mit Hinterleder und dicken Sohlen, die inwendig mit verschiednen Lagen Hut- filz überlegt sind, damit kein Wasser eindringen, und die Füße nicht naß werden können; diese Pantoffeln sind aber, so wie ihre Stiefeln, die eben so eingerich- tet sind, unbequem und schwer.
Während der übrigen Zeit meines hiesigen Auf- enthalts, besuchte ich fleißig das Hospital. In dieser Anstalt werden die Kranken zwar gut behandelt, dem- ungeachtet sterben sie in großer Menge. Die Anzahl der Verstorbnen hat sich fast jährlich vermehrt, und zwar in den letzten Zeiten vorzüglich dadurch, daß die Kanäle, welche das Wasser durch die Stadt leiten, nicht gehörig rein gehalten werden. Mit dieser Un- ordnung geht es so weit, daß die Chineser nicht nur den Abfall von Grünigkeiten und Gartengewächsen, sondern oft todtes Vieh in die Canäle werfen, wel- ches ich nicht selten selbst gesehen habe. Besonders hat diese schlimme Gewohnheit überhand genommen, seit- dem die Vornehmen angefangen haben, Lusthäuser und Gärten vor der Stadt anzulegen, und sogar ausserhalb der Stadt zu wohnen. Aus den Sterbelis- ten ersah ich unter andern das Verzeichniß der im Hospitale von Jahr zu Jahr verstorbnen Europäer. Ich will es hier vom Jahre 1714 an mittheilen.
Zweyte Reiſe innerhalb Java.
ſeyn ſollen. Wenn ſie aber die Religion aͤndern und ſich beſchneiden laſſen, iſt es ihnen erlaubt. Nichts- deſtoweniger ſind ſehr viele von ihnen mit Javanerinnen verheirathet, obgleich die Toͤchter der Chineſer keinen Javaner heirathen duͤrfen. Auch duͤrfen die Chineſer hier nicht, wie in China, ihre Frauen einſperren oder ihnen die Fuͤße verunſtalten. Die hieſigen Chi- neſer tragen Pantoffeln mit Hinterleder und dicken Sohlen, die inwendig mit verſchiednen Lagen Hut- filz uͤberlegt ſind, damit kein Waſſer eindringen, und die Fuͤße nicht naß werden koͤnnen; dieſe Pantoffeln ſind aber, ſo wie ihre Stiefeln, die eben ſo eingerich- tet ſind, unbequem und ſchwer.
Waͤhrend der uͤbrigen Zeit meines hieſigen Auf- enthalts, beſuchte ich fleißig das Hoſpital. In dieſer Anſtalt werden die Kranken zwar gut behandelt, dem- ungeachtet ſterben ſie in großer Menge. Die Anzahl der Verſtorbnen hat ſich faſt jaͤhrlich vermehrt, und zwar in den letzten Zeiten vorzuͤglich dadurch, daß die Kanaͤle, welche das Waſſer durch die Stadt leiten, nicht gehoͤrig rein gehalten werden. Mit dieſer Un- ordnung geht es ſo weit, daß die Chineſer nicht nur den Abfall von Gruͤnigkeiten und Gartengewaͤchſen, ſondern oft todtes Vieh in die Canaͤle werfen, wel- ches ich nicht ſelten ſelbſt geſehen habe. Beſonders hat dieſe ſchlimme Gewohnheit uͤberhand genommen, ſeit- dem die Vornehmen angefangen haben, Luſthaͤuſer und Gaͤrten vor der Stadt anzulegen, und ſogar auſſerhalb der Stadt zu wohnen. Aus den Sterbelis- ten erſah ich unter andern das Verzeichniß der im Hoſpitale von Jahr zu Jahr verſtorbnen Europaͤer. Ich will es hier vom Jahre 1714 an mittheilen.
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Zweyte Reiſe innerhalb Java.
ſeyn ſollen. Wenn ſie aber die Religion aͤndern und
ſich beſchneiden laſſen, iſt es ihnen erlaubt. Nichts-
deſtoweniger ſind ſehr viele von ihnen mit Javanerinnen
verheirathet, obgleich die Toͤchter der Chineſer keinen
Javaner heirathen duͤrfen. Auch duͤrfen die Chineſer
hier nicht, wie in China, ihre Frauen einſperren
oder ihnen die Fuͤße verunſtalten. Die hieſigen Chi-
neſer tragen Pantoffeln mit Hinterleder und dicken
Sohlen, die inwendig mit verſchiednen Lagen Hut-
filz uͤberlegt ſind, damit kein Waſſer eindringen, und
die Fuͤße nicht naß werden koͤnnen; dieſe Pantoffeln
ſind aber, ſo wie ihre Stiefeln, die eben ſo eingerich-
tet ſind, unbequem und ſchwer.
Waͤhrend der uͤbrigen Zeit meines hieſigen Auf-
enthalts, beſuchte ich fleißig das Hoſpital. In dieſer
Anſtalt werden die Kranken zwar gut behandelt, dem-
ungeachtet ſterben ſie in großer Menge. Die Anzahl
der Verſtorbnen hat ſich faſt jaͤhrlich vermehrt, und
zwar in den letzten Zeiten vorzuͤglich dadurch, daß
die Kanaͤle, welche das Waſſer durch die Stadt leiten,
nicht gehoͤrig rein gehalten werden. Mit dieſer Un-
ordnung geht es ſo weit, daß die Chineſer nicht nur
den Abfall von Gruͤnigkeiten und Gartengewaͤchſen,
ſondern oft todtes Vieh in die Canaͤle werfen, wel-
ches ich nicht ſelten ſelbſt geſehen habe. Beſonders hat
dieſe ſchlimme Gewohnheit uͤberhand genommen, ſeit-
dem die Vornehmen angefangen haben, Luſthaͤuſer
und Gaͤrten vor der Stadt anzulegen, und ſogar
auſſerhalb der Stadt zu wohnen. Aus den Sterbelis-
ten erſah ich unter andern das Verzeichniß der im
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/453>, abgerufen am 23.07.2024.
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