und dieselbe bey allen Einwohnern, vom Monarchen bis zum geringsten Unterthan; gleich bey beyden Geschlech- tern; und, welches fast alle Glaubwürdigkeit übersteigt, seit dritthalb tausend Jahren ganz unverändert.
Der Hauptanzug ist durchgängig bey allen und je- den Japanern, von jeglichem Stand, Geschlecht und Al- ter, ein langer und weiter Talar, der unsern Schlafrö- cken ähnlich ist. (Die Holländer nennen ihn auch einen Schlafrock). Jeder hat deren einen oder mehrere. Die Vornehmen und Reichen tragen ihn vom feinsten seid- nen, die Armen und Geringen von baumwollnem Zeu- ge. Beym weiblichen Geschlechte reicht er bis auf die Füße, beym männlichen nur bis auf die Fersen. Zu Fuß Reisende, das Militair, und Arbeitsleute schürzen ihn entweder auf, oder tragen ihn so kurz, daß er nicht weiter als an die Knie geht, um bequemer gehen, ih- ren Dienst verrichten und arbeiten zu können. Die Mannspersonen nehmen gemeiniglich einfarbiges Zeug dazu, die Frauenspersonen geblümtes, und nicht selten mit hinein gewirkten goldnen Blumen. Im Sommer trägt man diese Röcke entweder ungefüttert, oder bloß mit dünnem Unterfutter; des Winters, um der Kälte wil- len, mit baumwollnen oder seidnen Watten ganz dicht ausgestopft. Die Mannspersonen ziehen selten viele über einander; die Frauenspersonen aber haben oft drey- ßig bis funfzig, ja wohl noch mehr zugleich an, immer einer über den andern, jedoch alle so dünn, daß sie zu- sammen kaum vier bis fünf Pfund wiegen. Das un- terste dieser Gewänder vertritt die Stelle des Hemdes, und ist deswegen entweder weiß oder bläulich, gewöhn- lich dünn und durchsichtig. Sie alle werden rund um den Leib, und zwar um die Weichen, mit einem Gürtel befestigt, der beym männlichen Geschlechte ungefähr
eine
Fuͤnfte Abtheilung. Vierter Abſchnitt.
und dieſelbe bey allen Einwohnern, vom Monarchen bis zum geringſten Unterthan; gleich bey beyden Geſchlech- tern; und, welches faſt alle Glaubwuͤrdigkeit uͤberſteigt, ſeit dritthalb tauſend Jahren ganz unveraͤndert.
Der Hauptanzug iſt durchgaͤngig bey allen und je- den Japanern, von jeglichem Stand, Geſchlecht und Al- ter, ein langer und weiter Talar, der unſern Schlafroͤ- cken aͤhnlich iſt. (Die Hollaͤnder nennen ihn auch einen Schlafrock). Jeder hat deren einen oder mehrere. Die Vornehmen und Reichen tragen ihn vom feinſten ſeid- nen, die Armen und Geringen von baumwollnem Zeu- ge. Beym weiblichen Geſchlechte reicht er bis auf die Fuͤße, beym maͤnnlichen nur bis auf die Ferſen. Zu Fuß Reiſende, das Militair, und Arbeitsleute ſchuͤrzen ihn entweder auf, oder tragen ihn ſo kurz, daß er nicht weiter als an die Knie geht, um bequemer gehen, ih- ren Dienſt verrichten und arbeiten zu koͤnnen. Die Mannsperſonen nehmen gemeiniglich einfarbiges Zeug dazu, die Frauensperſonen gebluͤmtes, und nicht ſelten mit hinein gewirkten goldnen Blumen. Im Sommer traͤgt man dieſe Roͤcke entweder ungefuͤttert, oder bloß mit duͤnnem Unterfutter; des Winters, um der Kaͤlte wil- len, mit baumwollnen oder ſeidnen Watten ganz dicht ausgeſtopft. Die Mannsperſonen ziehen ſelten viele uͤber einander; die Frauensperſonen aber haben oft drey- ßig bis funfzig, ja wohl noch mehr zugleich an, immer einer uͤber den andern, jedoch alle ſo duͤnn, daß ſie zu- ſammen kaum vier bis fuͤnf Pfund wiegen. Das un- terſte dieſer Gewaͤnder vertritt die Stelle des Hemdes, und iſt deswegen entweder weiß oder blaͤulich, gewoͤhn- lich duͤnn und durchſichtig. Sie alle werden rund um den Leib, und zwar um die Weichen, mit einem Guͤrtel befeſtigt, der beym maͤnnlichen Geſchlechte ungefaͤhr
eine
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0210"n="176"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Fuͤnfte Abtheilung. Vierter Abſchnitt.</hi></fw><lb/>
und dieſelbe bey allen Einwohnern, vom Monarchen bis<lb/>
zum geringſten Unterthan; gleich bey beyden Geſchlech-<lb/>
tern; und, welches faſt alle Glaubwuͤrdigkeit uͤberſteigt,<lb/>ſeit dritthalb tauſend Jahren ganz unveraͤndert.</p><lb/><p>Der Hauptanzug iſt durchgaͤngig bey allen und je-<lb/>
den Japanern, von jeglichem Stand, Geſchlecht und Al-<lb/>
ter, ein langer und weiter Talar, der unſern Schlafroͤ-<lb/>
cken aͤhnlich iſt. (Die Hollaͤnder nennen ihn auch einen<lb/>
Schlafrock). Jeder hat deren einen oder mehrere. Die<lb/>
Vornehmen und Reichen tragen ihn vom feinſten ſeid-<lb/>
nen, die Armen und Geringen von baumwollnem Zeu-<lb/>
ge. Beym weiblichen Geſchlechte reicht er bis auf die<lb/>
Fuͤße, beym maͤnnlichen nur bis auf die Ferſen. Zu<lb/>
Fuß Reiſende, das Militair, und Arbeitsleute ſchuͤrzen<lb/>
ihn entweder auf, oder tragen ihn ſo kurz, daß er nicht<lb/>
weiter als an die Knie geht, um bequemer gehen, ih-<lb/>
ren Dienſt verrichten und arbeiten zu koͤnnen. Die<lb/>
Mannsperſonen nehmen gemeiniglich einfarbiges Zeug<lb/>
dazu, die Frauensperſonen gebluͤmtes, und nicht ſelten<lb/>
mit hinein gewirkten goldnen Blumen. Im Sommer<lb/>
traͤgt man dieſe Roͤcke entweder ungefuͤttert, oder bloß mit<lb/>
duͤnnem Unterfutter; des Winters, um der Kaͤlte wil-<lb/>
len, mit baumwollnen oder ſeidnen Watten ganz dicht<lb/>
ausgeſtopft. Die Mannsperſonen ziehen ſelten viele<lb/>
uͤber einander; die Frauensperſonen aber haben oft drey-<lb/>
ßig bis funfzig, ja wohl noch mehr zugleich an, immer<lb/>
einer uͤber den andern, jedoch alle ſo duͤnn, daß ſie zu-<lb/>ſammen kaum vier bis fuͤnf Pfund wiegen. Das un-<lb/>
terſte dieſer Gewaͤnder vertritt die Stelle des Hemdes,<lb/>
und iſt deswegen entweder weiß oder blaͤulich, gewoͤhn-<lb/>
lich duͤnn und durchſichtig. Sie alle werden rund um<lb/>
den Leib, und zwar um die Weichen, mit einem Guͤrtel<lb/>
befeſtigt, der beym maͤnnlichen Geſchlechte ungefaͤhr<lb/><fwplace="bottom"type="catch">eine</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[176/0210]
Fuͤnfte Abtheilung. Vierter Abſchnitt.
und dieſelbe bey allen Einwohnern, vom Monarchen bis
zum geringſten Unterthan; gleich bey beyden Geſchlech-
tern; und, welches faſt alle Glaubwuͤrdigkeit uͤberſteigt,
ſeit dritthalb tauſend Jahren ganz unveraͤndert.
Der Hauptanzug iſt durchgaͤngig bey allen und je-
den Japanern, von jeglichem Stand, Geſchlecht und Al-
ter, ein langer und weiter Talar, der unſern Schlafroͤ-
cken aͤhnlich iſt. (Die Hollaͤnder nennen ihn auch einen
Schlafrock). Jeder hat deren einen oder mehrere. Die
Vornehmen und Reichen tragen ihn vom feinſten ſeid-
nen, die Armen und Geringen von baumwollnem Zeu-
ge. Beym weiblichen Geſchlechte reicht er bis auf die
Fuͤße, beym maͤnnlichen nur bis auf die Ferſen. Zu
Fuß Reiſende, das Militair, und Arbeitsleute ſchuͤrzen
ihn entweder auf, oder tragen ihn ſo kurz, daß er nicht
weiter als an die Knie geht, um bequemer gehen, ih-
ren Dienſt verrichten und arbeiten zu koͤnnen. Die
Mannsperſonen nehmen gemeiniglich einfarbiges Zeug
dazu, die Frauensperſonen gebluͤmtes, und nicht ſelten
mit hinein gewirkten goldnen Blumen. Im Sommer
traͤgt man dieſe Roͤcke entweder ungefuͤttert, oder bloß mit
duͤnnem Unterfutter; des Winters, um der Kaͤlte wil-
len, mit baumwollnen oder ſeidnen Watten ganz dicht
ausgeſtopft. Die Mannsperſonen ziehen ſelten viele
uͤber einander; die Frauensperſonen aber haben oft drey-
ßig bis funfzig, ja wohl noch mehr zugleich an, immer
einer uͤber den andern, jedoch alle ſo duͤnn, daß ſie zu-
ſammen kaum vier bis fuͤnf Pfund wiegen. Das un-
terſte dieſer Gewaͤnder vertritt die Stelle des Hemdes,
und iſt deswegen entweder weiß oder blaͤulich, gewoͤhn-
lich duͤnn und durchſichtig. Sie alle werden rund um
den Leib, und zwar um die Weichen, mit einem Guͤrtel
befeſtigt, der beym maͤnnlichen Geſchlechte ungefaͤhr
eine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/210>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.