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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Reise von Holland nach dem Vorgebirge etc.
und den Justiz-Secretair Nethling Recommandations-
Schreiben mitgegeben.

Einige Tage nachher, da wir im Texel angekom-
men waren, hatte ich Gelegenheit, der Musterung ei-
nes Ostindien-Fahrers beyzuwohnen. Die Officiere
bekamen, sobald sie aufgerufen waren, ihre Instructio-
nen, und man wies ihnen ihre Zimmer und Kojen an.
Hierauf wurde der Schiffsrath bestellt. Alsdann
wurden die Soldaten und Matrosen gemustert. Man
erkundigte sich aufs neue nach ihrer Tauglichkeit, uner-
achtet sie vor ihrer Annahme zu Amsterdam bereits exa-
minirt waren. Befand man sie eben nicht sehr brauch-
bar, welches man oft nur nach dem Ansehen, oder nach
der Aussage eines sehr elenden Schiffers, beurtheilte,
so wurde ihnen, gegen vorher geschehene Abrede, und
gegen Recht und Billigkeit, ihre monathliche Besoldung
um einen oder mehrere Gulden geringer angesetzt. Nach-
dem der Directeur Abschied genommen hatte, kletterte
das ganze Schiffsvolk die Masten und das Takelwerk
hinauf, nahmen ihre Hüte und Mützen ab, schwenk-
ten sie umher, und ließen ein dreymahliges Freudenge-
schrey erschallen. Man dankte von der Jacht mit lau-
tem Geschrey. Darauf wurden die Kanonen auf dem
Schiffe abgefeuert, welches man von der Jacht be-
antwortete.

Am Tage der Musterung trug sich auf dem Schiffe,
mit welchem ich abgehen sollte, das Unglück zu, daß
ein Soldat in einem Taue an der Ankerwinde sich ver-
wickelte, und auf eine sehr gefährliche Art das linke Bein
brach. Dieser traurige Vorfall entzog mir das Vergnü-
gen, meine Zeit, so lange bis alle Schiffe gemustert
seyn würden, auf der Jacht bey Herrn Beaumont, die-
sem eben so liebenswürdigen als einsichtsvollen Manne

Reiſe von Holland nach dem Vorgebirge ꝛc.
und den Juſtiz-Secretair Nethling Recommandations-
Schreiben mitgegeben.

Einige Tage nachher, da wir im Texel angekom-
men waren, hatte ich Gelegenheit, der Muſterung ei-
nes Oſtindien-Fahrers beyzuwohnen. Die Officiere
bekamen, ſobald ſie aufgerufen waren, ihre Inſtructio-
nen, und man wies ihnen ihre Zimmer und Kojen an.
Hierauf wurde der Schiffsrath beſtellt. Alsdann
wurden die Soldaten und Matroſen gemuſtert. Man
erkundigte ſich aufs neue nach ihrer Tauglichkeit, uner-
achtet ſie vor ihrer Annahme zu Amſterdam bereits exa-
minirt waren. Befand man ſie eben nicht ſehr brauch-
bar, welches man oft nur nach dem Anſehen, oder nach
der Ausſage eines ſehr elenden Schiffers, beurtheilte,
ſo wurde ihnen, gegen vorher geſchehene Abrede, und
gegen Recht und Billigkeit, ihre monathliche Beſoldung
um einen oder mehrere Gulden geringer angeſetzt. Nach-
dem der Directeur Abſchied genommen hatte, kletterte
das ganze Schiffsvolk die Maſten und das Takelwerk
hinauf, nahmen ihre Huͤte und Muͤtzen ab, ſchwenk-
ten ſie umher, und ließen ein dreymahliges Freudenge-
ſchrey erſchallen. Man dankte von der Jacht mit lau-
tem Geſchrey. Darauf wurden die Kanonen auf dem
Schiffe abgefeuert, welches man von der Jacht be-
antwortete.

Am Tage der Muſterung trug ſich auf dem Schiffe,
mit welchem ich abgehen ſollte, das Ungluͤck zu, daß
ein Soldat in einem Taue an der Ankerwinde ſich ver-
wickelte, und auf eine ſehr gefaͤhrliche Art das linke Bein
brach. Dieſer traurige Vorfall entzog mir das Vergnuͤ-
gen, meine Zeit, ſo lange bis alle Schiffe gemuſtert
ſeyn wuͤrden, auf der Jacht bey Herrn Beaumont, die-
ſem eben ſo liebenswuͤrdigen als einſichtsvollen Manne

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[69/0097] Reiſe von Holland nach dem Vorgebirge ꝛc. und den Juſtiz-Secretair Nethling Recommandations- Schreiben mitgegeben. Einige Tage nachher, da wir im Texel angekom- men waren, hatte ich Gelegenheit, der Muſterung ei- nes Oſtindien-Fahrers beyzuwohnen. Die Officiere bekamen, ſobald ſie aufgerufen waren, ihre Inſtructio- nen, und man wies ihnen ihre Zimmer und Kojen an. Hierauf wurde der Schiffsrath beſtellt. Alsdann wurden die Soldaten und Matroſen gemuſtert. Man erkundigte ſich aufs neue nach ihrer Tauglichkeit, uner- achtet ſie vor ihrer Annahme zu Amſterdam bereits exa- minirt waren. Befand man ſie eben nicht ſehr brauch- bar, welches man oft nur nach dem Anſehen, oder nach der Ausſage eines ſehr elenden Schiffers, beurtheilte, ſo wurde ihnen, gegen vorher geſchehene Abrede, und gegen Recht und Billigkeit, ihre monathliche Beſoldung um einen oder mehrere Gulden geringer angeſetzt. Nach- dem der Directeur Abſchied genommen hatte, kletterte das ganze Schiffsvolk die Maſten und das Takelwerk hinauf, nahmen ihre Huͤte und Muͤtzen ab, ſchwenk- ten ſie umher, und ließen ein dreymahliges Freudenge- ſchrey erſchallen. Man dankte von der Jacht mit lau- tem Geſchrey. Darauf wurden die Kanonen auf dem Schiffe abgefeuert, welches man von der Jacht be- antwortete. Am Tage der Muſterung trug ſich auf dem Schiffe, mit welchem ich abgehen ſollte, das Ungluͤck zu, daß ein Soldat in einem Taue an der Ankerwinde ſich ver- wickelte, und auf eine ſehr gefaͤhrliche Art das linke Bein brach. Dieſer traurige Vorfall entzog mir das Vergnuͤ- gen, meine Zeit, ſo lange bis alle Schiffe gemuſtert ſeyn wuͤrden, auf der Jacht bey Herrn Beaumont, die- ſem eben ſo liebenswuͤrdigen als einſichtsvollen Manne

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/97>, abgerufen am 25.11.2024.