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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

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Vierte Abtheilung.

Zu Miako hielten wir uns einen Tag und zwey
Nächte auf: hier machten wir so wohl dem Kaiserlichen
Hofmarschall, oder dem so genannten Oberrichter, als den
beyden Gouverneuren der Stadt, die Aufwartung. Wir
wurden von ihnen eben so, als von den Großen zu
Jedo empfangen. Der Hofmarschall erwiedert die Ge-
schenke, welche er bekommt, mit fünf großen Japani-
schen Kleidern. Die Statthalter aber geben dem Am-
bassadeur statt dessen nur eine Summe Geldes in Silber-
münze, jeder die Summe von ein und zwanzig Thalern.
Dies Geld ist auf die hier zu Lande gebräuchliche besondre
Art in ein längliches Stück Papier gewickelt, das her-
nach zusammen geleimt, und wo bisweilen auf einer, bis-
weilen auf beyden Seiten, aufgeschrieben wird, wie viel
darin ist. Solche Geschenke in Silbergeld sind hier et-
was gewöhnliches. Das Geld kommt oft unmittelbar
aus der Münze, und geht in dem Pakete erst durch viele
Hände. Der Münzmeister, welcher den Werth des
Päckchens darauf schreibt, ist für denselben verantwortlich.

Nachmittags hatte ich einen Privat-Besuch vom
Leibarzte des Dairi oder geistlichen Kaisers, einem Manne
von mittleren Jahren. Er hieß Ogino Saffioge je no
Sakon
. Ogino war sein Familien-Nahme, je no Sakon
sein Vornahme, und Saffioge ein vom Dairi ihm bey-
gelegter Ehren-Titel. Er hatte verschiedne, meistentheils
frisch gepflückte Kräuter bey sich, deren Nutzen er zu wis-
sen wünschte. Auch fragte er mich nach den Heilarten
einiger Krankheiten. Unser Gespräch geschah durch Dol-
metscher. Er erstaunte aber nicht wenig, als ich ein-
mahl die Nahmen der Gewächse, um sie ihm desto
zuverlässiger anzugeben, mit Japanischen Buchstaben
aufschrieb.


Vierte Abtheilung.

Zu Miako hielten wir uns einen Tag und zwey
Naͤchte auf: hier machten wir ſo wohl dem Kaiſerlichen
Hofmarſchall, oder dem ſo genannten Oberrichter, als den
beyden Gouverneuren der Stadt, die Aufwartung. Wir
wurden von ihnen eben ſo, als von den Großen zu
Jedo empfangen. Der Hofmarſchall erwiedert die Ge-
ſchenke, welche er bekommt, mit fuͤnf großen Japani-
ſchen Kleidern. Die Statthalter aber geben dem Am-
baſſadeur ſtatt deſſen nur eine Summe Geldes in Silber-
muͤnze, jeder die Summe von ein und zwanzig Thalern.
Dies Geld iſt auf die hier zu Lande gebraͤuchliche beſondre
Art in ein laͤngliches Stuͤck Papier gewickelt, das her-
nach zuſammen geleimt, und wo bisweilen auf einer, bis-
weilen auf beyden Seiten, aufgeſchrieben wird, wie viel
darin iſt. Solche Geſchenke in Silbergeld ſind hier et-
was gewoͤhnliches. Das Geld kommt oft unmittelbar
aus der Muͤnze, und geht in dem Pakete erſt durch viele
Haͤnde. Der Muͤnzmeiſter, welcher den Werth des
Paͤckchens darauf ſchreibt, iſt fuͤr denſelben verantwortlich.

Nachmittags hatte ich einen Privat-Beſuch vom
Leibarzte des Dairi oder geiſtlichen Kaiſers, einem Manne
von mittleren Jahren. Er hieß Ogino Saffioge je no
Sakon
. Ogino war ſein Familien-Nahme, je no Sakon
ſein Vornahme, und Saffioge ein vom Dairi ihm bey-
gelegter Ehren-Titel. Er hatte verſchiedne, meiſtentheils
friſch gepfluͤckte Kraͤuter bey ſich, deren Nutzen er zu wiſ-
ſen wuͤnſchte. Auch fragte er mich nach den Heilarten
einiger Krankheiten. Unſer Geſpraͤch geſchah durch Dol-
metſcher. Er erſtaunte aber nicht wenig, als ich ein-
mahl die Nahmen der Gewaͤchſe, um ſie ihm deſto
zuverlaͤſſiger anzugeben, mit Japaniſchen Buchſtaben
aufſchrieb.


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[126/0160] Vierte Abtheilung. Zu Miako hielten wir uns einen Tag und zwey Naͤchte auf: hier machten wir ſo wohl dem Kaiſerlichen Hofmarſchall, oder dem ſo genannten Oberrichter, als den beyden Gouverneuren der Stadt, die Aufwartung. Wir wurden von ihnen eben ſo, als von den Großen zu Jedo empfangen. Der Hofmarſchall erwiedert die Ge- ſchenke, welche er bekommt, mit fuͤnf großen Japani- ſchen Kleidern. Die Statthalter aber geben dem Am- baſſadeur ſtatt deſſen nur eine Summe Geldes in Silber- muͤnze, jeder die Summe von ein und zwanzig Thalern. Dies Geld iſt auf die hier zu Lande gebraͤuchliche beſondre Art in ein laͤngliches Stuͤck Papier gewickelt, das her- nach zuſammen geleimt, und wo bisweilen auf einer, bis- weilen auf beyden Seiten, aufgeſchrieben wird, wie viel darin iſt. Solche Geſchenke in Silbergeld ſind hier et- was gewoͤhnliches. Das Geld kommt oft unmittelbar aus der Muͤnze, und geht in dem Pakete erſt durch viele Haͤnde. Der Muͤnzmeiſter, welcher den Werth des Paͤckchens darauf ſchreibt, iſt fuͤr denſelben verantwortlich. Nachmittags hatte ich einen Privat-Beſuch vom Leibarzte des Dairi oder geiſtlichen Kaiſers, einem Manne von mittleren Jahren. Er hieß Ogino Saffioge je no Sakon. Ogino war ſein Familien-Nahme, je no Sakon ſein Vornahme, und Saffioge ein vom Dairi ihm bey- gelegter Ehren-Titel. Er hatte verſchiedne, meiſtentheils friſch gepfluͤckte Kraͤuter bey ſich, deren Nutzen er zu wiſ- ſen wuͤnſchte. Auch fragte er mich nach den Heilarten einiger Krankheiten. Unſer Geſpraͤch geſchah durch Dol- metſcher. Er erſtaunte aber nicht wenig, als ich ein- mahl die Nahmen der Gewaͤchſe, um ſie ihm deſto zuverlaͤſſiger anzugeben, mit Japaniſchen Buchſtaben aufſchrieb.

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/160>, abgerufen am 23.11.2024.