es auch wieder weg. Wenn mehrere zusammen essen, so machen erst alle einander mit einer tiefen Verbeu- gung ihr Compliment, ehe sie anfangen zu essen. Nach jedem Gerichte trinken sie warmen Sakki, der aus einem Theekessel in flache lackirte hölzerne Thee- schälchen geschenkt wird, dabey essen sie auch zwischen durch ein Viertel von einem hart gekochten Eye. Bisweilen bringen sie auch wohl eine Gesundheit aus.
In Sakki und Thee besteht alles künstliche Ge- tränk der Japaner. Welch eine geringe Anzahl! Wie mancherley hat dagegen nicht der Europäer! Wein und destillirte Liqueure trinken sie niemals, und wenn die Holländer ihnen dergleichen anbieten, wollen sie kaum davon kosten. Den Geschmack des Kaffees kennen kaum einige Dolmetscher, und Branntwein wird bey ihnen gewiß nie ein Bedürfniß werden. Auch in diesen Rücksichten haben sie sich also von den Euro- päern noch nicht anstecken lassen. Ehe als von andern etwas anzunehmen, das für sie wirklich von Nutzen und Bequemlichkeit seyn könnte, wollen sie lieber ihre uralte Lebensweise in ihrer Reinigkeit beybehalten, um nicht unvermerkt auch etwas bey sich einreissen zu las- sen, das ihnen mit der Zeit unnütz oder schädlich wer- den möchte.
Sakki ist eine Art Bier, das die Japaner von Reis brauen. Es ist ziemlich klar, und sieht fast wie Wein aus, hat aber einen eignen, ganz besondern Ge- schmack, der eben nicht für angenehm gelten kann. Wenn er frisch ist, ist er mehr weiß, wenn er aber eine Weile auf kleinen hölzernen Fässern gelegen hat, wird er sehr braun. Dies Getränk ist in allen Wirtshäu- sern, wie der Wein auf allen Kellern in Europa, zu Kauf, und macht ihr Vergnügen bey Schmausen und
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Von den Waffen, den Speiſen ꝛc. der Japaner.
es auch wieder weg. Wenn mehrere zuſammen eſſen, ſo machen erſt alle einander mit einer tiefen Verbeu- gung ihr Compliment, ehe ſie anfangen zu eſſen. Nach jedem Gerichte trinken ſie warmen Sakki, der aus einem Theekeſſel in flache lackirte hoͤlzerne Thee- ſchaͤlchen geſchenkt wird, dabey eſſen ſie auch zwiſchen durch ein Viertel von einem hart gekochten Eye. Bisweilen bringen ſie auch wohl eine Geſundheit aus.
In Sakki und Thee beſteht alles kuͤnſtliche Ge- traͤnk der Japaner. Welch eine geringe Anzahl! Wie mancherley hat dagegen nicht der Europaͤer! Wein und deſtillirte Liqueure trinken ſie niemals, und wenn die Hollaͤnder ihnen dergleichen anbieten, wollen ſie kaum davon koſten. Den Geſchmack des Kaffees kennen kaum einige Dolmetſcher, und Branntwein wird bey ihnen gewiß nie ein Beduͤrfniß werden. Auch in dieſen Ruͤckſichten haben ſie ſich alſo von den Euro- paͤern noch nicht anſtecken laſſen. Ehe als von andern etwas anzunehmen, das fuͤr ſie wirklich von Nutzen und Bequemlichkeit ſeyn koͤnnte, wollen ſie lieber ihre uralte Lebensweiſe in ihrer Reinigkeit beybehalten, um nicht unvermerkt auch etwas bey ſich einreiſſen zu laſ- ſen, das ihnen mit der Zeit unnuͤtz oder ſchaͤdlich wer- den moͤchte.
Sakki iſt eine Art Bier, das die Japaner von Reis brauen. Es iſt ziemlich klar, und ſieht faſt wie Wein aus, hat aber einen eignen, ganz beſondern Ge- ſchmack, der eben nicht fuͤr angenehm gelten kann. Wenn er friſch iſt, iſt er mehr weiß, wenn er aber eine Weile auf kleinen hoͤlzernen Faͤſſern gelegen hat, wird er ſehr braun. Dies Getraͤnk iſt in allen Wirtshaͤu- ſern, wie der Wein auf allen Kellern in Europa, zu Kauf, und macht ihr Vergnuͤgen bey Schmauſen und
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Von den Waffen, den Speiſen ꝛc. der Japaner.
es auch wieder weg. Wenn mehrere zuſammen eſſen, ſo
machen erſt alle einander mit einer tiefen Verbeu-
gung ihr Compliment, ehe ſie anfangen zu eſſen.
Nach jedem Gerichte trinken ſie warmen Sakki, der
aus einem Theekeſſel in flache lackirte hoͤlzerne Thee-
ſchaͤlchen geſchenkt wird, dabey eſſen ſie auch zwiſchen
durch ein Viertel von einem hart gekochten Eye.
Bisweilen bringen ſie auch wohl eine Geſundheit aus.
In Sakki und Thee beſteht alles kuͤnſtliche Ge-
traͤnk der Japaner. Welch eine geringe Anzahl!
Wie mancherley hat dagegen nicht der Europaͤer!
Wein und deſtillirte Liqueure trinken ſie niemals, und
wenn die Hollaͤnder ihnen dergleichen anbieten, wollen
ſie kaum davon koſten. Den Geſchmack des Kaffees
kennen kaum einige Dolmetſcher, und Branntwein
wird bey ihnen gewiß nie ein Beduͤrfniß werden. Auch
in dieſen Ruͤckſichten haben ſie ſich alſo von den Euro-
paͤern noch nicht anſtecken laſſen. Ehe als von andern
etwas anzunehmen, das fuͤr ſie wirklich von Nutzen
und Bequemlichkeit ſeyn koͤnnte, wollen ſie lieber ihre
uralte Lebensweiſe in ihrer Reinigkeit beybehalten, um
nicht unvermerkt auch etwas bey ſich einreiſſen zu laſ-
ſen, das ihnen mit der Zeit unnuͤtz oder ſchaͤdlich wer-
den moͤchte.
Sakki iſt eine Art Bier, das die Japaner von
Reis brauen. Es iſt ziemlich klar, und ſieht faſt wie
Wein aus, hat aber einen eignen, ganz beſondern Ge-
ſchmack, der eben nicht fuͤr angenehm gelten kann.
Wenn er friſch iſt, iſt er mehr weiß, wenn er aber eine
Weile auf kleinen hoͤlzernen Faͤſſern gelegen hat, wird
er ſehr braun. Dies Getraͤnk iſt in allen Wirtshaͤu-
ſern, wie der Wein auf allen Kellern in Europa, zu
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/379>, abgerufen am 23.11.2024.
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