bedeckt, die rechte Hand aufgehoben, und die linke mit der Seite gegen den Unterleib anliegend. Die Möglich- keit der Größe kann man sich nicht vorstellen, ohne es zu sehen. Auf der flachen Hand können, wenn es wahr ist, was die Dolmetscher versicherten, sechs große Per- sonen auf Japanische Art, die Fersen unter das Gesäß gesteckt, geräumig sitzen. Die Figur scheint indessen ziemlich proportionirt, ob sie gleich so breit ist, daß die Schultern von einem Pfeiler zum andern reichen, die dem Augenmaaße nach funfzehn bis sechzehn Ellen von ein- ander abstehen. Das Götzenbild so wohl, als die es verehrende Secte leiten ihren Ursprung aus Indien her. Die Kenntniß desselben ist vermuthlich zuerst aus Siam, China, oder einem andern Ostindischen Lande, in jenen Zeiten, da nicht nur Fremde in Japan, sondern auch die Japaner mit eignen Schiffen in andern Ländern freyen Handel treiben durften, hieher gekommen.
Ich war von der Größe dieses ungeheuern Bildes noch ganz betäubt, als wir in einen andern Tempel ge- führt wurden, der beynahe eben so majestätisch und be- wundernswürdig, als jener, ist. Seine Höhe und Breite ist zwar nicht außerordentlich, aber die Länge auf- fallend groß. Er ist dem Quanwon heilig. Das Bild dieses Gottes, nebst den Bildern aller seiner Untergötter und dienstbaren Geister, stehen in unglaublicher Anzahl in diesem Gebäude umher gestellt. Mitten unter ihnen sitzt der Quanwon, mit sechs und dreyßig Händen aus- gerüstet. Die nächsten Plätze um ihn her nehmen, aber gleichsam in einem für sie besonders abgetheilten Raume, sechzehn Helden ein, deren Statüen von übermenschlicher Größe, aber doch kleiner als die Statüe des Hauptgottes sind. Zu beyden Seiten zunächst stehen in zwey Reihen vergoldete Götterbilder, jedes mit zwanzig Händen.
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Vierte Abtheilung.
bedeckt, die rechte Hand aufgehoben, und die linke mit der Seite gegen den Unterleib anliegend. Die Moͤglich- keit der Groͤße kann man ſich nicht vorſtellen, ohne es zu ſehen. Auf der flachen Hand koͤnnen, wenn es wahr iſt, was die Dolmetſcher verſicherten, ſechs große Per- ſonen auf Japaniſche Art, die Ferſen unter das Geſaͤß geſteckt, geraͤumig ſitzen. Die Figur ſcheint indeſſen ziemlich proportionirt, ob ſie gleich ſo breit iſt, daß die Schultern von einem Pfeiler zum andern reichen, die dem Augenmaaße nach funfzehn bis ſechzehn Ellen von ein- ander abſtehen. Das Goͤtzenbild ſo wohl, als die es verehrende Secte leiten ihren Urſprung aus Indien her. Die Kenntniß deſſelben iſt vermuthlich zuerſt aus Siam, China, oder einem andern Oſtindiſchen Lande, in jenen Zeiten, da nicht nur Fremde in Japan, ſondern auch die Japaner mit eignen Schiffen in andern Laͤndern freyen Handel treiben durften, hieher gekommen.
Ich war von der Groͤße dieſes ungeheuern Bildes noch ganz betaͤubt, als wir in einen andern Tempel ge- fuͤhrt wurden, der beynahe eben ſo majeſtaͤtiſch und be- wundernswuͤrdig, als jener, iſt. Seine Hoͤhe und Breite iſt zwar nicht außerordentlich, aber die Laͤnge auf- fallend groß. Er iſt dem Quanwon heilig. Das Bild dieſes Gottes, nebſt den Bildern aller ſeiner Untergoͤtter und dienſtbaren Geiſter, ſtehen in unglaublicher Anzahl in dieſem Gebaͤude umher geſtellt. Mitten unter ihnen ſitzt der Quanwon, mit ſechs und dreyßig Haͤnden aus- geruͤſtet. Die naͤchſten Plaͤtze um ihn her nehmen, aber gleichſam in einem fuͤr ſie beſonders abgetheilten Raume, ſechzehn Helden ein, deren Statuͤen von uͤbermenſchlicher Groͤße, aber doch kleiner als die Statuͤe des Hauptgottes ſind. Zu beyden Seiten zunaͤchſt ſtehen in zwey Reihen vergoldete Goͤtterbilder, jedes mit zwanzig Haͤnden.
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Vierte Abtheilung.
bedeckt, die rechte Hand aufgehoben, und die linke mit
der Seite gegen den Unterleib anliegend. Die Moͤglich-
keit der Groͤße kann man ſich nicht vorſtellen, ohne es
zu ſehen. Auf der flachen Hand koͤnnen, wenn es wahr
iſt, was die Dolmetſcher verſicherten, ſechs große Per-
ſonen auf Japaniſche Art, die Ferſen unter das Geſaͤß
geſteckt, geraͤumig ſitzen. Die Figur ſcheint indeſſen
ziemlich proportionirt, ob ſie gleich ſo breit iſt, daß die
Schultern von einem Pfeiler zum andern reichen, die
dem Augenmaaße nach funfzehn bis ſechzehn Ellen von ein-
ander abſtehen. Das Goͤtzenbild ſo wohl, als die es
verehrende Secte leiten ihren Urſprung aus Indien her.
Die Kenntniß deſſelben iſt vermuthlich zuerſt aus Siam,
China, oder einem andern Oſtindiſchen Lande, in jenen
Zeiten, da nicht nur Fremde in Japan, ſondern auch
die Japaner mit eignen Schiffen in andern Laͤndern freyen
Handel treiben durften, hieher gekommen.
Ich war von der Groͤße dieſes ungeheuern Bildes
noch ganz betaͤubt, als wir in einen andern Tempel ge-
fuͤhrt wurden, der beynahe eben ſo majeſtaͤtiſch und be-
wundernswuͤrdig, als jener, iſt. Seine Hoͤhe und
Breite iſt zwar nicht außerordentlich, aber die Laͤnge auf-
fallend groß. Er iſt dem Quanwon heilig. Das Bild
dieſes Gottes, nebſt den Bildern aller ſeiner Untergoͤtter
und dienſtbaren Geiſter, ſtehen in unglaublicher Anzahl
in dieſem Gebaͤude umher geſtellt. Mitten unter ihnen
ſitzt der Quanwon, mit ſechs und dreyßig Haͤnden aus-
geruͤſtet. Die naͤchſten Plaͤtze um ihn her nehmen, aber
gleichſam in einem fuͤr ſie beſonders abgetheilten Raume,
ſechzehn Helden ein, deren Statuͤen von uͤbermenſchlicher
Groͤße, aber doch kleiner als die Statuͤe des Hauptgottes
ſind. Zu beyden Seiten zunaͤchſt ſtehen in zwey Reihen
vergoldete Goͤtterbilder, jedes mit zwanzig Haͤnden.
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/162>, abgerufen am 23.07.2024.
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