Hofe auf, und, wenn er herunter reiset, um seinen Vorgänger abzulösen, wird dabey der Umstand gar sorg- fältig beobachtet, daß sie mit einander nicht sprechen dür- fen; sondern wenn der eine einzieht, muß der andre aus- ziehen, und sich unverzüglich zum Kaiser verfügen, um von seiner Verwaltung Rede und Antwort zu geben.
Weil wir von Osaka nach Miako dreyzehn Meilen hatten, mußten wir uns den 9. April des Morgens sehr früh auf den Weg begeben. Wir wurden deswegen noch vor Tage in aller Eile geweckt, tranken eine Tasse Kaffee, machten unser Frühstück-Butterbrot zurecht und setzten uns in unsre Sänften. Die Japaner gingen mit einer Menge brennender Fackeln und unter beständigem Singen voran. Unterwegens hielten wir verschiedne Mahl still, um aus- zuruhen, und Erfrischungen oder das Mittagsessen zu uns zu nehmen; in den Dörfern Morikuts, Firakatta und Fusimi, und in der Stadt Jodo. Diese Dörfer sind von ungeheurer Größe; Fisimi ist drey Meilen lang, und erstreckt sich ganz bis an die Kaiserliche Hauptstadt Miako, wovon sie wie eine Vorstadt angesehen werden konnte. Jodo ist eine kleine, aber nette und an Wasser sehr reiche Stadt. Ihre Brücke ist eine der größten im Reiche: ihre Länge beträgt vier hundert Schritt. Sie wird durch ein an der Seite liegendes festes Schloß, wo zugleich ein Fürst residirt, beschützt.
Außer in Holland habe ich keine so angenehme Reise als diese gemacht, so schön, reitzend und bezaubernd ist das Land. Die Menge seiner Einwohner und seine Cul- tur übertrifft alle Beschreibung. Das ganze Land ist zu beyden Seiten, so weit das Auge reicht, nichts anders als ein einziges fortgehendes fruchtreiches Feld, und unsre ganze heutige Reise ging durch Dörfer, wovon das eine aufhört, wo das andre anfängt, und die an der ganzen Landstraße hin liegen.
Auf
Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezima
Hofe auf, und, wenn er herunter reiſet, um ſeinen Vorgaͤnger abzuloͤſen, wird dabey der Umſtand gar ſorg- faͤltig beobachtet, daß ſie mit einander nicht ſprechen duͤr- fen; ſondern wenn der eine einzieht, muß der andre aus- ziehen, und ſich unverzuͤglich zum Kaiſer verfuͤgen, um von ſeiner Verwaltung Rede und Antwort zu geben.
Weil wir von Oſaka nach Miako dreyzehn Meilen hatten, mußten wir uns den 9. April des Morgens ſehr fruͤh auf den Weg begeben. Wir wurden deswegen noch vor Tage in aller Eile geweckt, tranken eine Taſſe Kaffee, machten unſer Fruͤhſtuͤck-Butterbrot zurecht und ſetzten uns in unſre Saͤnften. Die Japaner gingen mit einer Menge brennender Fackeln und unter beſtaͤndigem Singen voran. Unterwegens hielten wir verſchiedne Mahl ſtill, um aus- zuruhen, und Erfriſchungen oder das Mittagseſſen zu uns zu nehmen; in den Doͤrfern Morikuts, Firakatta und Fuſimi, und in der Stadt Jodo. Dieſe Doͤrfer ſind von ungeheurer Groͤße; Fiſimi iſt drey Meilen lang, und erſtreckt ſich ganz bis an die Kaiſerliche Hauptſtadt Miako, wovon ſie wie eine Vorſtadt angeſehen werden konnte. Jodo iſt eine kleine, aber nette und an Waſſer ſehr reiche Stadt. Ihre Bruͤcke iſt eine der groͤßten im Reiche: ihre Laͤnge betraͤgt vier hundert Schritt. Sie wird durch ein an der Seite liegendes feſtes Schloß, wo zugleich ein Fuͤrſt reſidirt, beſchuͤtzt.
Außer in Holland habe ich keine ſo angenehme Reiſe als dieſe gemacht, ſo ſchoͤn, reitzend und bezaubernd iſt das Land. Die Menge ſeiner Einwohner und ſeine Cul- tur uͤbertrifft alle Beſchreibung. Das ganze Land iſt zu beyden Seiten, ſo weit das Auge reicht, nichts anders als ein einziges fortgehendes fruchtreiches Feld, und unſre ganze heutige Reiſe ging durch Doͤrfer, wovon das eine aufhoͤrt, wo das andre anfaͤngt, und die an der ganzen Landſtraße hin liegen.
Auf
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[80/0114]
Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezima
Hofe auf, und, wenn er herunter reiſet, um ſeinen
Vorgaͤnger abzuloͤſen, wird dabey der Umſtand gar ſorg-
faͤltig beobachtet, daß ſie mit einander nicht ſprechen duͤr-
fen; ſondern wenn der eine einzieht, muß der andre aus-
ziehen, und ſich unverzuͤglich zum Kaiſer verfuͤgen, um
von ſeiner Verwaltung Rede und Antwort zu geben.
Weil wir von Oſaka nach Miako dreyzehn Meilen
hatten, mußten wir uns den 9. April des Morgens ſehr
fruͤh auf den Weg begeben. Wir wurden deswegen noch
vor Tage in aller Eile geweckt, tranken eine Taſſe Kaffee,
machten unſer Fruͤhſtuͤck-Butterbrot zurecht und ſetzten uns
in unſre Saͤnften. Die Japaner gingen mit einer Menge
brennender Fackeln und unter beſtaͤndigem Singen voran.
Unterwegens hielten wir verſchiedne Mahl ſtill, um aus-
zuruhen, und Erfriſchungen oder das Mittagseſſen zu
uns zu nehmen; in den Doͤrfern Morikuts, Firakatta
und Fuſimi, und in der Stadt Jodo. Dieſe Doͤrfer
ſind von ungeheurer Groͤße; Fiſimi iſt drey Meilen lang,
und erſtreckt ſich ganz bis an die Kaiſerliche Hauptſtadt
Miako, wovon ſie wie eine Vorſtadt angeſehen werden
konnte. Jodo iſt eine kleine, aber nette und an Waſſer
ſehr reiche Stadt. Ihre Bruͤcke iſt eine der groͤßten im
Reiche: ihre Laͤnge betraͤgt vier hundert Schritt. Sie
wird durch ein an der Seite liegendes feſtes Schloß, wo
zugleich ein Fuͤrſt reſidirt, beſchuͤtzt.
Außer in Holland habe ich keine ſo angenehme Reiſe
als dieſe gemacht, ſo ſchoͤn, reitzend und bezaubernd iſt
das Land. Die Menge ſeiner Einwohner und ſeine Cul-
tur uͤbertrifft alle Beſchreibung. Das ganze Land iſt zu
beyden Seiten, ſo weit das Auge reicht, nichts anders als
ein einziges fortgehendes fruchtreiches Feld, und unſre
ganze heutige Reiſe ging durch Doͤrfer, wovon das eine
aufhoͤrt, wo das andre anfaͤngt, und die an der ganzen
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/114>, abgerufen am 22.11.2024.
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