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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Sechste Abtheilung. Siebenter Abschnitt.
aber doch allgemein, fast keinen Garten ausgenommen,
gezogen, erreicht die Höhe eines Mannes und hat keine
Zweige. Seine Blätter sind die allergrößten unter sol-
chen, die ungetheilt sind und nicht in Falten liegen.

Die Frucht der Ananas (Bromelia ananas) sehen
viele, besonders in Europa, für die wohlschmeckendste
und delicateste von allen Früchten an. Ihr Geruch ist
angenehm und füllt das ganze Zimmer an. Ihr Ge-
schmack verdient auch ganz vorzügliches Lob: er besteht in
einer unbeschreiblich angenehmen Mischung von Süßig-
keit und Säure, die gleichsam von selbst auf die reitzendste
Art in die Zunge dringt. Zugleich hat sie aber auch et-
was scharfes an sich, und enthält etwas, das leicht
schaden kann; man muß sie deswegen nur zum Dessert,
nicht aber zur Nahrung oder als Hauptessen gebrauchen.
Sie hat die Größe eines Kopfs. Wenn man die äußere
Schale abgeschnitten hat, schneidet man die Ananas der
Breite nach in Scheiben, nimmt diese in den Mund
und sauget etwas daran; auf diese Art genießt man nur
den Saft, schluckt aber das Faserige nicht mit hinunter.
Die Europäer essen sie, um alle schädliche Wirkung zu
verhindern, entweder mit Salz, oder Zucker, oder ro-
them Weine, und zwar selten mehr als jedesmahl eine
einzige Scheibe. Oft werden solche Scheiben auch wohl
in Streifen geschnitten, mit Zucker eingemacht und als
Confitüren zum Thee gegessen. Manchmahl ißt man
die Ananas auch in Scheiben geschnitten und mit rothem
Weine und Puderzucker gestobt. Wenn sie nicht reif
ist, so ist sie scharf und giftig. In Menge gegessen ver-
ursacht sie Diarrhöe und rothe Ruhr, besonders bey Ma-
trosen und Soldaten, wenn sie zuerst hieher kommen
und mit Skorbut behaftet sind.


Sechste Abtheilung. Siebenter Abſchnitt.
aber doch allgemein, faſt keinen Garten ausgenommen,
gezogen, erreicht die Hoͤhe eines Mannes und hat keine
Zweige. Seine Blaͤtter ſind die allergroͤßten unter ſol-
chen, die ungetheilt ſind und nicht in Falten liegen.

Die Frucht der Ananas (Bromelia ananas) ſehen
viele, beſonders in Europa, fuͤr die wohlſchmeckendſte
und delicateſte von allen Fruͤchten an. Ihr Geruch iſt
angenehm und fuͤllt das ganze Zimmer an. Ihr Ge-
ſchmack verdient auch ganz vorzuͤgliches Lob: er beſteht in
einer unbeſchreiblich angenehmen Miſchung von Suͤßig-
keit und Saͤure, die gleichſam von ſelbſt auf die reitzendſte
Art in die Zunge dringt. Zugleich hat ſie aber auch et-
was ſcharfes an ſich, und enthaͤlt etwas, das leicht
ſchaden kann; man muß ſie deswegen nur zum Deſſert,
nicht aber zur Nahrung oder als Haupteſſen gebrauchen.
Sie hat die Groͤße eines Kopfs. Wenn man die aͤußere
Schale abgeſchnitten hat, ſchneidet man die Ananas der
Breite nach in Scheiben, nimmt dieſe in den Mund
und ſauget etwas daran; auf dieſe Art genießt man nur
den Saft, ſchluckt aber das Faſerige nicht mit hinunter.
Die Europaͤer eſſen ſie, um alle ſchaͤdliche Wirkung zu
verhindern, entweder mit Salz, oder Zucker, oder ro-
them Weine, und zwar ſelten mehr als jedesmahl eine
einzige Scheibe. Oft werden ſolche Scheiben auch wohl
in Streifen geſchnitten, mit Zucker eingemacht und als
Confituͤren zum Thee gegeſſen. Manchmahl ißt man
die Ananas auch in Scheiben geſchnitten und mit rothem
Weine und Puderzucker geſtobt. Wenn ſie nicht reif
iſt, ſo iſt ſie ſcharf und giftig. In Menge gegeſſen ver-
urſacht ſie Diarrhoͤe und rothe Ruhr, beſonders bey Ma-
troſen und Soldaten, wenn ſie zuerſt hieher kommen
und mit Skorbut behaftet ſind.


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[248/0586] Sechste Abtheilung. Siebenter Abſchnitt. aber doch allgemein, faſt keinen Garten ausgenommen, gezogen, erreicht die Hoͤhe eines Mannes und hat keine Zweige. Seine Blaͤtter ſind die allergroͤßten unter ſol- chen, die ungetheilt ſind und nicht in Falten liegen. Die Frucht der Ananas (Bromelia ananas) ſehen viele, beſonders in Europa, fuͤr die wohlſchmeckendſte und delicateſte von allen Fruͤchten an. Ihr Geruch iſt angenehm und fuͤllt das ganze Zimmer an. Ihr Ge- ſchmack verdient auch ganz vorzuͤgliches Lob: er beſteht in einer unbeſchreiblich angenehmen Miſchung von Suͤßig- keit und Saͤure, die gleichſam von ſelbſt auf die reitzendſte Art in die Zunge dringt. Zugleich hat ſie aber auch et- was ſcharfes an ſich, und enthaͤlt etwas, das leicht ſchaden kann; man muß ſie deswegen nur zum Deſſert, nicht aber zur Nahrung oder als Haupteſſen gebrauchen. Sie hat die Groͤße eines Kopfs. Wenn man die aͤußere Schale abgeſchnitten hat, ſchneidet man die Ananas der Breite nach in Scheiben, nimmt dieſe in den Mund und ſauget etwas daran; auf dieſe Art genießt man nur den Saft, ſchluckt aber das Faſerige nicht mit hinunter. Die Europaͤer eſſen ſie, um alle ſchaͤdliche Wirkung zu verhindern, entweder mit Salz, oder Zucker, oder ro- them Weine, und zwar ſelten mehr als jedesmahl eine einzige Scheibe. Oft werden ſolche Scheiben auch wohl in Streifen geſchnitten, mit Zucker eingemacht und als Confituͤren zum Thee gegeſſen. Manchmahl ißt man die Ananas auch in Scheiben geſchnitten und mit rothem Weine und Puderzucker geſtobt. Wenn ſie nicht reif iſt, ſo iſt ſie ſcharf und giftig. In Menge gegeſſen ver- urſacht ſie Diarrhoͤe und rothe Ruhr, beſonders bey Ma- troſen und Soldaten, wenn ſie zuerſt hieher kommen und mit Skorbut behaftet ſind.

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/586>, abgerufen am 22.11.2024.