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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

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Religion der Japaner.
auch ihr Bette mit sich, das aus einer Strohmatte be-
stand, welche ihnen über der Schulter hieng. Die
meisten trugen auch einen kleinen Eimer, um daraus
zu trinken und ihre Almosen darin zu empfangen. Auf
diese Gefäße ist der Name des Besitzers geschrieben,
damit man, auf den Fall, wenn er auf der Wallfahrt
umkommen oder natürlichen Todes sterben sollte,
wissen möge, wer er gewesen ist. Wenn die Wallfahr-
ter zu Isie angekommen sind, werden sie von einem
Priester nach dem Tempel geführt, wo sie ihr demü-
thiges Gebet verrichten und, gegen ein Geschenk an den
Priester, einen Ablaß bekommen, der aus einigen, in
einer länglichen Dose von dünnem Zinn verwahrten,
dünnen zinnernen Blättchen, (wie unsre geschlagene
Gold- und Silberblättchen) besteht.

Herrschende Religionen kann man in Japan eigentlich
zwey annehmen: sie werden Sinto und Budsdo genannt.

Die erstere, oder Sinto, ist die eigenthümliche
und älteste Religion dieses Landes, ob sie gleich weni-
ger Anhänger hat. In ihrer ersten Einfachheit scheint
sie viel edler gewesen zu seyn als sie jetzt erscheint, da
sie mit der Zeit durch fremde Ceremonien mehr und
mehr entstellt worden ist, auch scheinen ihre Lehren vor
diesem mehr Klarheit gehabt zu haben, als heutiges
Tages, seitdem Irrwahn und Aberglaube sie allmählig
mehr verdunkelt haben. Vielleicht schreibt sie sich ur-
sprünglich gar von den Juden, nach dem Aufenthalte
derselben in Babylonien, her. Ihre Anhänger erken-
nen und glauben ein erhabenes Wesen, das in den höch-
sten Himmeln wohnt, nehmen aber auch noch geringere
Untergötter an. Beym höchsten Gotte schwören sie
ihre Eide, glauben aber übrigens, daß er weit darüber
erhaben sey, ihrer Verehrung zu bedürfen. Die

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Religion der Japaner.
auch ihr Bette mit ſich, das aus einer Strohmatte be-
ſtand, welche ihnen uͤber der Schulter hieng. Die
meiſten trugen auch einen kleinen Eimer, um daraus
zu trinken und ihre Almoſen darin zu empfangen. Auf
dieſe Gefaͤße iſt der Name des Beſitzers geſchrieben,
damit man, auf den Fall, wenn er auf der Wallfahrt
umkommen oder natuͤrlichen Todes ſterben ſollte,
wiſſen moͤge, wer er geweſen iſt. Wenn die Wallfahr-
ter zu Iſie angekommen ſind, werden ſie von einem
Prieſter nach dem Tempel gefuͤhrt, wo ſie ihr demuͤ-
thiges Gebet verrichten und, gegen ein Geſchenk an den
Prieſter, einen Ablaß bekommen, der aus einigen, in
einer laͤnglichen Doſe von duͤnnem Zinn verwahrten,
duͤnnen zinnernen Blaͤttchen, (wie unſre geſchlagene
Gold- und Silberblaͤttchen) beſteht.

Herrſchende Religionen kann man in Japan eigentlich
zwey annehmen: ſie werden Sinto und Budsdo genannt.

Die erſtere, oder Sinto, iſt die eigenthuͤmliche
und aͤlteſte Religion dieſes Landes, ob ſie gleich weni-
ger Anhaͤnger hat. In ihrer erſten Einfachheit ſcheint
ſie viel edler geweſen zu ſeyn als ſie jetzt erſcheint, da
ſie mit der Zeit durch fremde Ceremonien mehr und
mehr entſtellt worden iſt, auch ſcheinen ihre Lehren vor
dieſem mehr Klarheit gehabt zu haben, als heutiges
Tages, ſeitdem Irrwahn und Aberglaube ſie allmaͤhlig
mehr verdunkelt haben. Vielleicht ſchreibt ſie ſich ur-
ſpruͤnglich gar von den Juden, nach dem Aufenthalte
derſelben in Babylonien, her. Ihre Anhaͤnger erken-
nen und glauben ein erhabenes Weſen, das in den hoͤch-
ſten Himmeln wohnt, nehmen aber auch noch geringere
Untergoͤtter an. Beym hoͤchſten Gotte ſchwoͤren ſie
ihre Eide, glauben aber uͤbrigens, daß er weit daruͤber
erhaben ſey, ihrer Verehrung zu beduͤrfen. Die

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[21/0309] Religion der Japaner. auch ihr Bette mit ſich, das aus einer Strohmatte be- ſtand, welche ihnen uͤber der Schulter hieng. Die meiſten trugen auch einen kleinen Eimer, um daraus zu trinken und ihre Almoſen darin zu empfangen. Auf dieſe Gefaͤße iſt der Name des Beſitzers geſchrieben, damit man, auf den Fall, wenn er auf der Wallfahrt umkommen oder natuͤrlichen Todes ſterben ſollte, wiſſen moͤge, wer er geweſen iſt. Wenn die Wallfahr- ter zu Iſie angekommen ſind, werden ſie von einem Prieſter nach dem Tempel gefuͤhrt, wo ſie ihr demuͤ- thiges Gebet verrichten und, gegen ein Geſchenk an den Prieſter, einen Ablaß bekommen, der aus einigen, in einer laͤnglichen Doſe von duͤnnem Zinn verwahrten, duͤnnen zinnernen Blaͤttchen, (wie unſre geſchlagene Gold- und Silberblaͤttchen) beſteht. Herrſchende Religionen kann man in Japan eigentlich zwey annehmen: ſie werden Sinto und Budsdo genannt. Die erſtere, oder Sinto, iſt die eigenthuͤmliche und aͤlteſte Religion dieſes Landes, ob ſie gleich weni- ger Anhaͤnger hat. In ihrer erſten Einfachheit ſcheint ſie viel edler geweſen zu ſeyn als ſie jetzt erſcheint, da ſie mit der Zeit durch fremde Ceremonien mehr und mehr entſtellt worden iſt, auch ſcheinen ihre Lehren vor dieſem mehr Klarheit gehabt zu haben, als heutiges Tages, ſeitdem Irrwahn und Aberglaube ſie allmaͤhlig mehr verdunkelt haben. Vielleicht ſchreibt ſie ſich ur- ſpruͤnglich gar von den Juden, nach dem Aufenthalte derſelben in Babylonien, her. Ihre Anhaͤnger erken- nen und glauben ein erhabenes Weſen, das in den hoͤch- ſten Himmeln wohnt, nehmen aber auch noch geringere Untergoͤtter an. Beym hoͤchſten Gotte ſchwoͤren ſie ihre Eide, glauben aber uͤbrigens, daß er weit daruͤber erhaben ſey, ihrer Verehrung zu beduͤrfen. Die B 3

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/309>, abgerufen am 23.11.2024.